Klaus-Jürgen Langner

Warum brauchen wir unglückliche Menschen?

Warum brauchen wir unglückliche Menschen?
 
Presse, Fernsehen und auch unsere Wissenschaftler heben immer wieder warnend ihren Zeigefinger und erklären uns, dass die Menschheit ihrer Vernichtung entgegenschlittert.
Nun, diese Einstellung ist grundsätzlich schon uralt (siehe: Seneca!), aber seit neuestem haben wir auch tatsächlich die Möglichkeit dieser Einstellung auch ungewollt zum Erfolg zu verhelfen, indem wir einfach nichts tun. Dabei brauchten wir nur uns gemäß neuer Erkenntnisse zu verhalten. Und warum tue ich das nicht einfach?
Nun, weil ich dazu in vielen Bereichen total umdenken  müsste. Ich kann das aber nur dann, wenn ich auch „umfühlen“ kann, Gefühl und Verstand kommen zwar aus verschiedenen Stadtteilen, aber sie müssen zusammenarbeiten, sonst funktioniert es eben nicht.
Bei jedem Gedanken wird eine Folge von „Botenstoffen“ geschaffen. Die begleiten dann meine Gefühle, die wiederum mein gedankliches Erleben nachvollziehbar machen. Und leider ist das „Umfühlen“ ziemlich schwierig für mich. Denn ich bin, so wie jeder von uns  meist das geworden ist, was er gar nicht wollte. Aber wir sind alle das Ergebnis unserer selbst veranlassten individuellen Prägung. Und wenn  ich mich „gegen mich selber“ entscheiden soll, dann empfinde ich das als ziemlich unmöglich. Wer will sich schon selbst in Frage stellen wollen?
Nun, es gibt durchaus die Möglichkeit dazu und ich möchte mit euch zusammen darüber nachdenken, warum es sinnvoll erscheint zum Beispiel unser unsinnig übersteigertes Konsumverhalten zu verändern.
Was konkret muss geschehen? Nun ich muss den tatsächlich vorhandenen wissenschaftlichen Fortschritt anerkennen, aber gleichzeitig feststellen, dass er nicht dazu geführt hat speziell in unserem Bereich “blühende Landschaften und glückliche Menschen“ zu schaffen. Unsere Wissenschaftler schicken zurzeit gerade einen Satelliten auf die Reise in ein Milliarden Lichtjahre entferntes Himmelsgebiet und viele freuen sich  ausgiebig, dass ein Kontakt zu ihm über diese Entfernung funktioniert. Aber wir wissen zumeist nichts um mögliche Not und Elend bei direkten Nachbarn.
Ja wirklich, in unserem eigenen Körper wurde der genetische Code „geknackt“, ich weiß was meine Gene machen können. Unser Wissensstand ist so hoch, wie ich es mir immer noch nicht vorstellen und leider auch nicht immer verstehen kann. Die Denkmuster, aber, die zu diesem Wissen geführt haben sind es, die überprüft müssen. Ein mögliches Umdenken erscheint unbedingt notwendig, aber warum geht das so schwer? Nun ich müsste es für möglich erachten das bisherige Denken grundsätzlich in Frage zu stellen.
Es gibt ein wunderschönes Gedicht von Herrmann Hesse, das da heißt „Leb wohl mein Herz nimm Abschied und gesunde“. Da ist aber nur vom „Herzen“ die Rede und nicht von unserem so sehr im Vordergrund stehenden „Gehirn“! Unsere Hirnforscher sind da sehr weit in ihren Erkenntnissen. Wir haben Überzeugungen und Vorstellungen und die sitzen nicht nur in unserem „Gehirnkastel“, sondern sind gekoppelt mit den gefühlsmäßigen Zentren, die ihrerseits steuern ganz grundlegende Körperfunktionen. Wir behaupten immer wieder „es bringt mich um“, wenn mich jemand dazu bringen will von einer bequemen Gewohnheit Abstand zu nehmen. Wir schätzen die gesamten wissenschaftlichen Erfolge auch als uneingeschränkt positiv ein. Aber die Verhaltensmuster, die damit zusammen in unseren Köpfen Platz genommen haben. Die sind nun als ein fester, nahezu unüberprüfbar erscheinender Grundsatz in uns verankert. Und das Schlimme ist, wir geben diese in uns selbst verankerten Überzeugungen und auch darauf fußenden Verhaltensregeln unüberprüft an unsere Umwelt weiter, insbesondere auch an unsere Kinder. Wir glauben, dass es sehr sinnvoll ist, wenn sich der Einzelne aus allen Verpflichtungen  herauslöst und z. B. die Nächstenliebe dem Nächsten überlässt. Am besten  fährt jeder, wenn er seine eigenen Ziele verfolgt egal, was die „anderen“ dadurch erleiden müssen. Wir kennen alle den bekannten Spruch aus den Sprüchen der  Großväter: „Jeder ist seines Glückes Schmied!“  Aber kaum einer vermag zu erkennen, dass dies Glück darauf hin auch ziemlich „behämmert“ aussieht.
