Stefanie P.

Ein schöner Tag

Es ist ein ganz normaler Wochentag, ich stehe um 06:00 in der Früh auf, reiß die Vorhänge auf und begrüße einen sonnigen Augusttag. Noch etwas schlaftrunken begebe ich mich ins Badezimmer und wasch mir die letzten Sandkörner einer viel zu kurzen Nacht aus den Augen, putz mir die Zähne und zieh mich an. Dann geht es los, ab ins Büro, juhuu.
Wie zigtausend weitere Arbeitnehmer reihe ich mich mit einem Kaffee-to-go in die Wartenden an der U-Bahn ein und lass mich von der Musik meines MP3-Players bedudeln, während ich mit apathischem Blick vor mich hinstarre.
Kling Klang Klong, eine Durchsage. Missmutig stelle ich meine Musik auf Pause und puhle mir einen Kopfhörer aus dem Ohr.
"Liebe Fahrgäste der MVG, auf Grund eines technischen Defekts wird die nächste U-Bahn in Richtung Laimer Platz voraussichtlich 20 bis 30 Minuten Verspätung haben. Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten und danken für Ihr Verständnis."
Klasse (und überhaupt, was für ein Verständnis?)…derweilen füllt sich der Bahnsteig mit immer weiteren Berufstätigen, die Stimmung wird gereizt, die ersten fangen an, hektisch ihre Handys aus den Anzug- und Handtaschen zu wühlen, stürmen die Rolltreppen hinauf und fangen die ersten Taxis ab.
Mit sinkender Motivation lasse ich mich von der Masse in Richtung Ausgang treiben und steige in den Bus zum Ostbahnhof ein. Dort drinnen fühlt man sich wohl…so wohl wie eine Sardine einer Büchse, welche gerade bei 200 Grad im Ofen gebacken wird. Aber einen Vorteil hat es….man kann nicht umfallen, egal was passiert. Der menschliche Airbag würde einen abfedern. Gibt es eigentlich eine maximale Anzahl an Fahrgästen, die offiziell in einem Bus mitfahren dürfen?
Egal, der Bus rumpelt durch den morgendlichen Berufsverkehr, die Musik dudlet und ein erfrischendes Gemisch aus Schweiß und zu viel Parfüm steigt mir in die Nase. Mein Kopf fängt langsam an zu schmerzen, kleine Schweißperlen kleben mir auf Grund der Hitze an der Stirn und ich bete zu einem mir unbekannten Gott, dass der Bus endlich ankommt.
20 Minuten später bin ich am Ostbahnhof. Umsteigen ist angesagt. Wieder lasse ich mich von der Masse in Richtung Bustür treiben, es wird gedrängelt, geschimpft und gequetscht, jeder möchte am liebsten als erstes aussteigen und die draußen Wartenden möchten natürlich auch gleichzeitig noch einsteigen.
 
Ein schöner Tag.
 
Ich steige aus, meinen Kaffee immer noch ungetrunken in der Hand (wie hätte ich den Pappbecher auch zum Mund bewegen können, so eingequetscht wie ich wahr?) und schau auf die Anzeige…VERFLUCHT, in einer Minute geht mein Anschlussbuss. In dem Augenblick, in dem ich auf die Anzeige schaue, ändert diese sich auch schon. Statt der freundlichen 1 steht nun eine bösartige 0 dort und scheint mich hämisch anzugrinsen.
Ich nehme meine Beine in die Hand und laufe. Man kann sich sicherlich vorstellen, wie gut man in 8cm Absätzen und einem engen Rock über Kopfsteinpflaster laufen kann….Ich weiche wie ein Hindernisläufer den Menschen aus, welche mich von der Tür meines Busses trennen. Ich schaffe es, die Tür ist noch offen, ich schaffe es….die Tür schließt sich in dem Moment, in dem ich meine Hand danach ausstrecke, der Bus blinkt und fährt davon. 10 Minuten warten. Eigentlich wollte ich um 7 in der Arbeit sein…
 
Ein schöner Tag.
 
