Christa Astl

Nur ein Stein - Lebendige Gedanken zur toten Materie

 


(Lebendige Gedanken zur toten Materie)
 
 
Erkennst du des Steines Herz…? hat ein Dichter geschrieben. Hat der Stein überhaupt ein Herz? Haben Bäume, Blumen, Gräser… ein Herz, eine Seele? Vom Biologischen her natürlich nicht, vor allem der Stein ist leblose Materie, eben ein harter Stein. Bäumen oder Blumen hingegen wird eine Seele zugesprochen; auch die Fähigkeit im Tode zu leiden, wenn ein Baum sich stöhnend, seufzend neigt, wenn ihn die Säge durchschneidet.
Ein Stein könnte seine Gefühle, seine Schmerzen nicht zeigen, selbst wenn er welche empfinden könnte, er ist unbewegt. Dabei denke ich jetzt auch an Menschen, die ebenso eine steinerne Miene zur Schau tragen, fühlen sie nicht oder zeigen sie es nicht?
Aber, ist Stein Stein, sind sie alle gleich? Jeder Stein ist anders, in der Farbe, der Form, der Härte, es würde nicht gelingen, zwei ganz gleiche zu finden.
Jeder Stein ist individuell, wie alles in der Natur, wie auch wir Menschen. Jeder Baum, jede Blume, auch wenn sie zur selben botanischen Familie gehören mögen, hat eine eigene Form, unterscheidet sich ein wenig von denen rund um sich.
Sind aber Steine wirklich so leblos? Sie verändern sich im Laufe der Zeit, verwittern, werden glatt oder rau, - hart bleiben sie natürlich immer, steinhart, sogar als winziges, drückendes Sandkorn im Schuh.
Dass Steine nicht leblos sind, erfährt man unter Lebensgefahr in den Bergen. Plötzlich löst sich in einer Felswand ein Teil des Felsens, es muss also doch Leben sein(?) - und stürzt als Steinschlag oder nur als Geröll in die Tiefe. Wehe dem, wer da im Wege steht! Ich stand manchmal nicht weit davon entfernt.
Als Bergsteigerin liebe ich natürlich die Steine, fest und hoch aufgetürmt zu einem Gipfel, auf einem schmalen steinigen Steig erreichbar. Ich habe sie auch oft verwünscht, wenn ich über brüchiges Gelände auf- und absteigen musste. Vorsichtiges Gehen ist vonnöten, ein Stolpern oder Ausrutschen beim Abstieg haben schon viele Tote gefordert.
Doch durch dieses bewusste vorsichtige Gehen entsteht eine enge Verbindung mit den Steinen, die nicht nur materiell ist, irgendwie überträgt sie sich durch die Schuhsohlen auf die Füße, die Beine, den ganzen Körper. Ich fühle mich Eins mit diesen Steinen, die ja ein Teil der Natur sind, durch die ich mich bewege, Teil einer Gesamtheit, zu der auch ich gehöre. Ist sie nun beseelt durch mich, von mir?
Naturreligionen pflegen die Gesamtheit, dieses Einssein mit dem Universum. Es gibt heute „heilige Steine“, Altarsteine. Es gibt auch Steine, die einem durch ihr Äußeres persönlich was bedeuten, wie durch eine besonders angenehme Oberfläche, Maserung, Farbmusterung, eine glatte Seite…, es gibt so viele Gründe wie es Motive der Menschen gibt, sie zu sammeln, oder etwas herauszulesen.
Meistens habe ich einen Stein in der Tasche, der mir bei irgend einer Wanderung geradezu „ins Auge gesprungen“ ist. Im Stein kann man Symbole erkennen, nicht Versteinerungen oder ähnliches, nein, ich habe einen Stein am Balkon, der vom Boden aus gesehen, einem sitzenden großen Vogel gleicht. Ich hätte ihn noch bemalen können, ihm zumindest Augen verpassen, aber es ist ein Stein, soll auch einer bleiben, für mich aber ein Symbol für den Adler, dessen Form er hat, eine Verbindung mit dem Berg, von dem ich ihn heimgetragen habe.
Nein, das Herz des Steins habe ich nicht gefunden, vielleicht aber ihn mit meinem Herzen „belebt“ – wenn er mir einen sonnenwarmen Sitzplatz gibt, wenn er so schön in meiner Hand liegt?

 
 
ChA 11.08.13

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.08.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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