Wenn ich einmal sterben müsste - wer kann das für sich selbst schon ausschließen? - also, wenn ich einmal sterben müsste, ließe ich mich jedenfalls verbrennen. Nicht aus irgendwelchen ideologischen Beweggründen (Beweggrund im Zusammenhang mit Sterben halte ich übrigens für reizvoll) oder, weil ich nicht gerne in feuchter Erde liege, nein, aus einer ganz anderen Überlegung heraus, einem Plan, der ansatzweise sogar etwas mit Rache zu tun hat.
Das ist so: Ich bin geradezu süchtig danach, dass mich die Leute mögen, um nicht zu sagen, ins Herz schließen, weil ich eben ein harmoniebedürftiger Mensch bin. Aber da finden sich immer wieder einige Mitleute, wenn ich sie so nennen darf, die können mich nicht riechen oder einfach nicht schmecken, wie wir einfühlend auf dem Lande zu sagen pflegen. Ja, und darum lasse ich mich verbrennen. Das sei jetzt keine erschöpfende Begründung, meinen Sie? Nun gut, ich fahre fort, das heißt, ich fahre nicht fort, sondern erläutere weiter.
Meine Asche sollte beim Huberbauern zur Düngung auf den Kartoffelacker gestreut werden, so würde ich in gewisser Weise selber zum Erdapfel, zumindest zu einem Teil von ihm. Die vermutlich bestens herangereiften Knollen würden dann den huberbauerischen Schweinen zur gedeihlichen Mast vorgeworfen werden. Somit würde ich Teil dieser Borstentiere, quasi selber eine Sau.
Jetzt betreibt der Huberbauer, das muss man wissen, auch ein Gasthaus und zum Huber in seiner Eigenschaft als Wirt gehen ausgerechnet die Leute, die mich nicht mögen, die mich nicht schmecken können.
An einem Sonntag, auf den ich mich schon kindisch freue, werden die Leute bei der Wirtin, der Huberbäuerin, Schweinsbraten bestellen. Und weil die Frau, wie weit über die Dorfgrenzen hinaus bekannt ist, ausgezeichnet kocht, werden die Leute nach dem Essen einander zunicken und sagen: Das hat heute aber besonders gut geschmeckt. Ich denke, jetzt könnte ich Frieden ruhen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.01.2014.
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