Allmählich tauchen die ersten Schulkinder auf, vermehren sich heuschreckenartig, lachen, schubsen sich, spucken auf den Boden….mein Bus kommt, nur schnell rein.
Nichts da. Um mich herum mehrere Dutzend vollgepackter Rucksäcke und Schulranzen, ich werde in den Bus, welcher normalerweise, wenn ich drei bis vier Busse früher erwischt hätte, leer und angenehm gewesen wäre, reingedrängt und stehe, beinahe so eng, wie zuvor mitten in einem Meer aus Taschen und Rucksäcken. So gern ich Kinder auch mag, in diesem Moment lerne ich sie zu hassen. Ein Kind wird geschubst, das nächste fällt um (mich wundert es immer noch, wie es überhaupt umfallen konnte), alle schreien und brüllen durcheinander, jeder möchte lauter als der andere sein, dem Kind neben mir wird auf die Schulter geklopft, es lacht, dabei fällt ihm sein Kaugummi direkt auf meine frisch geputzten Schuhe…DANKE…
 
Ein schöner Tag.
 
Endlich an meiner Haltestelle angekommen, steige ich aus, verschwitzt, meine Haare stehen mir zu Berge, der Kaugummi auf meinem Schuh ist rosa. Ein paar Angestellte meiner Firma werfen mir einen kritischen Blick zu, ich habe das Gefühl, auszusehen, wie eine Vogelscheuche. All die Mühe in der Früh…vergebens.
Ich gehe zum Eingang, werfe einen letzten, verzweifelten Blick in Richtung des Parks, welcher sich neben meinem Gebäude ausbreitet und von dem ich weiß, dass, wenn ich ihn durchquere, ich auf der anderen Seite zu einer U-Bahn komme…nicht meine U-Bahn, sie fährt in eine andere Richtung, aber es ist eine U-Bahn…Ein Gefährt um mich hier fort zu bringen…. Aber nein, ich muss da jetzt rein. Die Vögel zwitschern und der klare, kalte Bach fließt stetig vor sich hin gurgelnd in den Park. In meinem nächsten Leben möchte ich eine Ente sein.
Ich betrete das Gebäude, krame in meiner Handtasche und….habe meinen Mitarbeiterausweis daheim vergessen…
 
Ein schöner Tag
 
Die Pförtnerin grinst hämisch und füllt das Besucherzettelchen aus, allerdings nicht, ohne mich dabei mit einer ihrer Anekdoten zuzutexten und mich strafend zu fragen, warum ich heute so spät bin…warum hab ich nur meinen Ausweis nicht dabei? Zähnefletschend lächelnd bedanke ich mich, nehm den Zettel und begebe mich zum Aufzug. Dort hängt auch schon, zum dritten Mal diese Woche und zum 20. Mal diesen Monat, das Schild "Wegen Inspektion Außer Betrieb" Wie lange braucht man eigentlich, um einen Aufzug zu überprüfen?
Nachdem ich mich die 4 Stockwerke die kurvenreiche Treppe hochgequält habe, (ihr glaubt gar nicht, wie toll es ist, mit Stilettos und einem engen Rock eine Treppe hinauflaufen zu müssen) empfängt mich auch schon mein Chef (als hätte er auf mich gewartet) schaut mich an, schaut auf die Uhr "Hast du heut ausgeschlafen?"
Ich fabriziere ein nicht gerade überzeugendes, gequältes Lächeln. "Nicht wirklich…" noch ehe ich ihm meine Geschichte erzählen kann, gibt er mir einen Wink
"Komm gleich mal mit, wir haben einen neuen Auftrag"
Neuer Auftrag? Schon wieder? Innerlich stöhne ich nur noch und wünsche mir nichts sehnlicher, als hier wieder verschwinden zu können. Den Becher mit dem mittlerweile kalt gewordenen Café to go habe ich immer noch in der Hand.
Also betreten wir das wunderbar ausgelegte, runde Großraumbüro mit den angeblichen Schallschutzwänden, welche sich, eine Stunde nach dem Aufstellen als Pinnwände mittlerer Größe entpuppt haben, und wollen in sein Büro gehen, als bereits ein Kollege auf mich zurast. "Es ist fünf vor acht, wo sind meine Zahlen?"
Hallo? fünf vor acht…die meisten meiner Kollegen sind noch nicht einmal aus dem Bett gekrochen!
"Gleich, lass mich erstmal ankommen, dann hab ich einen Termin, dann mach ich deine Auswertungen"
Mir wird ein tödlicher Blick zugeworfen und ich stecke in meiner Fantasie eine weitere Nadel in die Voodoopuppe an meinem Schreibtisch.
 