Die Folge dieser Einstellung ist auch, dass der Einzelne meint: „Wenn jeder nur an sich selber denkt, dann ist doch auch  gleichzeitig an alle gedacht“.
Ich glaube, wir alle sind der Meinung, dass wir von diesen Vorstellungen Abschied nehmen müssen, aber wie kommen wir daraus heraus?
Wenn es denn möglich wäre anders zu denken, dann müssten wir aber auch anders fühlen können. Denn nur dann könnten wir auch anders sein!
Da sehen wir, dass wir zunächst einmal die Frage beantworten müssen: Warum geht es denn so schwer aus diesen eingefahrenen Gewohnheitsschemen herauszukommen?
Es ist ganz klar, wir sind mit dieser Art zu denken nicht geboren worden.
Nun dazu gibt es eine ganz aufschlussreiche Untersuchung. Eine Studie die aufzeigt, dass wir  mit Sicherheit unser Verhalten und de Grundlage dieses Verhaltens ohne es zu wollen unserer Umwelt zeigen und sie dadurch prägen. Das gilt insbesondere in dem Bereich unserer Kinder.
Gerade in diesem Bereich ist es wichtig zu erkennen, das, was wir allein schon durch unser tägliches Verhalten in unseren Kindern anlegen prägt schon die kleinsten unter uns in einem Alter, wo wir es sicher nicht vermutet haben.
Also diese Studie beschäftigt sich mit kleinen Kindern im Alter von zunächst einmal sechs Monaten. Für den Fall dass sich jemand an diese Zeit bei sich nicht mehr erinnern kann, damals konntest Du noch nicht einmal sprechen! Aber einen Bildschirm betrachten, das ging schon. Nu wurden diese Kinder vor einen Bildschirm gesetzt und sahen zu, wie ein kleines gelbes Männchen mühsam eine schräge Gerade nach oben kletterte.(Teil 1 der Vorführung)
Dann kam dieselbe Aufführung, aber das kleine gelbe Männchen erfuhr eine Unterstützung durch ein kleines „Grünes Männchen“! Das half dem „kleinen Gelben“ Kerlchen, dass versuchte Schwierigkeiten zu machen und sich deutlich sichtbar, den Gipfel einfacher und bequemer zu erreichen. (Teil 2).
Danach wurde das Ganze ergänzt durch ein kleines „Blaues“, das sich ein Vergnügen daraus machte, die beiden an ihrem Vorhaben zu hindern, indem es sich von obern herab immer mehr in den Weg stellte und sich selbst immer wieder mit nach oben tragen ließ.
Nachdem sich unsere „Versuchs-Babys“ das alles angeschaut hatten wurden auf dem Tisch kleine grüne und kleine blaue Männlein aufgestellt und die Babys wurden beobachtet, nach welchem Männchen die Kleinen griffen. Alle aber auch tatsächlich alle griffen nach dem „grünen“ Männchen. Und jeder weiß, dass diese Babys nicht nach dem greifen, was nicht mögen. Den Unterstützer! Es kommt also keiner von uns als Schmarotzer zur Welt. Als einer der sich auf anderer Kosten bereichert. Keiner wird geboren mit dem Verhalten eines „Egozentrikers“, der nur auf seinen Vorteil aus ist.
Aber für alle Erzieher  bringt diese Studie es auch auf den Tisch, dass das Verhalten sehr viel früher bei unseren Kindern geprägt wird, als wir es bisher geglaubt haben.
Und nun wurde derselbe Versuch mit derselben Versuchsanordnung genau weitere sechs Monate später  noch einmal denselben Kindern vorgeführt. Danach gab es wieder die Möglichkeit zu wählen zwischen den Blauen und dem Grünen. Und siehe da es waren so zwischen zehn und zwanzig Prozent dieser Kinder dabei, die nun schon nach dem
 „Blauen“, dem Schmarotzer griffen. Nun möchte ich gerne einmal wissen, von wem haben die Kinder es denn gelernt, dass es Sinn macht nach dem „Schmarotzer“ zu greifen.
