Christa Astl

So viele Steine...



Der Stein als Metapher
 
 
Ein nicht ganz ernst zu nehmender sprachphilosophischer Versuch
 
 
Eigenartig, wofür der Stein herhalten muss: da gibt es den ungeliebten Stein des Anstoßes, den (oft verkannten, doch so wichtigen) Eckstein, den Stein, der auf dem Magen liegt oder gerade vom Herzen gefallen ist.
Man kann auf steinigen Wegen durchs Leben gehen oder einem alle Steine aus dem Weg räumen, von Stein zu Stein hüpfen oder den Stein ins Rollen bringen, ja sogar wem einen Stein nachwerfen
Man kann steinreich sein, steinalt werden, die Steinerne Hochzeit feiern, schlafen wie ein Stein, oder zum Steinerweichen heulen
 
All das und noch viel mehr wird den Steinen zugeschrieben, oder doch nicht? Gilt das noch dem Stein, der unbelebten Materie? Was ist damit gemeint?
Einen erweichten Stein habe ich noch nie gesehen, auch nicht den, der mir vom Herzen gefallen ist, - den habe ich aber deutlich gespürt.
 
Warum sagt man so, wie kommt es zu diesen Vergleichen? Darüber habe ich mir so meine eigenen Gedanken gemacht.
Real kann man die diversen Steine sehen, die der Mensch in seinem Körper hat, wie Gallen- oder Nierensteine oder welche sich sonst noch bilden können, und von denen kaum einer weiß, wie „steinreich“ er ist, außer wenn sie kolikartige Schmerzen verursachen und auf chirurgische Weise entfernt werden müssen.
Das Leid, der Ärger, die wie ein Stein im Magen liegen und drücken, sollte der Seelenarzt, der Psychotherapeut zu lindern versuchen.
 
Stolpersteine lagen früher, bevor die Straßen glatt asphaltiert waren, sicher genügend auf den Wegen. Diener mussten ihren Herren (und vor allem Damen) die Steine aus dem Weg räumen, damit der zarte Fuß an keinen Stein stößt.
Die heutigen Stolpersteine werden heute wohl eher verbal gelegt, oft in Form einer verfänglichen Frage.
Der Eckstein hingegen hatte Schutzfunktion, er hielt das Fuhrwerk vom Hauseck fern, wenn der Kutscher die Kurve zu knapp nahm. Heute genügen nicht einmal mehr Leitplanken, um einen Raser zu stoppen.
Noch wichtiger war damals der Schlussstein, der das Gewölbe zusammenhalten musste.
 
Da sich die armen Kleinhäusler nur schlechte Grundstücke leisten konnten mit vielen Steinen, auf denen deshalb wenig Getreide wuchs, leite ich die Redensart ab: „viel Steine gab’s und wenig Brot“. Es waren steinige Äcker und steinharter Boden, wenn es lange nicht geregnet hatte. Die Arbeit war wohl so schwer, dass die Bauern am Tagesende müde und schwer ins Bett fielen und sicher wie ein Stein geschlafen haben.
Heute sind diese Steine eher die Probleme, die verhindern, dass eine Arbeit zügig vorangeht und erfolgreich beendet wird. Sie werden meist von missgünstigen Kollegen in den Weg gelegt.
 
Warum man aber „einen Stein im Brett haben“ sollte? Reiche Leute bauten ihre Häuser aus Stein, der viel stabiler war als Holz, das damals stark der Feuersgefahr ausgesetzt war. Der Stein im Brett war sicherlich als Verstärkung gedacht zur Standfestigkeit und Haltbarkeit des Gebäudes. Jetzt meint man damit das „Lebensgebäude“. Wer heute „den Stein im Brett“ hat, darf davon ausgehen, dass er Erfolg hat, gut ankommt, besonders bei den Ranghöheren, - wenn diese nicht gerade ein Herz aus Stein besitzen.
 
Schwierig wird es jetzt, sollten wir den Stein ins Rollen bringen, - ja welchen Stein eigentlich? Ich gehe in meiner Erklärungsfindung wieder ins Leben der Vorfahren zurück, der Tiroler Bergbauern: Vielleicht mühten sie sich, die auf ihren recht steinigen Wiesen liegenden, manchmal sehr großen Steine den Hang hinunter zu rollen? Im städtischen Bereich rollten Arbeiter vielleicht Steine herbei für Mauern, um die Stadt zu befestigen. Und einen liegenden Stein ins Rollen zu bringen, ist wohl nach wie vor eine Anstrengung, die viele wenn möglich meiden und wie versteinert auf ihrem Stein sitzen bleiben.
Da ist es wohl leichter, will man von Stein zu Stein hüpfen, doch es kommt drauf an, wie weit die Steine auseinander sind und wie tief und kalt das Wasser dazwischen!

Jemandem einen Stein nachwerfen, kann Böses bedeuten. in meiner Gegend hat der Ausdruck aber gegenteilige Bedeutung: Sich revanchieren, als Dank oder Vergeltung auch etwas Gutes, das einem getan worden ist.

Mit Steinen um sich zu werfen sollte man nicht, und schon gar nicht, wenn man im Glashaus sitzt. Steine hinauswerfen könnte man ja, vorausgesetzt man öffnet ein Fenster. Das Glashaus bietet so gar keinen Schutz vor derartiger Bedrohung.
Das heißt also, an einem so unsicheren Orte hat man sich still und friedlich zu verhalten, speziell heute, wo der Mensch auch schon gläsern ist, auch wenn dahinter noch so oft ein Herz aus Stein pocht.
 
Wenn man nur unsichere Positionen in gesellschaftlicher Hierarchie erklommen hat, wird man leicht steinreich, aber dadurch zum Stein des Anstoßes.
Leider gelten heute die Worte der Bibel nicht mehr: Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Würde ihn jemand werfen??
 
Und wenn dann dieser Stein auch noch ins Rollen kommt, rollt man mit ihm in die Tiefe, landet steinhart auf dem steinigen Weg durch das Leben, auf dem man mühsam über Stolpersteine dahinstolpert, bis man steinalt wird. Die große Frage ist dann, ob man unter solchen Bedingungen noch die Steinerne Hochzeit (nach 67 ½ Jahren) erleben kann.
 
 
ChA 26.08.13

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.08.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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