Ein schöner Tag
 
"Komm, lass dich nicht ärgern, wir haben von unserem neuen Vorstand einen eiligen Auftrag, der heute noch bearbeitet werden muss, am Besten bis heute Mittag."
BIS HEUTE MITTAG? Ungläubig starre ich meinen Chef an, dieser lässt einen irritierten Blick über das rosa Accessoire auf meinem Schuh schweifen und nickt. "Hier ist der Auftrag, mach dich am Besten gleich dran."
"Und was ist mit den regelmäßigen Reportings? Heute ist Montag, Monatsanfang und die Bestände unseres Leitsystems sind zum Auswerten da."
"Die kannst du ja nebenbei machen, ist doch kein Problem." mit diesen Worten werde ich aus dem Büro raus komplimentiert und setze mich an meinen Arbeitsplatz. Mitten in einem Großraumbüro, in dem nicht nur Programmierer wie ich sitzen, nein, das wäre auch zu schön, um wahr zu sein. Der Hauptanteil der Kollegen hat die Aufgabe zu telefonieren, und nicht wenige davon machen es privat…
Ich schalte meinen Rechner an, Ein Update wird gestartet…1 von 25….Ich schließe die Augen und zähle bis zehn, das kann doch einfach nicht wahr sein.
Nun gut, ich nutze die Zeit, ziehe meinen teuren Lederschuh aus, schnapp mir ein Taschentuch und versuche meinen heiligen Schuh vom rosa Kaugumimonster zu befreien. Nur mit Mühe und Not bewerkstellige ich dieses, aber ein deutlicher Fleck auf dem schwarzen Wildleder ist unübersehbar…
 
Ein schöner Tag.
 
Eine halbe Stunde und einen weiteren Besuch meines Kollegen, welcher unbedingt Zahlen von mir braucht später, ist mein Rechner endlich hochgefahren und ich bin angemeldet. Gewissentlich starte ich eine regelmäßige Auswertung und mache mich, während diese läuft, daran, meinen neuen Auftrag zu programmieren.
Von wegen einfach…ich muss eine menge Gehirnschmalz reinstecke…Ich muss…
"Ja…genau, das Sommerkleid von Esprit in Größe 34, in welcher Filiale kann ich es abholen?" Meine Kollegin hinter der Schallschutz-Pinwand ist soeben angekommen. Und nicht nur sie. allmählich füllt sich das Büro und weitere Geräusche gesellen sich zu der Kleiderbestellung dazu.
"Willkommen bei Expressions, bitte geben Sie Ihr Passwort ein….Sie haben eine Neue Nachricht des Types Sprachnachricht. Um diese abzurufen, wählen Sie die 3…." WARUM KANN MAN SEINEN AB NICHT OHNE LAUTSPRECHER ABHÖREN?
Tut tut tut tut tut "ist wohl keiner da" entweicht es mir genervt nach dem 10. tut Geräusch. Der Hörer wird lautstark aufgelegt.
"Nein, Stefan, du gehst zur Krankengymnastik. Stefan, wenn du das nicht tust, dann gibt es Ärger, wenn ich nach Hause komme…" Ah, meine Kollegin aus dem Kostencontrolling ist also auch schon da und ihr Sohn macht mal wieder Probleme…sehr interessant….
 
