Wolfgang Scholmanns

Unterhaltung in der Natur


 Karmische Vergeltung


Dass Du den größten Teil deiner Freizeit hier am See verbringst, kann ich nicht verstehen. Hier ist doch nichts los, immer nur Bäume und Sträucher um dich herum. Dann noch diese Stille, wenn Du wenigstens ein Radio mitnehmen würdest. Dann hättest Du ein wenig Unterhaltung und Abwechslung.“
Ich sehe meinen Bekannten an und lache.
„Aha, dann hätte ich also Unterhaltung und Abwechslung, meinst Du.“
Die Sonne steigt höher und in der Allee, die oberhalb des gegenüberliegenden Ufers liegt, leuchtet es, als hätte sie dort ein Begrüßungsfeuer entfacht. Die am Ufer stehenden Ebereschen und der schwarze Holunder sind mit weißen, reichblütigen Rispen geschmückt und verströmen einen wunderbaren Duft. Ein Rascheln im Schilf und schmatzende Geräusche dringen an mein Ohr. Die Karpfen sind erwacht und holen sich ihr Frühstück. Dieses schmatzende Geräusch entsteht, wenn sie sich ihr Futter von der Wasseroberfläche holen. Mit ihrem weit vorgestülpten Maul, das durch die wulstigen Lippen zu einem Rüssel geformt werden kann, saugen sie die Beute zu sich heran.
In der Mitte des Sees begrüßen nun die Forellen mit eifrigen Sprüngen den jungen Morgen und zwischen diesem Getümmel bewegt sich eine Bisamratte, die den Weg zum Ufer heute mal an der Wasseroberfläche zurücklegt. Bisamratten sind ausgezeichnete Schwimmer und Taucher. Ihre Behausung ist hier eine ein Meter hohe Schilfburg, deren Eingang unter Wasser liegt, um unerwünschte Räuber fernzuhalten.
Steif wie ein Stock, steht ein Graureiher in unmittelbarer Nähe der Bisamburg. Reiher und Bisam kennen sich, beachten sich aber kaum. Futterneid gibt’s zwischen den beiden nicht, denn der Reiher bevorzugt Fische, wohingegen die Bisamratte sich überwiegend von Wasserpflanzen ernährt.
Die Sonne steht mittlerweile über den riesigen, alten Lindenbäumen und lässt den See in seinem schönsten Blau leuchten. Kleine, vom milden Wind getriebene Wellen tragen zarte Perlchen zum Ufer, von denen manche die Schilfhalme hinaufklettern.
Ein Blässhuhn, welches dieses Schauspiel beobachtet, pickt plötzlich an einem der jungen Schilfhalme herum. Ob es die Wasserperlchen vielleicht mit irgendwelchen Insekten verwechselt hat?
Mein Bekannter ist ganz still. Ich drehe mich nach ihm um und muss lachen.
„Der hat sich schon vom Acker gemacht. Wird bestimmt zu Hause vorm Fernseher hängen und sich die Talkshows ansehen. Ich werde auch jetzt gehen. Dann bis Morgen, mein Zaubersee.“ Am Wegrand stehen schon einige Maipilze. Vor ca. 25 Jahren habe ich die Fruchtkörper dieses Pilzes hier schon entdeckt. Damals fing ich gerade mit dem Pilzstudium an und war noch sehr vorsichtig im Umgang mit den kleinen Wald- und Wiesenbewohnern. In der pilzarmen Zeit ist dieser Maipilz, auch Georgsritterling genannt , ein geschätzter Speisepilz, von denen ich mir jedes Jahr einige Exemplare mitnehme. Mit Speck und Zwiebeln gebraten, einer ordentlichen Portion Petersilie bestreut, habe ich mir schon oft ein köstliches Pilzgericht aus ihnen zubereitet. Die Zeit, die ich hier am See, manchmal auch am nahen Fluss oder auch im Wald verbringe, ist für mich das Erleben der Verbundenheit mit der Natur und wie ich immer sage: “ Es klingt sanfter Glockenklang und in seinem Lied die Weise, dass alles Sichtbare ein Gleichnis sei und hinter allem der Geist und das ewige Leben wohnen. 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.06.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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