Elke Müller

Geliebtes fernes Land AMERIKA

Zoll für Zoll wand sich leise Heika durch das wogende Gras, wie zu der Ordnung Serpens ( Schlange ) gehörend, nach jeder Bewegung hielt er inne, um den leisesten Ton zu erhaschen. Dann duckte er sich nieder und verschwindet, als hätte ihn die Erde verschluckt, um plötzlich an einer ganz anderen Stelle unerwartet wieder aufzutauchen. Hinter einem Baum, mit den er vollkommen zu verschmelzen schien, entledigte er sich einem Teil seiner Kleidung, prüfte die Schärfe seines Messers, steckte es in die Lederscheide zurück. Im schwachen Silberschein des Mondes, lies er seinen Blick nochmals umher schweifen. Er sah das einsame Zelt, welches seine Aufmerksamkeit erregte. Nicht weit entfernt steht eine morsche Birke mit knorrigen Ästen, auf denen eine weiße Gestalt hockt. Groß und unbeweglich lauert sie, die Eule, wie eine Seherin im Geäst. Ein leiser langgezogener Schnarchton drang an sein Ohr. Er entdeckte den ahnungslosen Schläfer. Es war Lars. Heika zückte sein Messer, um es in die Brust des Verräters zu stoßen, lies aber von seinem Plan ab. Geräuschlos und leise wie eine Schlange koch er auf das Lager zu, dabei jeden Schatten von Büschen und Bäumen nutzend. Nachdem er am Zelt angekommen, wagte er, das Zelttuch am Boden leicht aufzuheben und hineinzusehen. Lauschte angespannt, schlüpfte hinein und setzte sich nieder. Lange saß er regungslos, betrachtete die unruhig schlafende Ashley. Sanft legte er seine Hand auf ihren Mund. „ Sst! Ich komme dich zu holen.“ Dann zog er sich zurück. Vorsichtig schlich er zum Pferch der Pferde der Mingos. Sobald er innerhalb der Umzäunung war, richtete er sich auf, schritt langsam zum Eingang, schob ohne große Mühe den Eingangsbalken zurück. Mit seinen Händen strich er über das Fell eines der Tiere, schwang sich auf dessen Rücken. Dann, zerriss ein langer greller Schrei die Stille. Mit Freude und Schrecken brachen die Pferde aus. Die Luft war erfüllt von Stampfen und Toben als diese an der verdutzten Menschenmenge vorüber schossen und nach allen Richtungen in die Prärie hinaus stürmten. Ein Wutgeheul erklang. Im nächsten Augenblick waren die Besitzer schon hinter den Tieren her. Sie schrien, warfen um sich, rannten ihnen entgegen. Doch man vernahm nur das Stampfen ihrer Hufe, das Wiehern und Schnauben. Mal blieben sie stehen, warfen sich noch im letzten Moment herum und stoben dröhnend davon. Sein Ziel hatte Heika erreicht. Huschte zurück zu Ashley ins Zelt. Er stand plötzlich vor ihr, mit Augen die wie Feuer glühten, als sei er aus der Erde gekommen. Sie saß abwartend auf ihren Platz. „ Warum fliehst du nicht? Heika, ich bitte dich! Du darfst hier nicht mit mir gesehen werden! Man wird kein Mitleid haben, wenn man dich findet. Man wird dich fangen und töten!“ Heika sagte nichts. Zum ersten Mal wollte er sie spüren, ihre Lippen berühren oder mit der Hand durch ihre Haare gleiten. Er trat an die Zeltöffnung und lauschte den nächtlichen Geräuschen. „ Es ist kühl draußen, du wirst dich erkälten,“ sagte er leise. Plötzlich fuhr er wie ein Blitz getroffen zusammen, als ihn von hinten vertraute Arme umschlangen. Spürte ihren Körper welcher sich an seinen Rücken schmiegte. „ Es ist nicht ganz ungefährlich sich an ein Lager anzuschleichen. In der Wildnis, wo es außer Raubtiere auch noch feindliche andere dunkle Elemente gibt, wird sicher rasch geschossen.