Ein schöner Tag
 
Ich hole meinen MP3 Player aus der Tasche und stopfe mir die Kopfhörer in die Ohren, dann stelle ich die Musik so laut, wie meine Ohren es aushalten. Doch leider ist nichts laut genug, um die Italiener zu übertönen, welche soeben in das Großraumbüro einmarschieren. Zwei davon unterhalten sich prächtig auf italienisch, einer telefoniert, ich weiß nicht, ob er italienisch oder englisch spricht, vielleicht eine Mischung? Auf jeden Fall kommt er auf mich zu und setzt sich auf meine Schreibtischkante, ehe er auflegt.
"E…Steffi….wire brauchene eine paar neue Zahlen…eeeee in einer Stunde haben wir das Meeting, kannst du mir eee die Zahlen neu rauslassen? eeeeee und eee nächsten Monat isteeeee das Oktoberfesteeeee, trägst du eeee da auch eine Dirndel eeeee?"
Warum müssen Italiener immer so viele es an alles dranhängen? Ich schau ihn skeptisch an. An sich mag ich Tiziano ja, aber er sollte mir endlich mal in meine Augen sehen und nicht in die Augen, welche ich unter meiner Bluse verborgen habe.
"Für genauere Zahlen brauch ich ein bisschen. Das schaff ich jetzt nicht auf Anhieb."
Er grinst und rückt seine goldumrandete Brille zurecht. "weree brauchtee genauereee Zahlen? Gibeee mir einfach eee eine grobee Zahleeeee"
Ich liebe die Italiener. Wenn er eine grobe Zahl möchte, wieso nimmt er nicht die von letztem Freitag? nun ja, ich öffne die Datei, mache eine Expertenschätzung (Daumen drüber und passt scho) und gebe sie ihm. Glücklich zieht er ab, aber gleich hinter ihm taucht mein Kollege auf, welcher immer noch auf seine Zahlen wartet. In diesem Moment fällt mir meine Voodoopuppe wieder ein und ich werfe ihm wohl einen mehr als nur tödlichen Blick zu, denn er bleibt steht, zieht die Augenbrauen hoch, hebt beide Hände abwehrend und meint: "Ich wollte ja nur fragen." nach einem weiteren Blick von mir zieht er wie ein geschlagener Hund von dannen.
"Jetzt sei doch nicht immer so fies zum Max." erklingt die fröhliche Stimme meines Sitznachbarn.
Ich? Fies? Ich spüre, wie sich meine Augen wie von selbst zu schmalen Schlitzen zusammenziehen.
"Himmel, bist du gestresst, du brauchst echt mal wieder einen Mann."
WAS ZUM HENKER HAT MEIN SINGLEDASEIN MIT DIESEM TAG UND MEINER LAUNE ZU TUN?
 
