Hungki Park

Das Leben geht nur in eine andere Form über

Ein schlaffes Kind liegt schräg in beiden Armen der Mutter,
Die sich die ganze Zeit wehklagend über den Junioren beugt,
Er bewegt sich da nicht, tief gesunken seine Augenhöhlen.
Dann und wann baumelt seine eine Hand, sein Gesicht bleich,
Denn vor sechs Tagen ist Hungers gestorben ihr Stammhalter.
Schluchzend legt sie in seine Hand ein großes Stück Flomen,
Drückt diesen ausrutschenden Happen zurecht wieder gleich,
So dass ihr Balg im Jenseits nicht mehr am Hungertuche nagt.

Als die Zeit für seine Feuerbestattung herannaht,
Klammert sie sich kreischend an ihren Entseelten,
Wehrt sich nun unerbittlich mit Füßen und Händen,
Rennt wie in Lebensgefahr herum im alten Bauwerk.
Unentwegt spricht sie an eine von den Verwandten,
Dass seine unsterbliche Seele alle verlassen hat
Und sich schon längst im siebenten Himmel aufhält,
Wo man kennt weder Sorgen, Schmerzen noch Leiden.

Nach geraumer Zeit nimmt sie sich doch zusammen,
Küsst ihren Entschlafenen auf die Stirn und Wangen.
Sie legt seine dürren Arme auf den Bauch sacht,
Hält ihn entgegen der flehentlichen Schwägerin.
Sie trägt das Kind zum qualmenden Scheiterhauf`.
Auf dem sie großflächige Palmblätter ausbreitet,
Bettet ihren Neffen aufs Laub, wickelte ihn ein,
Stapelt flennend armdicke trockene Scheite auf.

Dann schürt ihr schweigsamer Ehemann das glühende Feuer,
Das im Scheiterhaufen knisternd aufflammt, um sich greift,
Erfasst im Nu den ganzen Stoss, lässt dicken Rauch aufsteigen,
Worin allmählich auflöst sein Leib, bloß Haut und Knochen.
Seine Mutter wirft sich nun auf den Boden vors Feuermeer,
Weint heiße, blutige Tränen um `n Toten zum Steinerweichen.
Dann lässt das Trauergefolge die Unglückliche ganz allein,
So dass sie da nach ihrem Gutdünken von ihm Abschied nimmt.

Des Morgens früht drückt sie sich nun ins Gesicht den Hut,
Marschiert wie gewohnt aufs Feld mit anderen Nebenfrauen,
Pflügt das ausgelaugte Feld, erntet Süßkartoffeln, Mais
In der sengenden Hitze mit einer kargen Mittagsmahlzeit.
Ihr fehlen da zwei Fingerglieder des linken Zeigefingers,
Die sie als ein Ausdruck für tiefe Trauer abgetrennt hat,
Was bei der Sippe seit eh und je übliche gute Sitte ist.
So ist ihrer linken Faust übriggeblieben bloß ein Daumen.

Dei meisten Weltbürger werden wohl missbilligen dieses Begräbnis,
Denn es ist ohne einen Sarg, Leichenstein; keine Zermonie, Norm.
Die Menschen trauern zwar um den Verschiedenen, wie es sich zimmt,
Jedoch bar aller eingewurzelten, theatralischen Gesellschaftsform
Führen den nackten Leib ohne Geist und Seele zum Urzustand zurück.
Die dicke Mauer zwischen der selbstzerstörischen Industriekultur
Und unverfälschten, sehnsuchtsvollen Natur ist da niedergerissen.
Sie sind ein beneidenswerter Teil der Schöpfung des Allmächtigen.

Sie zeigen sich stets ohne Schminke und fremde Federn,
Kennen weder Heuchelei, Effekthascherei noch Hochmut,
Leben nun mit der Natur, in der Natur und für die Natur,
Tüfteln, experimentieren und jonglieren niemals damit.
Sie widersetzen sich da nicht dem Geiste des Weltalls,
Errichten keinen zweiten Babylonischen Turm vergebens
Mit `m allerletzten ausgeklügeltsten Aufschrei, Jammer,
Um dann doch selber den Weltuntergang zu provozieren.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.04.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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