Isabel Seifert

Mann in Angst

"Oh Gott, bitte hör auf mich so zu quälen, ich ertrage das nicht länger!"

Seine Stimme nahm mittlerweile seltsame Formen an und wurde von Mal zu Mal flehender. Seine Finger krampften sich in das Leder des schwarzen Sessels und hinterließen feuchte Spuren auf dem Material, als er die Hand hob um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Er war fast überrascht darüber, dass er die Hand heben konnte denn seine Handgelenke fühlten sich an wie mit Fesseln zugeschnürt.

Auch seine Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt, er hatte schon seit Ewigkeiten nichts mehr zu Trinken bekommen.

Er dachte nur noch im Passiv, dort befand er sich also schon, ließ sich steuern, konnte nicht das tun was er wollte, war gefangen in diesem engen Raum mit den vielen Gestalten, die alle die gleiche Absicht verfolgten. Er war Mittel zum Zweck geworden, Sklave der Person, die gerade zurückgekehrt war und nun fast bedrohlich vor ihm stand.

So hatte er sie noch nie gesehen. Diese sonst eher zierliche Frau schien zum riesengroßen Monster mutiert zu sein. Auch sie schien angespannt und trotzdem strahlte sie diese Dominanz aus. Auch bei ihr hatten sich hektische Flecken im Gesicht gebildet und trotzdem wirkte es hart und böse. Das starre Sitzen in dem Ledersessel ohne Armlehnen wurde von Minute zu Minute unerträglicher für ihn.

Er starrte auf seine weissen Fingerknöchel um den Blick in ihre ihn fixierenden Augen zu vermeiden. Die anderen Gestalten waren ebenfalls weiblich und sahen ebenso furchteinflößend aus wie das Exemplar vor ihm. Seine einzige Hoffnung waren nun nur noch seine Leidensgenossen, allesamt männlichen Geschlechts, die im Raum verteilt saßen und fieberhaft versuchten mit ihm Blickkontakt zwecks gegenseitiger Beruhigung zu halten.
Kein leichtes Unterfangen durch die brennenden Blicke ihrer weiblichen Gegenüber. Plötzlich kam die Erlösung, auf die er schon so lange Zeit wartete. Er erspähte im hinteren Teil des verwinkelten Raumes eine große Uhr, die neunzehn Uhr siebenundvierzig anzeigte.

Das weibliche Ungeheuer neben ihm durfte nun keine Zeit mehr verlieren und raffte alles zusammen mit dem sie ihn vorher so grausam bedroht hatte. Sie schien ihn schon fast vergessen zu haben, sah dann jedoch kurz auf und fauchte:"Ach, stell dich nicht so an, du Schwächling, die anderen Männer schaffen das doch auch ohne in Panik zu verfallen."

Dann wurde ihr aber schlagartig bewußt, dass ab diesem Zeitpunkt wieder er das Ruder in der Hand hatte und so säuselte sie nur noch zuckersüss:"Gehst du schon mal vor zur Kasse, Schatz? Den roten Rock nehme ich auch noch, aber in Größe 38, ja?!"

Sicherlich ziemlich überspitzt, aber bestimmt die Sicht so mancher "armer" Männer!
Ab jetzt versuche ich mich besser in euch hineinzuversetzen.....
Isabel Seifert, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.04.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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