Birgit Kleinfeld

Schmerz



Du bist fort. Vor langer Zeit, und doch erst gestern holte Gott dich zu sich, verdammte mich zu einsamen Verzicht deiner Liebe.
Früher zeigtest du mir aller Farben Facetten, selbst die von Schwarz. Nun ist Schwarz einfach Schwarz und alles andre eine kräftigere Version von Grau.
Mein Kleid hier .. „Es hat das Himmelblau von deinen schönen Augen“ sagtest du, als du es mir schenktest inzwischen verlor es an Farbe, ist trübe wie mein Blick.
Dennoch muss ich es heute tragen. Will es unbedingt. Ist es doch meine Huldigung an dich und jenen Tag, der dich in mein Leben brachte.
 

„Sind deine Augen mir das Meer,
des‘ tief verborg’ne Schätze
zu finden mir allein bestimmt
So lass‘ die meinen,
der stille Hain sein
in dessen weiches Grün
du dich sorglos fallen lässt.
Wissend er schenkt
Geborgenheit und Liebe
keiner anderen als nur dir“
 
Es ist, als hörte ich deine Stimme die in meinem Innern dieses kleine Gedicht, das du mir schriebst, liest.
Mühsam erhebe ich mich von meinem alten Küchenstuhl, den du einmal für mich auf einem Flohmarkt erstanden hast.
Und gehe zum Herd auf und in dem dein Lieblingsmahl brutzelt, brät und kocht: Ente mit einer – meiner - ganz speziellen Farce gefüllt und Beilagen.
Als ich den Topf in dem der Rotkohl mit Äpfeln und allerlei Gewürzen hebe und mir der Duft entgegen steigt, höre ich wieder deine Stimme, diesmal zärtlich-schelmisch tadelnd:
„Erlebe ich es eigentlich noch irgendwann, mein Schatz, dass du mit Schürze kochst?!“
„Nein, du erlebst es nicht mehr Liebster.“ Flüstere ich.
Früher, nachdem Du mir dann die Schürze umgelegt hattest, hattest du dich von hinten an mich gedrückt, hast gleichermaßen Zärtlichkeit und Begierde in mir erweckt und die Düfte der Küche einatmend gesagt:
„Hm, ich weiß schon, warum ich dich liebe!“
„Nur darum?“ murmele ich aus Gewohnheit, ohne die sonstige Freude und das Kribbeln im Bauch, weiß ich doch dass du heute nicht Dinge, die nur für meine Ohren bestimmt sind und mein Herz nie verlassen werden, in meinen von Essensdämpfen und Erregung feuchten Nacken hauchen wirst.
Plötzlich wird mir alles zu viel. Zwar bücke ich mich noch mechanisch, um ein weiteres Mal meine  Lavendelhonig-Senf Marinade auf die Ente zu streichen, öffne auch den Ofen, hole, wie immer den Ärmel meines eh nicht mehr festlichen Kleides benutzend, um an dem Rost dessen Hitze mir nichts ausmacht zu ziehen. Doch dann, dann reiße ich es heraus. Kippe siedend heißes Kräuter duftendes Öl über meine Beine, meine Arme, springe auf, als der gare Vogel in meinem leeren Schoß landet, schwer und tot.
 Ich schreie, schreie vor Schmerz … Denn:
Du bist fort. Vor langer Zeit, und doch erst gestern holte Gott dich zu sich, verdammte mich zu einsamen Verzicht deiner Liebe.

(c)Birgitk0305

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.10.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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