Elke Gudehus

Ein rabenschwarzer Tag

Langsam schlage ich die Augen auf.
Oh nein, das kann doch nicht wahr sein.
Es ist schon fünf nach acht, um halb neun soll ich im Büro sein, das schaffe ich doch niemals.
Schnell schmeiße ich die Bettdecke zur Seite und schwinge die Füße aus dem Bett.
AU!
Ich gucke auf den Boden und sehe vor dem Bett den harten Kauknochen meines Hundes liegen.
Nachdem der Schmerz langsam nachgelassen hat und ich mich fähig fühle aufzustehen torkele ich langsam Richtung Badezimmer.
Dort angekommen bin ich so mutig und wage einen Blick in den Spiegel.
Dieser Blick verpasst mir fast eine Herzattacke.
Der Abdruck meines Kissens hat sich auf meiner Wange verewigt und genau auf meiner Nasenspitze prangt ein Pickel, den man schon mit "Sie" anreden kann.
Nun gut, hilft alles nichts ich krame in meiner Schminktasche nach meinem Abdeckstift und versuche aus dem Berg auf meiner Nase einen kleinen Hügel zu machen. Nachdem ich mich angezogen habe, was natürlich nicht geklappt hat, ohne das ich meinen großen Zeh am Schrank gestoßen habe, renne ich schnell nach unten um in mein Auto zu springen und zur Arbeit zu fahren. Natürlich sind alle Ampeln rot und ich komme genau um 2 Minuten nach halb neun an. Ein prüfender Blick auf meine Haare im Rückspiegel. Soweit ganz in Ordnung. Ich renne wie eine wahnsinnig Gewordene die Treppen zu meinem Büro rauf (der Fahrstuhl ist kaputt). Dort angekommen, fragt die Sekretärin mich, ob ich vergessen hätte, das heute die Präsentation unseres neuen Produktes ist. Oh, mein Gott. Das hatte ich total vergessen. Ich fange also an zu rennen um in den gegenüberliegenden Teil unsers Gebäudes zu kommen. Ich laufe so schnell, dass ich bei jedem Schritt glaube, dass mir die Lunge gleich aus dem Hals komme. Endlich komme ich an, hole noch einmal tief Luft und klopfe zaghaft an die Tür. Von drinnen wird mir ein herein zugerufen und ich drücke die Türklinke herunter. Zwanzig Augenpaare sind auf mich gerichtet und ich merke wie mir die Röte ins Gesicht steigt. Ich versuche mich so leise wie möglich hinzusetzen, was aber nicht klappt, da ich erst mal mit meinem Stuhl gegen den Tisch haue. Ich murmele ein "Entschuldigung" und setzte mich dann hin. Während des Vortrages bin ich nur mit halbem Ohr dabei und spiele an dem Griff meiner Kaffeetasse herum, bis diese mit einem lauten Poltern umfällt. Wenigstens war kein Kaffee mehr drin. Endlich ist der Vortrag zu Ende und ich stürme aus dem Zimmer, damit mich keiner auf meine unmögliches Verhalten ansprechen kann. Auf dem Weg zu meinem Auto bleibe ich hinter einem Türrahmen hängen und lege mich erst mal hin. Mein Knie tut weh. Humpelnd komme ich dann irgendwie doch noch zu meinem Auto und fahre Richtung Stadt. Ich stehe im Stau. Das hat mir gerade noch gefehlt. Ich will das Radio anmachen doch es funktioniert nicht. Ich durchsuche das Handschuhfach nach einer Kassette, doch das einzige was ich finde ist die Kassette vom Musikantenstadel, die meine Mutter beim letzten Mal hat liegen lassen.
Endlich löst der Stau sich auf und ich kann weiterfahren. Das einzige, was ich jetzt noch will, ist nach Hause und in mein Bett. Doch daraus wird vorerst nichts, denn ich muss an einer roten Ampel halten. Aus Langeweile gucke ich in das Auto neben mir. Ein kleines Mädchen sitz darin und lächelt mich an. Ich lächle zurück, die Ampel wird grün.

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