Wilhelm Westerkamp

Falsche Wahrnehmung ?

Er war nicht der Einzige gewesen, dem es schlecht erging! Seine Haare ergrauten in den letzten Jahren zunehmend und sein Gesichtsfarbe wurde blasser und blasser. Auch einige Kilos zu viel um die Taille, konnte man gut erkennen und trugen zu seinem negativem Gesamtbild entscheidend bei. Schon etliche Male versuchte er, seine schlechten Seiten zu bekämpfen, sie aus seinem verkorksten Leben vollständig zu verbannen.
Als er sich jetzt seine grauen Haare im Spiegel besah, vermittelte seine bleiche Gesichtsfarbe, einen ungesunden Eindruck, so dass er sein Spiegelbild nur verzerrt wahr nahm.
Am liebsten hätte er die Augen davor verschlossen, doch er musste immer wieder hinsehen – es war wie ein Zwang, der ihn dazu nötigte. Manchmal jedoch lachte er auch dreckig, wenn er wieder einmal vor dem Spiegel stand. Aber es war kein echtes Lachen, eher war es gekünstelt, dem Teufel wohl verwandt und so ähnlich fühlte er sich auch!
Doch er konnte sich nicht neu erfinden! Lieber wäre er ja ein großer braungebrannter Mann – doch daraus wurde nichts, da er klein von Gestalt und seine Hautfarbe, bald krankhafte Züge annahm. Jene Blässe, die er nicht im Geringsten mochte, ja, die er verabscheute wie schlechtes Essen.
Er meinte zu wissen, das die Leute in seinem Ort, ihn aufgrund seines blassen Teints, als krank einstufen würden und ihn deshalb meiden würden, obwohl er dies weder beweisen, noch vermuten  konnte.
Ja, so ein Sunnyboy, den alle Frauen mögen, wird aus ihm wohl nicht mehr werden. Denn solche Sunnyboys verspüren Kraft und Eleganz und sind meistens braun gebrannt, als wären sie ständig im Urlaub, werden sie aber mehrfach die Woche unter ein Solarium gehen, um ihre knackige Bräune auch auf dem künstlichem Wege zu erlangen. Aber jene Sunnyboys - hin oder her - auch blasse Gestalten, wie er es nun einmal ist, gehören zu unserer Gesellschaft wie jeder andere und müssen sich vor ihren Mitmenschen nicht verstecken. Diese Eigenwilligkeit der Natur und ihre kapriziöse Laune, so ein blasses Geschöpf aus ihm gemacht zu haben, lassen „Rachegedanken“ an seinen Schöpfer hochkommen, doch der liebe Gott ist nirgends zu sehen und auch nicht zu spüren, allenfalls in der magischen Einbildung, es könnte ihn vielleicht doch geben, was ihn aber sicher kaum weiter bringen würde.
Sein Selbstwertgefühl, war wieder gleich null und so fühlte er sich auch. Denn er wollte keine Bäume mehr ausreißen, wie es gesunde junge Männer in seinem Alter zu tun pflegten. Er verspürte jedoch keinerlei Lust dem nachzueifern, merkte er doch schon bald, das eine aufkommende Depression ihn zu peinigen trachtete und er all seine Vorhaben, vorerst ad acta legen musste.
Als er ein weiteres Mal vor seinem Spiegel stand und seine bleiche Gestalt mit Argwohn betrachtete, in dem schwachen Licht dort, kam er sich vor wie ein „toter Mensch“, als ein Schwarm roter Maden, sich in seinen Augenwinkeln tummelten und sie gefräßig vertilgten. Das Kuriose daran war aber, als die Maden ihm sein Augenlicht nahmen, brauchte er niemals wieder im Spiegel sein blasses Gesicht zu betrachten und somit sich auch nicht mehr davor ekeln zu müssen.
So wurde er dennoch ein glücklicher Mensch, auch ohne Augen in den Augenhöhlen, wo man nun, einen Finger hätte mit Leichtigkeit hinein stecken können. Mit diesem Umstand jedoch, konnte er nun beinahe sorgenfrei leben, weil ihm die gefräßigen Maden hatten erblinden lassen, so dass alles anderes gekommen ist, wie er es sich in seinen kühnsten Träumen, wohl nicht hat vorstellen können.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.01.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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