Ulla Meyer-Gohr

Residenz AUGUSTINUM


                                    Endlich Stille ! - Endlich kein Großstadtlärm !
                                        Stattdessen Ruhe und Beschaulichkeit .


Ich saß auf einem Baumstamm, der in zwei Hälften zerbrochen war; einem Sitzgebilde und einem faserigen Holzklotz, auf dem man gut die Füße stellen konnte. Alte Baumriesen umringten mich mit ihrem Blattwerk. Bewusst atmete ich die reine Luft der sprichwörtlichen "  grünen Lunge    " des Waldes ein. Außerdem schenkte mir der Nachmittag Sonnenstrahlen zur Vollendung meines Wohlbefindens. Glücklich schlug ich mein, mitgebrachtes Buch auf und vertiefte mich in den historischen Roman. 
      " Sie sitzen auf meinem Baumstamm !" zürnte eine tiefe Stimme mit mir.
Vor Schreck fiel mein Buch aus der Hand. Etwas verwirrt fand ich zurück in das Hier und Jetzt. Vor mir stand eine monströse Gewitterwolke und stahl mir das ganze Sonnenlicht. Gestützt auf einen Krückstock. Die Nasenflügel bebten. Ein starrer Blick fixierte mich. Es verschlug mir die Sprache und dauerte eine Weile bis ich sie wiederfand.
      " Ich habe keinen Ordnungshüter gesehen, der überprüfte, ob ich diesen Platz zurecht benutzen darf. Überhaupt, was heißt  MEIN  ? - Finden sie nicht, dass das einwenig anmaßend ist ? - Gehört ihnen der Wald ?" antwortete ich in einem sehr schnippischen Tonfall.
      " Jeden Tag endet mein Spaziergang  hier an diesem Baumstamm und ruhe mich aus, bevor ich den Rückweg antrete !"
Ihre grauen Locken, die unter der Schirmmütze hervor luckten, zitterten verdächtig. Die Sonnenbrillengläser waren vor ihrer eigentlichen Brille hoch geklappt, damit sie meine Person besser in Augenschein nehmen konnte. - Gegen soviel Unverständnis und Starrsinn räumte ich das Feld.
      " Ich mache ihnen einen Vorschlag. Sie bekommen mein Sitzkissen und können sich auf dem Holzklotz ausruhen," versuchte ich eine positive Kommunikation her zustellen. Eine Pause entstand. Sie dachte lange nach. Dann fügte sie sich in ihr Sitzkissenschicksal und nahm meinen Vorschlag an. Aber sie drehte mir, demonstrativ, den Rücken zu. Das Einzige, was das Schweigen zwischen  uns unterbrach, waren ihre Seufzer nebst Schulterhochziehen und Kopfschütteln. Nach zehn Minuten verließ sie grußlos das Waldgebiet.
 
Das Zifferblatt zeigte 11 Uhr. Mein Blick verweilte einen Moment auf dem rastlosen Sekundenzeiger der Armbanduhr. Es war noch verhältnismäßig früh am Tag. Wieder reckelte ich mich auf meinem auserkorenem Platz dem Baumstamm. Die streitsüchtige, alte Dame begenete mir vor , 14 Tagen, an einem Nachmittag.  Also fühlte ich mich in Sicherheit, um keine weiteren Auseinandersetzungen befürchten zu müssen. So schloss ich die Augen und genoss die Stille.
Plötzlich schnupperte etwas an meiner Hand und drückte seine feuchte, kalte Nase in meine Handfläche. Daraufhin folgte ein Abschlecken.
      " Er tut nicht's !" versuchte mich eine Frauenstimme zu beruhigen.
      " Das sagen alle !" dachte ich und blinzelnd öffnete ich die Augen. Schweif wedelnd stand ein Jagdhund, Gott sei dank angeleint, vor mir. Die sandfarbenen Augen sahen mich an. Ich konnte nicht anders und streichelte dem freundlichen Tier über den Kopf.
      " Schön ist hier - nicht wahr ? - Sie sind öfters hier - stimmt' s ?"
Ich musterte die Dame verwundert.
      " Woher wissen sie das ? - Sie kennen mich doch gar nicht !"
Sie lächelte wissend und strahlte mich an.
      " Wir haben uns, im Augustinum, über sie unterhalten. Bei uns ist das Thema Nummer 1. Ein Brief ist bereits an Herrn v. Bismarck geschickt worden. Er möchte doch so freundlich sein und ein Paar Bänke in diesem Teil des Waldes aufstellen. Die Damen und Herren des Augustinums brauchen eine Sitzgelegenheit nach ihren Spaziergängen. - Aber bis jetzt gab es noch keine positive Resonanz von Seiten der v. Bismarcks."
      " Herr v. Birmarck wird sich ein Spiegelei auf ihrem Wunsch braten," erwiderte ich etwas flappzig; belehrend fuhr ich fort," haben sie die Hinweise übersehen, dass wir alle den eigentlichen Reitweg mit benutzen, der sich bis zur Straße hinzieht ? Sogar markiert, durch Hufeisen, an jedem fünften Baum  ? - Ich hoffe, es ist ihnen bekannt, dass ein Pferd äußerst sensibel und schreckhaft reagieren kann. Es zu ängstigen kann Folgen haben, dass es in Panik gerät,steigt,den Reiter abwirft und das Weite sucht. Nicht umsonst nennt man es Fluchttier. - Also sind wir, hier,  nur geduldet, in diesem Waldstück und müssen uns den Anordnungen entsprechend verhalten, " jetzt grinste ich etwas boshaft.
Erstaunt und verunsichert musterte mich die Fremde. Ich sah das Nicht-Verstehen in ihrem Gesicht und die Verwunderung über meine Sicht der Dinge.
      " Wieso, man muss doch Respekt vor dem Alter haben !" protestierte sie leicht die Beherrschung verlierend.
      " Solange das der Logik und der Realität entspricht ? -Ja !"
Die Dame brach das Gespräch ab. Beleidigt wünschte sie EINEN  GUTEN   TAG  und trollte sich ,samt treuem Freund. Mir war die Muße vergangen . Ich räumte ebenfalls das Feld. Ungläubig beobachtete ich eine kleine Gruppe, bestehend aus drei Personen, die zielstrebig den Zankapfel, Baumstamm an steuerten.

      " Dieses Waldstück ist zur Flaniermeile geworden," raunte ich fassungslos," ich suche mir einen neuen ruhenden Pol, um endlich ungestört meine Seele baumeln lassen zu können !"

  
  
  
      
      

 
                       

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.10.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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