Ein schöner Tag
 
Ich atme tief durch, ignoriere ihn und schicke das Ergebnis meiner ersten, durchgelaufenen Auswertung raus. Konzentration…ein durchgehendes Piepen reißt mich nach fünf Minuten aus dem Konzept. Mein Kollege gegen über von mir wedelt wie wild mit den Armen und ich reiße mir meine Kopfhörer aus den Ohren. "WAS IST?" frage ich ungehalten.
"Feueralarm. Wir haben jetzt Feuerschutzübung…Du bist die Stockwerkverantwortliche, schon vergessen?"
Ich frage mich, ob man mit 29 schon an Bluthochdruck sterben kann.
Alle schauen mich erwartungsvoll an, ich verdrehe die Augen, steh auf, werfe einen Blick auf die Uhr…es ist kurz vor zehn.
Mit den Armen wedelnd fange ich meine Kollegen ein, treibe sie zusammen wie ein Schäfer seine Schafe und führe sie zum Treppenhaus…ein paar wollen mit dem Aufzug fahren. "Nein, ihr geht den Fluchtweg. Kommt schon, lasst uns das schnell hinter uns bringen…wo ist Max?"
"Der sitzt noch in seinem Büro" kommt der Kommentar eines  Kollegen.
"Ok, geht schon mal runter, ich hole ihn." vor mich hin schimpfend und in Gedanken eine weitere Nadel zur Puppe zufügend stapfe ich zurück und geh in das Büro meines widerspenstigen Kollegen. "Feueralarm, komm schon Max, wir müssen runter, ich muss euch alle abliefern, sonst hat unser Stockwerk Tote zu melden."
"Ich bleib hier und röste ein wenig. Melde mich ruhig als tot, aber ich muss hier noch was fertig machen."
Will mich eigentlich jeder verarschen? Ich atme tief durch. "Max, entweder du kommst jetzt, oder ich rolle dich auf deinem Stuhl persönlich die Treppe runter."
"Mal wieder etwas aggressiv, was?" Er steht langsam auf, packt sein Zeug zusammen, schnappt sich ein Zigarillo und läuft gemütlich, die Hände in den Taschen, die Treppen runter. "Du hast da einen Fleck auf deinem Schuh, ist dir das schon aufgefallen?"
 
Mein Sitznachbar kommt auf mich zu, klopft mir auf die Schulter. "Ruhig, ganz ruhig Steffi."
Ich atme tief durch, schleife die restlichen Kollegen aus dem Notausgang, unterschreibe draußen das Protokoll als Stockwerkbeauftragte und bekomme zu hören: "So lange, wie Sie gebraucht haben, wären schon alle verbrannt."
Ich sage nichts mehr dazu und versuche den Hühnerhaufen meiner Kollegen auf dem großen Sammelplatz zusammen zu treiben. Mindestens die Hälfte fehlt. Als ich nach ihnen frage kommt nur die Antwort: "Die sind einen Kaffee trinken gegangen."
"Und wo ist Max?" frage ich genervt.
"Der ist wieder hoch." antwortet mein Sitznachbar und fügt hinzu: "Ruhig, ganz ruhig."
Hallo? Bin ich ein Hund, der beruhigt werden muss? Wenn mir noch mal einer sagt, ich soll ruhig bleiben, schepperts. Ich merke, wie ich dämlich grinse und mein Kollege wirft mir einen verstörten Blick zu.
Die Ersthelfer gehen rum, zählen die Leute, ich bekomme die Frage gestellt, wo denn meine Leute geblieben sind und dass ich als Stockwerkbeauftragte besser auf sie aufpassen sollte. Ich winke ab. Ich habe schlicht und ergreifend keine Lust mehr, mich aufzuregen.
Eine dreiviertel Stunde später dürfen wir wieder hoch. Ich setze mich vor meinen Rechner, überprüfe meine letzte Abfrage und erhalte die Meldung "Server died unexpectedly"
Ich liebe unsere suizidgefährdeten Server der Marke "Steinzeit und CoKG"…Mein Chef kommt auf mich zu. "Und, bist du schon fertig? Ich brauche die Daten gleich."
 
Ein schöner Tag.
 