Auch diese Kinder hatten noch keine Sprechfähigkeit entwickelt. Und jetzt wird jedem von uns klar, was es bedeutet, wenn wir in diesem Zusammenhang von „systemischen Denken“ sprechen. Die Kinder haben nichts weiter tun können, als das tägliche Leben um sie herum zu beobachten! Und irgendjemand in diesem Familienverbund hat genau das praktiziert, was die Kinder bei den blauen Männchen auch erkannt haben. Es gibt jemand, der sich so verhält, dass er sagt: „Nächstenliebe? Das ist mir doch egal. Ich komme zuerst mal dran“! Und es ist eindeutig: Die Kinder richten sich nach dem, der nach ihrer Meinung die besten Aussichten auf einen bequemen Erfolg hat. Und so etwas ist ganz folgerichtig!
Also es ist damit ganz klar geworden: Kinder richten sich nach dem, der Erfolg; egal wie. Also werden sie wie wir selber sind! Als mir das klar geworden war, da flutschen mir doch die Worte nur so raus: „Das muss aber anders werden!“  Und prägnante Worte sind wie scharfe Nägel, welche die Wahrheit in unser Gedächtnis zwingen. Aber ich wusste auch von früheren Anfällen dieser Art: „Worte sind oft bloß die Särge von meinen Gedanken, der rechte Ausdruck solcher Gedanken ist die Tat!
Das bedeutet aber auch, alle kleinen Menschlein kommen mit einer nicht zu überbietbaren Offenheit zur Welt, mit einem unheimlich großen Gehirn mit fast nicht erfassbarer Verschaltungsmöglichkeit. Die eingebauten Verschaltungsmöglichkeiten – es sind viel mehr als Sie sie heute noch haben, da Sie schon älter sind- können aber auch gar nicht anders aufgebaut sein. Denn die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass sie gebraucht werden können für ein Eskimokind oder auch für ein Kind im Amazonas Urwald.  Erst nach der Geburt klärt sich langsam welche Möglichkeiten genutzt werden. Der dann nicht mehr benötigte Überschuss wird im Laufe der Zeit abgebaut und heute muss ich mit dem auskommen, was ich jetzt da oben noch vorfinde. Es sind ja auch genau dieselben Programme, die jedes Baby mitbekommt egal ob es in der Zeit Menschwerdung  auf die Welt kam, oder zur Zeit von Buddha, oder noch besser zur Zeit von Johannes Heesters. Das was später als zu viel Ausstattung erkannt wurde, das wurde dann eben abgebaut. Aber für die spätere Zeit nach der Geburt war es schon besser, dass sie Ausstattung für uns alle aus der Abteilung „Supergut“ stammte. Wir starten auch bei den Verschaltungsmöglichkeiten mit derselben Überschuss-Ausstattung. Und wenn auch sehr viel später manches ausgeschaltet wird, ganz vorne im Frontal-Lappen da hört die Entwicklung neuer Gehirnzellen bis zum Tod nicht auf. Deshalb kann ich auch mit meinen 80 Jahren noch einmal neu anfangen mir Fähigkeiten zuzulegen, an die ich mein Leben lang nicht gedacht habe. Ja, ehrlich, ich könnte beispielsweise jetzt noch anfangen brasilianisch zu lernen, wenn ich einen Grund fände das zu wollen. Ohne das geht es nicht Aber wenn ich mich jetzt in eine flotte junge brasilianische Tänzerin von 65 Jahren verlieben würde, na, das wäre ein Versuch wert. Und wenn sie mich dann abschleppt in ein brasilianisches Dorf und ich dort mit ihr den Rest meines Lebens verbringen wollte, ich wette nach einem halben Jahr spräche ich besser brasilianisch als nach 10 Jahren Volkshochschule! Also Mein Gehirn ist kein Bremsklotz für die Fähigkeit Neues zu erlernen. Auch nicht mit achtzig Jahren. Aber ich brauche einen Grund für ein solch radikales Umdenken.
Lassen Sie mich jetzt noch einmal auf unsere Erfahrung zurückkommen, die wir als Menschen alle in der gleichen Art machen.
Wir machen schon vor der Geburt eine Erfahrung durch, die uns für das spätere Leben programmiert.
Vor der Geburt sind wir mit unserer Mutter direkt verbunden und können in ihr wachsen ohne besondere Schwierigkeiten.
