Elke Gudehus

Schnee

Ich erinnere mich noch genau an die Zeit, als ich klein war.
Wenn der erste Schnee fiel saß ich am Fenster und versuchte die einzelnen Schneeflocken zu zählen.
Ich studierte sie regelrecht.
Ich sah mir genau die an, die am Fenster klebten.
Ich malte ihre Formen. und wenn ich draußen war, lies ich sie mir auf die Zunge fallen.
Ich versuchte immer, sie so lange wie möglich im Mund zu behalten, ohne das sie schmelzen.
Wenn ich dann rausdurfte, tollte ich über die schneebedeckten Wiesen wie ein kleiner Welpe, der das erste mal Schnee sieht.
Ich und meine Freunde warfen uns Schneebälle mitten ins Gesicht und die Eiskristalle blieben an unseren Wimpern hängen, wo sie in der Sonne glitzerten.
Wir legten uns in den Schnee und machten Schneeengel mit unseren Armen und Beinen.
Oder wir stellten uns ganz still hin und sahen nur den Schnee an, der , glitzernd in der Sonne, aussah wie Tausende kleine Diamanten und Kristalle, die die Sonne suchen.
Wir fanden sie, und waren glücklich.
Glücklich, wie nur Kinder sein können.
Heute ist wieder der erste Schnee gefallen.
Mittlerweile bin ich 73. ich gehe nach draußen, mache den Mund auf und lasse Schneeflocken hineinfallen.
Sie schmelzen sofort.
Ich knie mich hin, setze mich und schließlich lege ich mich hin.
Ich liege im Schnee und spüre wieder dieses Gefühl, ich stelle mir vor, dass ich, wenn ich die Augen schließe, mich sehen kann, wie ich im Schnee spiele.
Ich fange an, meine Arme und Beine zu bewegen.
Anschließend stehe ich mühsam wieder auf und betrachte meinen Schneeengel.
Er ist etwas größer geworden, aber sonst sieht er gleich aus.
Ich breite die Arme aus und fange an zu lachen.
Auf meinen Wimpern kleben Eiskristalle.

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