Helmut Wurm

Sokrates und sein Gespräch mit einer ehrgeizigen Politikerin

 
Sokrates sitzt an einem sonnigen, warmen Tag in M... auf einer Bank am Rheinufer in der Sonne. Das Rheintal ist zwar für deutsche Verhältnisse eine sonnenreiche Landschaft, aber manchmal sehnt sich Sokrates doch nach seiner griechischen Sonne… Er streckt die Beine bequem aus, genießt Sonne und Ruhe und betrachtet die Leute, die vorbei schlendern oder auch eilig vorbei hetzen.
 
Sokrates betrachtet mit einem gewissen Bedauern diejenigen, die sich nicht die Ruhe und die Sonne gönnen können wie er jetzt. Eine blonde Frau, die Politikerin J… Kl…, geht mit zügigem Schritt auf dem Uferweg entlang und will gerade an ihm vorbei eilen, als sie ihn erkennt, freundlich grüßt und kurz bei ihm Halt macht.  
 
J…Kl…(mit einem Seufzer): Du hast es gut, Sokrates, du kannst in der Sonne sitzen und ruhig Rhein und Leute betrachten. Ich wünschte, ich könnte das auch. Aber meine vielen Termine… Für eine Politikerin ist das Leben eine einzige Hetze… Wenn ich mich nicht überall sehen lasse und mit den Leuten spreche, mindert das meine Popularität… Und bald sind auch wieder Wahlen…
 
Sokrates:Du hast dir dieses Leben und damit diesen Stress ausgesucht… Du hättest als Hausfrau diesen Politiker-Stress nicht.
 
J…Kl…(energisch abwehrend): Lebenslang ein solches Hausfrauendasein könnte ich mir erstens nicht vorstellen… Und zweitens müssen wir Frauen zeigen, was wir alles können, auch in der Politik… Es gibt viel zu wenige Frauen in der Politik… Wir Frauen müssen den Männern zeigen, dass wir es ebenso gut machen und ebenso weit bringen wie sie… Wir haben schon einige Spitzenpositionen in der Politik erreicht, aber es sollten noch mehr werden.
 
Sokrates: Ja, es ist gut, dass ihr Frauen zeigen wollt, was ihr auch in der Politik leisten und erreichen könnt. Aber macht nicht den Fehler, in die Rollen der Männer zu schlüpfen und wie Männer aufzutreten. Ihr müsst in euerem Auftreten weibliche Politikerinnen sein wollen und keine Abbilder der Männer.
 
 J…Kl… (etwas erstaunt): Soll das heißen, dass wir Politikerinnen keine Mannweiber sein sollen?... Dass ich etwa ein Mannweib bin?
 
Sokrates (beruhigend): Du bist eine hübsche frauliche Frau, die sich überall sehen lassen kann. Aber du hast vielleicht eine etwas zu energische, männliche Art, du bist gewissermaßen eine Energie- und Powerfrau. Ich weiß nicht, ob das so bei vielen Wählern ankommt.
 
J…Kl…(etwas unsicher): Diese Rolle habe ich bewusst aufgebaut,… energisch, tatkräftig… Wie soll ich denn sonst sein?
 
Sokrates: Eine Politikerin sollte natürlich auch Zielstrebigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, eine gewisse Energie und Belastbarkeit ausstrahlen. Margaret Thatcher hat das gut gekonnt.  
 
Aber wenn man solch eine Spitzenpolitikerin hat, kann man eigentlich nach ihr auch wieder einen Mann wählen… Aber es gibt noch eine zusätzliche Komponente, die nur ihr Frauen habt und die langfristig bei den meisten Wählern gut ankommen dürfte: das Mütterliche… Derzeit scheint mir dieses mütterliche Rollenbild auf die politische Erfolgsspur gekommen zu sein… Denke einmal an Hannelore Kraft oder an Malu Dreyer… Du bist eine stattliche Frau, aber in der nächsten Landtagswahl wird dich Malu Dreyer in der Wählergunst wohl übertreffen… Sie hat so eine mütterliche Art…
 
J…Kl…(leise): Diese Malu Dreyer… (dann lauter) Aber Angela Merkel ist auch nicht besonders mütterlich und hat es trotzdem zur Bundeskanzlerin geschafft. Die ist doch etwas so ähnlich wie ich.
 
Sokrates: Ihr beide steht als politischer Typus so zwischen männlich-energisch und weiblich-mütterlich, so zwischen Margaret Thatcher und Malu Dreyer… Aber wenn im Sommer eventuell Hannelore Kraft noch schnell Not-Kanzlerkandidatin der SPD wird, weil Peer Steinbrück gar nicht Kanzler werden will, dann könnte sie Angela Merkel in der Wählergunst überholen.
 
J…Kl…(entsetzt abwehrend): Das wäre schrecklich… Ich gehe jetzt und lasse mich von dir nicht weiter verunsichern.
 
(Sie macht einige rasche Schritte, bleibt dann stehen, dreht sich zu Sokrates um und fragt verunsichert)
 
J…Kl…:Und wo lernt man diesen mütterlichen Stil?
 
Sokrates (lachend): Am besten bei den Müttern selbst… Kümmere dich etwas mehr oder noch mehr um diese Klientel… Und viel Glück beim Rollenlernen.
 
(Und während J… Kl… weiter geht, diesmal aber nicht so rasch, wie sie kam, und mit etwas nachdenklich gesenkten Kopf, murmelt Sokrates)
 
Diese stattliche Frau, gepaart mit Durchsetzungsvermögen und besorgter Mütterlichkeit  könnte auf der politischen Bühne gute Erfolgschancen haben…
 
 
(Aufgeschrieben von discipulus Socratis, der in der Nähe auch in der Sonne saß und das kurze Gespräch mithörte)
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.03.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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