Wenn wir dann geboren sind, festigt sich auch in unserem Hirn ein so genanntes „Neugiersystem“, das das Bestreben hat, sich auszudehnen, die Welt zu erforschen in der Welt aber auch angenommen zu werden wie es bisher im Mutterschoß auch angenommen worden war. Und sobald dieses Neugiersystem fähig ist Neues zu lernen, schicken wir das Kind in das, was wir alle irgendwie überstehen mussten: Wir nennen es Schule.
Ein zweites System hat sich auch noch aus der Erfahrung der vorgeburtlichen Zeit gebildet, das Bindungssystem. Damals konnte das Kind wachsen und so sich vorbereiten auf „Erfahrungmachen“ und es war gleichzeitig von der Mutter total angenommen. Diesen Zustand des „Angenommenseins“ war Existenz sichernd. Und das erwartet jeder Neugeborene auch nach dem Verlassen des Mutterschoßes. Aber da muss das Kind schon die ersten negativen Erfahrungen machen: Es ist viel kälter hier draußen. Aber nicht nur temperaturmäßig, sondern auch emotional. Alle anderen Familienmitglieder haben auch Ansprüche, die durchgesetzt werden sollen. Geschwister sind ja alle immer älter und glauben auch ältere Rechte zu haben. Vater will seine Ruhe am Abend nach der Arbeit, Mutters Kraft ist manchmal auch überfordert. Oder in der Erziehung zum „fertigen“ Menschen soll sich das Kind an Vorgaben halten, die das Ziel haben, es so werden zu lassen wie der Vater zum Beispiel hat werden wollen.
Und jetzt bilden sich diese neuen Erfahrungssysteme im Gehirn. Zwangsläufig. Im Hirn bilden sich Netzwerke, dieselbe Art von Netzwerken, die dann entstehen, wenn mir körperliche Schmerzen zugefügt werden. Das heißt aus einer Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden führt dazu, dass im Gehirn dieselben Empfindungen entstehen, die auch entstehen, wenn jemand merkt, dass die Beziehung zum eigenen Körper gestört wird, das heißt wenn derjenige körperliche Schmerzen hat. Wenn im Körper etwas nicht in Ordnung ist entstehen hier Schmerzen und wenn in einer Beziehung zu einem anderen Menschen etwas nicht stimmt entstehen dieselben Schmerzen. Das tut in beiden Fällen weh und schon kleine Kinder müssen lernen, jetzt eine Lösung dafür zu entwickeln. Alleine, wenn wir als Erwachsene ihnen nicht vormachen, wie eine solche Lösung aussehen kann. Und die meisten Erwachsenen haben es im Laufe ihres Lebens nur sehr wenig geschafft hier eine verwertbare Lösung für sich und für ihre Nachkommen anzubieten.
Nun kann man als Erwachsener schon nicht, - aber als Kind erst recht nicht – aushalten solchen Schmerzen ausgeliefert zu sein. Also suchen wir uns kleine Ersatzbefriedigungen, die machbar sind und wenigstens eine Art von zeitweiligem Trost spenden. Für den Fall, dass ich das, was ich wirklich brauche, nicht bekommen kann, dann greife ich zu den kleinen Ersatzbefriedigungen, die für mich greifbar sind. Und dann entwickelt sich in meinem Gehirn so etwas wie ein Belohnungszentrum, das Ersatzbefriedigung ergreift, wo wirkliche Befriedigung nicht machbar ist. Und dann begeistert sich mein Gehirn für irgendetwas, was dazu führt, dass so genannte „Neuroplastische Botenstoffe“ ausgeschüttet werden. Und das kann man vergleichen mit einer Art von „Gehirndünger“. Diese Art von Dünger entsteht nicht beim Erlernen des großen „Einmaleins“, oder beim Studium von
 „klugscheißernden“  Ratgebern.
Diese neuroplastischen Botenstoffe werden nur dann produziert, wenn die emotionalen Zentren im Gehirn wach gemacht werden. Und dazu muss mir dann aber auch etwas unter die Haut gehen. Es muss für mich wichtig sein, weil ich zum Beispiel etwas unbedingt brauche, wenn ich eventuell Schmerzen habe, und damit kann ich dann für eine Art Ausgleich sorgen.
