Steffen Herrmann

Armbeiniger!

Ich spannte meine vierundzwanzig Armbeine und lief. Unpassierbar für sie und langsam, zog ich eine Menge gehäusegefangener Zweibeiner hinter mir her.
Die Nachmittagssonne brannte angestrengt, mein massiger Körper hatte Mühe.
 
Zweibeiner gibt es derzeit sehr viele. Damals, als ich in Quantenphysik promovierte, bewunderte ich sie.
Nun habe ich aufgehört, ihre Bücher zu lesen.
 
Der Rand der Stadt war hässlich, natürlich.
Ich packte mich in den Staub und dachte nach.
Wie jedes Mal, kamen Menschen. Umstellten mich, besahen mich.
Und sie stellten Fragen.
"Was ist Schuld?"
"Schuld ist, in Wohnungen zu leben."
 
Ich spannte meine vierundzwanzig Armbeine und trottete den Asphalt entlang.
ICH, der Zweischwänzige, der Fünfzehntonnige, der Schuppenhäutige, der Schnelldenkende, der Langsamgehende.
Ja, ich, der Einäugige, der Alles-Verzehrende, der Immer-Ruhige, der Labor-Entsprungene, der Kreatürliche.
Der Fremde.
 
Die Zweibeinigen machen mir leider nicht viel Freude. Sie haben es meistens eilig.
 
Später, in der versöhnlichen Dämmerung werde ich am Rande des Waldes rasten und Wasser aus dem nahen Bach saugen.
Und im Schlaf versinken, ohne Behausung (Urform der Trennung, Keimzelle der Schuld).
 
Zweibeinige! Bei allem, man sollte Euch nicht abschreiben! Ihr wolltet etwas schaffen, das besser ist als Ihr, klüger, weiser.
Und ihr schufet nur mich.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.07.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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