“ Ihr Herzschlag ging schneller als er sich zu ihr umdrehte, ihren Kopf zurück zog und seine Lippen auf die ihren drückte. Er hatte das, was ihm am teuersten war, in den Augenblick gewonnen, als er schon am Erfolg gezweifelt hatte. Dann nahm er ihre Hand lauschte noch mal nach Anzeichen einer Bedrohung und zog sie in rascher Flucht mit sich fort, hinunter zum Flussufer. Aus der Deckung von Buschwerk trat Smith mit finsteren Blick hervor. Beobachtet alles genau, als Heika aus einem Versteck voller Gestrüpp ein Kanu zog und es ins Wasser schob. Lautlos zieht es durch die dunkle Nacht. Heika kniete vorn und paddelt gegen die Strömung an. Dahinter saß Ashley, die sich ganz klein macht. Die Flucht scheint gelungen. Doch, als sie noch nicht ganz die Mitte des Flusses erreichen, tauchte Smith am Uferrand auf. Blitzschnell flog der Kolben seines Gewehres an dessen Schulter und ein Schuss krachte. Im nächsten Augenblick zischte eine Kugel über die Beiden hinweg. Aus Heikas Augen blitzte Hass und tödliche Feindschaft auf, als er ihn sah. Hob seinen Arm, stieß einen langen lauten durchdringenden Kampfruf seines Volkes aus. Ohne die Büchse abzusetzen drückte Lars nochmals ab. Auch diesmal blieb der Erfolg aus. „ Glaubt ihr, die Irokesen werden sich schlafen legen ohne eure Spur zu folgen?“ schrie Smith wütend hinterher. „ Rache ist süß!“ Das Kanu ging nun mit der Schnelligkeit der Strömung, es ging in flotter Fahrt durch Wirbel und Stromschnellen, schoss Gefälle hinab, trieb das Boot in aufschäumende Flut, jagte durch die Hölle mächtiger Steine und berührte des öfteren den Grund. Hin und wieder kamen sie an kleinen Zeltlagern vorbei und ringsum lag die Wildnis, weit und breit unbewohnt. Bis sie nach zwei Tagen stromauf, endlich in einen See trieben. Heika lenkte das Kanu einem Anwesen zu. „ Meine Schwester wohnt hier. Sie baut etwas Mais und andere Dinge zum Verkauf an.“ Man hieß die Beiden herzlich willkommen. Ein gellender Vogelschrei erklingt aus der Ferne. Indianer! Plötzlich umzingelten etwa drei Dutzend Indianer ihr Versteck. Und dann kommen einige Männer, mit keinem überflüssiges Fett am Leibe, durchtrainierte Kämpfer ihnen entgegen, wilde Gestalten. Sie sind teuflisch bemalt und tragen bunte Federn im Haar. Mehrere tragen Bogen, Pfeile, Lanzen sowie Gewehre. Sie hinterlassen kaum Spuren, da sie alle gute Reiter und unermüdliche Läufer sind. Trotzdem, viele Stämme sind untereinander verfeindet und man weiß nie, wie sie zueinander stehen. Es stellte sich aber rasch heraus, das es Mitglieder aus dem Stamm der Dakota waren. Sie versprachen, die Beiden nach Hause zu bekleiden, um bei eventuelle Hindernisse helfen zu können. Heika entfernte sich, bringt dürres trockenes Treibholz angeschleppt und entfachte ein großes Feuer, fischte im Fluss Forellen und briet sie in heißer Asche. Gastfreundschaft ist heilig und wird streng eingehalten. Seine Schwester brachte Schalen mit Fleischbrühe für die Gäste. Alle setzten sich am Feuer nieder, warteten geduldig darauf, ob Heika sein Erlebnis schildern werde.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.12.2013. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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