Diese Botenstoffe können etwas ganz Tolles. Sie bringen die dahinter liegenden Nervenzellen dazu, dass die über einen Rezeptor vermittelten Signaltransductionsprozess  Geninduktion bewirken. (Also es ginge auch mit viel wissenschaftlichen Ausdrücken.) Aber besser lieber wie bisher etwas verständlicher.Also sie können dahinter liegende Nervenzellen dazu bringen, dass die noch einmal Eiweiße herstellen, und zwar solche, die schon lange nicht mehr von Ihnen hergestellt worden waren. Das sind Eiweiße, die gebraucht werden, um neue Fortsätze zu bilden, um neue Kontakte zu bewirken um auch sozusagen Netzwerke zu verdichten und das   ist auch schon, die wunderbare Erklärung dafür, dass dann, wenn ich mich für irgend etwas begeistere. dass ich dann in meinem Gehirn mit Hilfe dieser Gießkanne den Dünger herausbringe, der dann das Hirn düngt. Und das gilt dann nur für die Bereiche, die ich bei meiner Begeisterung benutze.
Unsere Jugendlichen haben im Augenblick seit vielleicht zehn Jahren eine Region im Hirn, die wird so kräftig gedüngt, dass die bestimmt schon doppelt so groß geworden ist.  Das ist die Region, die zuständig ist für eine schnellere Daumenbewegung.
Kinder können so auch auf ihre Zukunft vorbereitet werden.
Nun ist für alle aber auch sicher klar geworden, dass es mit dieser Begeisterung die offenbar gebraucht wird, damit sich in meinem Hirn etwas ändert, dass ich diese Begeisterung nicht per Rezept verordnet bekommen kann, auch noch so kluge Vorträge können sie nur bedingt hervorzaubern sondern ich müsste irgendetwas verspüren, das mich bewegt. Oder wie es im Gedicht so schön heißt: Ich müsste „in meinem Herzen“ erregt werden.
Und nun denken Sie mal zurück an ihre ersten Jahre. Als kleiner Steppke von drei Jahren habe ich mich auf dem Teppich kniend für jedes kleine trockene Blatt begeistern können. Stundenlang war mein Interesse da und löste einen Forscherdrang aus, der mich in ungeahnte Höhen katapultiert hatte. Dauernd war damals die Gießkanne in meinem Hirn an. Und alles wurde gedüngt, denn ich war über die gesamte Welt beseligt im Staunen des Entdeckens. Und dann wurde ich in die Schule geschickt. Nach meinem ersten Schultag fragte mich meine Mutter, ob es mir gefallen hätte und als ich etwas müde bejaht hatte, da sagte sie: „Na da freust Du Dich sicher auf Morgen wieder!“ Da antwortete ich nur sehr erstaunt: „Wie, morgen noch einmal?“
Nun heute bin mit meinen achtzig Jahren Gott sei Dank  wieder in der Lage mich zu begeistern. Aber erst nachdem ich aus meinem erlernten Beruf vom Strafverteidiger aufgestiegen bin zum erfolgreichen Märchenerzähler. Aber ich bin in der Hinsicht sicher eine Ausnahme. Manche in diesem Alter haben solche emotionalen Höchstleistungen vielleicht zwei Mal im Jahr: Weihnachten und Ostern. Wenn sie sich erinnern, wann das ist.
Und was ich kann, das könnte jeder, der es wollte. Aber sehr viele von uns haben leider die Erfahrung gemacht, dass zu viele Enttäuschungen in ihrem Leben für sie nicht zu vermeiden gewesen sind. Und deshalb brauchten sie auch das, was ich vorher schon genannt habe: Sie brauchten die Ersatzbefriedigung, die ihnen zugänglich gemacht worden waren.
Noch einmal auf den Punkt gebracht: Unsere nicht glücklich gemachten Kinder sind sehr wohl zu etwas nutze. Als Erwachsene, die dann ihr eigenes Geld verdienen, dann können sie nach den Enttäuschungen, die sie sich im Leben haben zufügen lassen  zu den Ersatzbefriedigungen greifen, die ihnen eine ganze Armee von Herstellern nur zu gerne anbietet. Konsum auf der ganzen Linie anstatt selbst erfahrbaren Glückes.
Denn hätten wir mehr glückliche Menschen, aber dann würde die Wirtschaft ja auch stagnieren, wenn niemand mehr das Bedürfnis hätte, den gesamten unnötigen Schrott  für sein Geld zu kaufen.
Denken Sie mal darüber nach! Denn wenn wir in dieser Richtung nicht selbst etwas T U N,
dann glaube ich nach dem bisherigen Auftreten des Menschen dass es ein Fehler der Natur war, den Menschen zuzulassen. Sie hat  viel mehr als einen kleinen Rechenfehler begangen: Ein Attentat auf sich selbst. 
 
Don

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.01.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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