Ich schreibe eine mail an den Verantwortlichen für unsere Datenbank und frage ihn, ob es möglich wäre, den Server wieder zu beleben. Zwei Minuten später kommt die Antwort
"Dafür bin ich leider nicht zuständig, bitte schreiben Sie eine mail an das Datawarehouse Postfach."
Ich nehme meine mail, leite sie an das Postfach weiter und warte. Zehn Minuten später die Antwort:
"Für dieses Datawarehouse sind wir leider nicht zuständig."
ARRRRRGGGGHHH, ok, ich mache ein Ticket bei unserem User Helpdesk auf. Weitere fünfzehn Minuten später kommt der ersehnte Anruf.
"Hallo…Sie haben eine Störung gemeldet?"
"Ja, unser Datawarehouse hat sich verabschiedet mit der Fehlermeldung Server died unexpectedly."
"Äh…was ist ein Datawarehouse?" (wie bitte? der Kerl vom User Helpdesk weiß das nicht? Hallo? Wie ist der an seinen Job gekommen?)
Ich erkläre ihm geduldig, was das ist und frage ihn, ob er einen Kollegen kennt, der sich vielleicht etwas besser mit meinem Problem auseinandersetzen kann.
Antwort: "Ich forsche nach." na immerhin etwas.
Ich lauf zu meinem Chef und beichte ihn, dass auf Grund unserer wunderbaren Technik die Auswertung länger dauert.
"Kein Problem, dann will ich sie aber heute Abend haben."
Ich zucke mit den Schultern. "Wenn unser Server bis dahin wieder läuft…"
Er winkt ab. "Das schaffst du schon."
 
Ein schöner Tag
 
"Nein, sag der Putzfrau, sie soll die Lampen im Keller dieses mal aus machen…." ich stopfe mir die Kopfhörer in die Ohren und das private Telefonat meiner Kollegin verstummt zu einem dumpfen Hintergrundgeräusch von Rammsteins "Zerstören"
Nach gefühlten 2 Stunden und tatsächlichen 40 Minuten fängt mein Kollege gegenüber von mir wieder zu winken an. Ich hebe eine Augenbraue und nehm mir resignierend die Stöpsel aus den Ohren wo gerade Waldmanns Heil von Rammstein dudelt. In meinen Gedanken vollende ich die letzte Liedzeile: Die Kreatur muss sterben.
"Steeefffiiiiiiiii?"
"Ja?"
"Stör ich?"
"Blöde Frage."
"Wollen wir zum Essen gehen?"
Ich schaue auf meinen Monitor, auf den laufenden Dino, welcher meine Sanduhr ersetzt, grübel einen Moment mache eine abwinkende Geste und steh auf. "Lass uns gehen, ich hab die Schnauze voll."
Ich pack also meine Mitarbeitergastkarte, stehe auf, gehe mit meinem Kollegen zum Aufzug und verfluche mich zwei Sekunden später dafür, nicht einfach die Treppe genommen zu haben. "Ah, gut, dass ich Sie hier treffen, könnten Sie sich noch mal ein Reporting von mir ansehen, ich glaube ich habe da einen Fehler in der Access-Programmierung gemacht."
Meine Augenbraue rutscht nach oben, mein Magen fängt an den Chef der Nachbarabteilung wie wild an zu knurren. "Nach dem Mittagessen, ok?"
"Oh, das geht leider nicht, wir müssten das gleich machen, ich muss zu einem Meeting."
Muss denn hier jeder ständig und ununterbrochen in Meetings und braucht dafür vorher noch meine Hilfe? Ergeben werf ich die Arme in die Luft. "Dann lassen Sie uns doch schnell hinter uns bringen."
Mein Kollege raunt mir in ins Ohr "Ganz ruhig Steffi, das schaffst du schon, einfach nur ruhig."
Meine Fingernägel krallen sich in meine Handflächen. "Wenn ich noch einmal das Wort Ruhig von dir höre, stell ich dich ruhig…für immer." zische ich zurück und lasse meinen fröhlichen Kollegen verwirrt am Aufzug stehen, während ich dem Chef der Nachbarabteilung folge.
Das unlösbare Access-Problem entpuppt sich als "ich weiß nicht, wie man einen Filter setzt". Augenverdrehend stell ich dem guten Mann den gewünschten Filter ein, erstelle noch ein zwei Muster Abfragen und begebe mich wieder zu meinem geduldig vor dem Aufzug wartenden Kollegen. "Lass uns die Treppe nehmen."
Er grinst und wir stürmen die Treppe hinunter, ehe uns noch jemand anderes aufhalten kann. Ich freue mich bereits auf ein gutes Kantinenessen, denn im Gegensatz zu vielen anderen Kantinen in Deutschland ist die unsere eigentlich immer gut. Meine Laune bessert sich, als ich das Angebot sehe. Lasagne.
 
