Christa Astl

Barbarazweige



 

 
 
Die kleine Bärbel liebt Blumen über alles. Fast jeden Tag bringt sie der Mama ein paar Blumen, wenn sie vom Kindergarten heimgeht oder mit Oma einen Spaziergang macht. Im Herbst hat sie noch schöne bunte Blätter gesammelt und verschenkt.
Aber nun ist Winter. Alle Blumen sind mit Schnee bedeckt, die Bäume und Sträucher strecken ihre kahlen Äste in den Himmel. Doch heute möchte sie unbedingt was mitbringen. Es ist der vierte Dezember, ihr Namenstag. Da wird nachmittags die Oma kommen, und die hat sich doch immer so über ein paar Blumen gefreut.
Am Heimweg vom Kindergarten schaut sie heute besonders genau, und da fallen ihr die Knospen der Forsythie auf. Sie kennt den Strauch gut, der neben dem Eingang steht und kann sich an die gelbe Blütenpracht zeitig im Frühjahr erinnern.
„Wenn ich sie recht schön bitte, vielleicht blühen sie dann früher?“ überlegt Bärbel und beugt sich zu einem Zweig herab. Doch der lässt nur ganz übermütig seinen Schnee in Bärbels Kapuze stauben. „Na warte!“ denkt das Mädchen. Es läuft in das Gartenhaus und kommt mit der Schere zurück. Schnipp-schnapp, schneidet sie vier lange Zweige ab, die vorne viele winzige Knospen haben. Die Gartenschere hängt sie auf ihren Platz im Gartenhaus zurück, damit sie die Mutter im Frühjahr sofort wieder findet. Dann nimmt sie ihre Zweige und geht damit ins Haus. Im  Keller holt sie eine große Blumenvase und füllt diese mit Wasser. Damit die armen Stängel ja nicht zu kalt haben, stellt sie sie auf das sonnige Fensterbrett, unter dem die Heizung ist.
Ein paar Tage lang ändert sich gar nichts. Die Zweige bleiben dürr und braun. Doch nach einer Woche entdeckt Bärbel eine kleine Veränderung. Sie sieht ein wenig Grün an den Knospenspitzen! Schnell erzählt sie es der Mama, die genau so überrascht ist.
Jeden Morgen, Mittag, Abend läuft Bärbel zur Blumenvase auf dem Fensterbrett. Aber Blumen wachsen langsam, und die Geduld des Mädchens wird auf eine harte Probe gestellt. Das Grün entwickelt sich weiter, nach einer weiteren Woche ist es schon gelb, die richtige Farbe der Blüten! Nun geht es aber schnell, denkt Bärbel! Es sind ja auch nur noch wenige Tage bis Weihnachten, die Zeit des Advents ist so schnell vergangen. Nur mehr wenige Türchen des Adventkalenders sind zu öffnen.
Und tatsächlich! Am Tag vor dem Heiligen Abend, als Bärbel nach dem Kindergarten zur Vase läuft, schreit sie laut auf vor Freude: Viele, viele Blüten haben sich diesen Morgen geöffnet, einige erst ein wenig, andere sind schon voll erblüht! Und so hat die kleine Bärbel, die doch die Blumen so liebt, blühende Zweige zu Weihnachten bekommen!
 
 
Am 4. Dezember, dem Tag der Heiligen Barbara, werden in den Alpentälern Barbarazweige abgeschnitten. Was das wohl ist, möchtest du wissen?
Im Dezember ist ja meist schon richtiger Winter, mit Schnee und Eis und großer Kälte. Die Bäume stecken unter dicken Schneepolstern und halten ihren Winterschlaf. Damit sie nicht erfrieren, haben sie im Herbst ihre Baumsäfte zurückgezogen in die Wurzeln. Weil die Blätter trocken geworden sind, haben sie sich verfärbt und sind abgefallen. So kann auch der Schnee nicht zu sehr drücken, sonst würden immer viele Äste abbrechen. 
Und der Baum oder der Strauch ist also ganz kalt, ganz starr, ohne Leben. Du siehst ja selbst bei einem Winterspaziergang, wie dürr die Äste aussehen.
Aber da kannst du auch ein Wunder erleben: Wenn du am 4. Dezember, also am Barbaratag Zweige von früh blühenden Bäumen oder Sträuchern abschneidest und in einer Vase mit Wasser an einen warmen Ort am Fenster stellst, werden sie zu Weihnachten aufblühen.
Am besten eignen sich Zweige der Forsythie oder des Kirschbaumes.


ChA Dez. 2010

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