Mat D. Skincap

Unwetter im Bierglas

Neben mir piept es. Alle 30 Sekunden einmal. Ich kam nach Hause und wusch mir die Hände, da hörte ich schon ein Piepsen. Es kam von der Wetterstation. Na klar, die Batterie! Es ist ja auch logisch, daß die Geräte dann das piepsen anfangen, wenn die Batterie leeeer wird. Wenn es piepst, wird das Gerät doch noch schneller leer? Glücklicherweise piepst es aber nicht auch noch schneller, je leerer die Batterie wird.
 
Erst habe ich mich natürlich bei diesen Temperaturen ausgezogen, der Schweiß roch in den Arbeitsklamotten, also raus aus den Teilen, und immer wieder ein Piepsen, das mich daran erinnerte, doch mal die Batterie auszuwechseln. Also gut, bin ich dann doch zu dem Gerät hin, ordnungsgemäß hat es eine leere Batterie angezeigt, Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, also neue Batterie rein. Vielleicht hatte ich prophetische fünf Minuten, als ich im Supermarkt die Batterien mitgenommen hatte, vielleicht ist es aber auch einfach nur naheliegend und zufallsgesteuert, alle paar Monate den Vorrat aufzufüllen, weil man doch immer irgendein Gerät hat, das die Grätsche macht. Und piept.
 
Mit den neuen Batterien ist das Symbol für die leere Batterie nun auch verschwunden. So soll es sein. Nach kurzer Zeit hat das Gerät auch wieder das Funksignal für die Uhr gefunden, alles wird richtig angezeigt - und es piept wieder. Alle dreißig Sekunden. Also drücke ich auf allen möglichen Knöpfen herum, aber nach relativ kurzer Zeit weiß ich, daß ich ohne eine Bedienungsanleitung das Teil nie zum Schweigen bekommen werde. Meinen Ordner für Bedienungsanleitungen durchgewühlt finde ich auch entsprechend Einschlägiges und vermute, es könne der Unwetteralarm sein oder die Warnung vor zu hohen und zu niedrigen Temperaturen. Ersteres verstehe ich noch, letzteres, da muß ich passen: Wwas hilft es mir denn, wenn ich ab einer bestimmten Temperatur Alarm ausgelöst bekomme? Es wird dadurch nicht wärmer oder kälter. Aber mit dieser Argumentation kann man eine Wetterstation insgesamt in Frage stellen. Vielleicht soll das ein Hinweis sein, daß man in eine weniger hitzeanfällige Wohnung umzieht. Oder sich den nächsten Urlaub bucht - je nach Alarmsorte in der Südsee oder am Nordpol.
 
Nach einem Unwetter sieht es draußen nicht aus. Drinnen mittlerweile schon, weil es ganz schön auf den Nerv geht, wenn man das Piepsen nicht abstellen kann. Die Wolken hängen schon sehr tief und Blitze durchzucken die Atmosphäre meines Wohnzimmers. Ich stelle mir vor, wie das Leben ohne eine Wetterstation wäre. Ob das überhaupt möglich sein kann, wieviel Freu und Leid sie mir geschenkt hat und ob dies nun ein unkontrolliertes Piepsen Wert ist. Und je mehr ich das Verneine, desto weiter rutscht die Station in Richtung Abfalleimer. Aber da ist ja noch die Bedienungsanleitung. Und die sagt mir, daß man die Station einstellen kann. Und laut Einstellung piepst das Teil ab minus 30 Grad oder über 70 Grad plus. Aber ich befinde mich doch genau mitten drin!
Nun recherchiere ich natürlich im Internet nach Gleichgesinnten, die haben ja manchmal eine Lösung. Modell und Problem eingegeben, da tut sich ja auch schon ein Forum auf, welches genau dieses Problem behandelt. Nach 20 Einträgen, schätzungsweise, denn die Teile sind ein bischen verschachtelt, bin ich leider auch kein Stück schlauer, außer daß die einen sich schon eine neue Station gekauft haben, einer hat sogar den Kundendienst angerufen, andere lamentieren, haben aber keine Lösung. So auch ich. Interessant ist lediglich, daß es für so ein banales Problem tatsächlich ein Infoboard gibt, daß sich dieser weltbewegenden Frage angenommen hat. Also noch ein bischen Recherche, dann reicht es mir aber auch, denn den ganzen Abend wollte ich mit diesem Problem, welches nach bestimmt sieben oder acht Jahren zum erstenmal auftritt und ab morgen bestimmt wieder von alleine für die gleiche Zeit verschwindet, nun auch nicht aufwenden.
 
Das Gerät liegt nun im Kühlschrank und neben mir ein kühles, frisch eingeschenktes Weißbier. Vielleicht piepst die Wetterstation mittlerweile auch nicht mehr. Vielleicht dämmt der Kühlschrank nur so gut. Mir ist aber gleich die Flasche Weißbier ins Auge gestochen. Sie piepst nicht, braucht keine Batterie - und das Weißbier lädt meine geschundene Batterie auf. Es perlt so schön im Weißbierglas, kein Ton, liegt kühl in der Hand, als wolle es mir sagen, daß ich doch besser die Elektronik aus dem Kühlschrank n den Abfall verbannen sollte, das gehört doch nicht an den Ort, an dem ein Weißbier kühlt, tu es weg, aber ich bin zu müde und habe jetzt meine Ruhe vor dem Teil, also lege ich mich auf die Couch, trinke mein Bier und schaue ein wenig in die Ferne. Und sehe dem wilden Wolkenspiel zu. Es war wohl doch der Unwetteralarm. Gute Station!
 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.10.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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