Ein schöner Tag. (diesmal ernst gemeint)
 
Ich schnappe mir also einen Teller voll mit köstlicher Lasagne, geh zur Kasse, zahl das Ganze, dreh mich um und werde zusammengerannt. Wie in Zeitlupe fliegt die Lasagne auf mich zu und landet mit einem Platschen auf meiner weißen Bluse, während das Tablett mit dem Wasser anderweitig das Weite sucht. So steh ich dann da. Und der Verursacher? Nun, der nette junge Mann in Anzug und Krawatte geht auf mich zu. "Entschuldigung. Das war keine Absicht." und geht. ER GEHT! KEINE ABSICHT? HALLO? Ich gebe es auf mir die Flecken mittels billiger Papierservierten wegwischen zu wollen, ramme mein Tablett und die aufgesammelten Scherben auf das Rückgabelaufband, gebe meinem Kollegen ein Zeichen und kehre zurück ins Büro, dann gibt es heute eben kein Mittag.
 
Ein schöner Tag (ja, echt toll…)
 
Ich kehre also in unser Gebäude zurück, versuche vergebens auf der Toilette den Fleck auf meiner Bluse zu entfernen. Letztendlich gebe ich auch diesen Versuch auf und zieh mir meinen Blaser darüber. Es ist ja nicht so, als wäre es warm. Nein, die Klimaanlage macht in unserem Büro genau das, was sie jedes Jahr im Sommer macht….sie heizt. Aber im Winter…uh ja, da kühlt sie, da könnte man Pizza im Schrank lagern und dort tiefkühlen.
Vor mich hin schwitzend begebe ich mich zu meinem Arbeitsplatz. Zumindest funktioniert unsere Datenbank wieder. So schnell wie nur irgend möglich erledige ich meine Arbeit und schicke die Auswertungen raus. Meine Kollegen sind mittlerweile alle wieder vom Mittagessen zurück è der Geräuschpegel steigt wieder auf den einer vollbesetzten Baustelle…inklusive aller Gerätschaften.
"Uh ja, das ist der höchste Süßwassersee…"
"Oh nein, das Internet geht grad nicht…" (wozu zum Henker brauchst du das Internet? Arbeite und hör auf einzukaufen)
"Wie bitte? Ich soll das Auto bei Ihnen abholen? Nein, Sie bringen es mir!" (ja, mit den Öffentlichen zu fahren, kann schlimm sein, ich versteh dich, Mädchen)
"Ja, ich hab gehört bei uns gibt es nur noch einen Mitarbeiter, der nicht AT verdient…" (ja, das bin ich, ihr Schnösel, ICH bin die Billig-Arbeitskraft)
"Ist doch mal schön gewesen, dass die EDV nicht funktioniert hat, schade, dass jetzt alles wieder geht…" (dazu sage ich gar nichts mehr)
"Willkommen bei Expressions, Sie haben 3 neue Nachrichten des  Typs Sprachnachricht, um diese abzuhören, drücken Sie die 1…." (ARRRRRGGGHHHHHH Headset aufsetzen oder Hörer in die Hand nehmen kann doch nicht so schwer sein)
"Knock knock knocking on heavens doooooorrrrrrrr yeah yeah yeahyeahyeah…." (Handy auf lautlos stellen ist auch kompliziert, oder?)
Tief durchatmen, nur noch zwei Stunden, dann ist alles vorbei und du kannst heimgehen. Dieses Mantra bete ich fünf mal hintereinander runter und stopfe mir die Kopfhörer meines MP3-Players in die Ohren, als ich sehe, das mein Telefon wie wild zu blinken beginnt, auf dem Display erscheint die Nummer meines ChefChefs. Ich gehe ran und: "Könnten Sie bitte kurz in mein Büro kommen?"
