Elke Gudehus

Du allein unter Menschenmassen

Sie steht inmitten dieser ganzen Menschen. Guckt sie sich an. Ja, studiert sie regelrecht. Rechts neben ihr steht eine Frau. Mittelgroß, braune Haare, braune Augen, die ihr Kind anschreit, weil dies mit seinen, von Vanilleeis, verschmierten Händen nach ihrem Kleid gegriffen hat. Das Kind, welches etwa erst 2 Jahre alt ist, weiß nicht, was es falsch gemacht hat und blickt die Mutter mit großen, blauen, tränennassen Augen an.
Links neben ihr steht ein Mann. Schickt gekleidet, mit Anzug und Krawatte, Aktentasche und Handy. Er telefoniert gerade. Schreit in sein Handy wie ein Wahnsinniger und scheint gleich zu platzen vor Wut.
Schräg links von ihr, auf der andren Straßenseite sitzt ein Penner. Neben ihm liegt ein Schäferhund. Er hat den Arm so beschützend um den Hund gelegt, als sei dies alles, was er noch hat. Vor ihm liegt ein Hut mit ein paar Groschen darin. Jedes Mal, wenn jemand etwas in seinen Hut wirft, lacht er und entblößt damit sein zahnloses Gebiss.
Neben ihm , etwas weiter links, steht eine schwangere Frau. Sie hat einen langen blauen Mantel an. Ihre Hände liegen auf ihrem Bauch. Sie streicht zärtlich mit Kreisbewegungen über ihn. Sie sieht unendlich glücklich aus.
Auf der andren Straßenseite streiten sich zwei Grundschulkinder darüber, wer den grünen und wer den roten Lutscher bekommt. Für sie ist das ein wichtiges Problem.
Auf der Strasse fährt der Bus. Die Leute schlafen oder gucken grimmig und missmutig aus dem Fenster.
Es fängt an zu regnen. Sie spürt die ersten Tropfen auf ihrer Nase, dann auf ihrem Kopf und anschließend auf ihrem ganzen Körper.
Sie genießt es.
Sie hat den Regen schon immer geliebt.
Die Frau mit dem Kind ist schon wieder weg. Sie hat es hinter sich hergezogen.
Der Mann mit dem Handy hat fluchend ein Taxi zu sich heran gewunken und brauste damit davon.
Der Penner hat sich die alte, zerschlissene, dreckige Jacke ausgezogen und hat sie über den Hund gelegt. Dieser schläft ohne etwas von dem Regen zu merken.
Die schwangere Frau stieg in den Bus mit den schlafenden und missmutigen Menschen ein. Sie wird dort auffallen. Nicht weil sie schwanger ist. Nein, weil sie fröhlich ist.
Die beiden Kinder gingen wütend aufeinander auseinander.
Und was macht sie?
Sie hebt den Kopf in die Luft, streckt die Zunge heraus, lässt sich Regen darauf fallen, atmet einmal tief ein und fängt an zu lachen. Lacht den Leuten ins Gesicht.
Diese denken, sie sei verrückt.

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Nicht ohne Leoni von Heiger Ostertag



Ein Tag im Februar des Jahres 2006. Der EDV- Fachmann Klaus Gruschki kann kaum ausdrücken, was er empfindet, als er seine neugeborene Tochter Leoni im Arm hält. Seine Frau Michaela und er sind die glücklichsten Menschen der kleinen, süddeutschen Provinzstadt und voller Vertrauen in die gemeinsame Zukunft. Doch die Beziehung und das Glück zerbrechen. Auf einmal ist Klaus allein und Michaela mit Leoni verschwunden. Erst nach langer Suche und mit großen Mühen gelingt es dem Vater, Mutter und Kind wieder zu finden und den Kontakt zu Leoni neu herzustellen. Dann entzieht ein bürokratischer Akt dem Vater die gemeinsame Sorge fürs Kind. Gruschki weiß sich nicht anders zu helfen, als seinerseits mit der Tochter heimlich unterzutauchen. Nach einer dramatischen Flucht wird er in Österreich verhaftet und Leoni ihm gewaltsam entrissen. Er kommt in Haft und wird als Kindesentführer stigmatisiert. Doch Klaus Gruschki gibt den Kampf um sein Kind und um Michaela nicht auf …

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