Irene Beddies

Stille



Mark wohnte an einer der belebtesten Straßen in Oklahoma City. Tag und Nacht rauschte der Verkehr mit unbeschreiblichem Lärm an dem Appartementblock, in dem er in 13. Stock wohnte, vorbei. Er konnte nur schlafen, wenn er sich die Ohren schützte. Aber dann hörte er oft den Wecker am Morgen nicht.

Es war Samstagnacht. Der Verkehr war nicht ganz so dicht wie an den Wochentagen, der Lärm ein wenig erträglicher. Mark versuchte, ohne Ohrenstöpsel zu schlafen.
Plötzlich wachte er auf. Igend etwas war anders als sonst, beunruhigend anders. Er lauschte.
Aha, gar kein Verkehrslärm, nicht von einem einzigen Auto.
Mark trat ans Fenster und schaute hinaus. Die sonst so belebte Straße lag still und verlassen unter ihm. Nichts war zu sehen als schemenhaft zwei Menschen, die nebeneinander gingen.
Beruhigt legte Mark sich wieder hin und schlief den Schlaf der Gerechten, wie man so schön sagt.

Die Sonne stand hoch am Himmel, als er endlich aufwachte. Etwas fehlte.
Das Rauschen der Verkehrs  blieb aus – immer noch.
Mark kochte sich Kaffee und trat mit einer gefüllten Tasse ans Fenster. Kein Gefährt weit und breit auf der sechsspurigen Straße, auch kein parkendes auf dem Platz neben der Bank.
Aber viele Menschen liefen durcheinander, als suchten sie etwas.
Mark zog sein Handy aus der Tasche seines Arbeitsanzugs und wählte die Nummer seines Freundes Ed.
Kein Klingelzeichen ertönte, die Leitung blieb stumm. Zu ärgerlich, er hatte vergessen, das Handy zu laden.
Er versuchte es mit dem  Telefon, aber auch dort blieb die Leitung tot.
Verärgert fuhr Mark mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage, um sein Auto zu holen und zu Ed zu fahren.
Die leere Straße musste ihm ja gute Fahrt erlauben.

In der Tiefgarage war alles leer. Kein Auto, kein Lieferwagen von Mr. Toros, kein Motorrad der Rockerband waren zu entdecken. Mark kam in Panik.
„Was, verdammt, ist hier los?“ schrie er aus vollem Hals. Niemand hörte ihn, kein Mensch hielt sich hier auf.
Auf der Straße waren alle genauso ratlos wie Mark.
Wen er auch fragte, keiner wusste eine Antwort. Die wildesten Gerüchte wurden weitergereicht: es wäre Krieg, Geister hätten alles verzaubert, der Präsident hätte allen Verkehr verboten, um geheime Machenschaften zu verschleiern usw. usw.
Der Lärm, den die aufgescheuchten Menschen verursachten, schwoll immer weiter an.

Der Himmel färbte sich langsam grün. Wie auf einem riesigen Bildschirm erschienen seltsame Zeichen. Allmählich formten sie sich zu Buchstaben.
Eine Botschaft: „An alle Bewohner!
Wir sind in friedlicher Absicht hier.
Wir können keinen Lärm ertragen.
Solange wir hier sind, bleibt in euren Häusern!
Nahrung und Getränke werden euch geliefert.
Bitte absolute Ruhe bewahren! In die Häuser!“

Darauf erschien das Bild außerirdischer Wesen.
Die Leute schrien laut auf: „Wir sind überrannt worden!“
Und schon regnete es roten Regen, der nun alle wirklich in die Häuser trieb.

Mark fand das ganze eigentlich lächerlich.
Dann aber besann er sich, und Freude stieg in ihm auf: Ferien! Unverhoffte Ferien in totaler Ruhe!
Wie lange?

© I. Beddies


 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.08.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Irene Beddies hat in diesem Band ihre Märchen für Jugendliche und Erwachsene zusammengestellt.
Vom Drachen Alka lesen wir, von Feen, Prinzen und Prinzessinnen, von kleinen Wesen, aber auch von Dummlingen und ganz gewöhnlichen Menschen, denen ein wunderlicher Umstand zustößt.
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