"Aber natürlich, ich bin gleich da..." er legt auf…anscheinend hat er meinen ironischen Unterton nicht verstanden. Seufzend steh ich auf, schnapp mir meinen Block und…verdammt noch mal, wer hat jetzt schon wieder meinen Kugelschreiber geklaut?
Fluchend packe ich einen roten Filzstift und laufe über den Balkon hinüber in das schöne Büro meines ChefChefs. Dort sitzt eine Frau, welche man im groben Volksmund als "Schnittchen" bezeichnen würde. Lange blonde Haare, große blaue Augen, ein winziges Röckchen (oder ist das ein Lendenschurz?) und einem Leoparden-BH unter einer weißen Bluse (Entschuldigung, Blüschen). Sie lacht unecht und wirft ihre Wallemähne zurück, während sie den Arm meines ChefChefs berührt und sich vorbeugt. Das kann nur eines bedeuten…ARBEIT.
Strahlend schaut er mich an und grinst wie ein kleiner Junge, dem man ein Eis geschenkt hat. "Hallo, da sind Sie ja, darf ich Ihnen vorstellen, das ist Frau Bauer."
Bauer, Müller, Huber, ist mir egal, was will sie? Ich lächele und drücke das zierliche und manikürte Händchen der werten Dame, das sie mir so reicht, als erwarte sie einen Handkuss, während ich mich vorstelle. Sie erwidert mein Lächeln strahlend und schaut mich mit großen Augen an. Nachdem ich mich hingesetzt habe, legt sie ihre Hand auf meinen Unterarm und lächelt noch mehr. "Wie schön ist es doch, dass ich mit einer so sympathischen jungen Dame zusammen arbeiten kann."
Ich sehe sie skeptisch an, werfe ihrer Hand auf meinem Unterarm einen irritierten Blick zu und nicke. Glaubt sie, ich würde auf diese Masche reinfallen? Schau ich aus wie ein Kerl?
"Was kann ich für Sie tun?"
Sie fängt an….und ein einfacher Auftrag verwandelt sich in ein Wunschkonzert von der eierlegenden Wollmilchsau. Als ich frage, bis wann das Ganze fertig werden soll, strahlt diese werte Dame meinen ChefChef überglücklich an. "Ihr Chef hat gemeint, ich könnte schon morgen mit den Daten rechnen."
"MORGEN?" entfährt es mir und nun bin ich am Zuge, meinen ChefChef mit großen Augen anzusehen. Diese sind allerdings mehr als nur ungläubig.
Mein ChefChef nickt. "Das schaffen Sie schon, machen Sie sich gleich an die Arbeit, wir gehen jetzt noch einen Kaffee trinken, nicht war Celine?"
Celine…dieser Name passt zu dieser Schlange…ohne meine Verärgerung zu verbergen, packe ich mein Zeug zusammen und rausche aus dem Büro. Ich habe definitiv die Faxen dicke. (na gut, vielleicht liegt ein Teil meiner Aggression auch schlicht und ergreifend dran, dass ich heute noch nichts gegessen habe, aber wirklich nur ein sehr kleiner Teil davon…)
Mürrisch setze ich mich wieder an meinen Arbeitsplatz. Der Kollege gegenüber von mir schaut mich an. "Schau nicht so grimmig." sagt er grinsend. "Bist wohl im Stress."
"Ja, bin ich, du nicht?"
Er lacht. "Nein, ich nicht, bei mir ist alles locker, such grad nach einer neuen Festplatte für meinen Laptop."
"Willst du was zu tun haben?"
Er hebt abwehrend die Hände. "Nein, nicht jetzt, vielleicht kommt ja bald ein Auftrag, da muss ich mich freihalten. Wenn du was nicht schaffst, dann bleibts halt liegen."
Tolles Teamwork….ich verdreh die Augen und werfe ein trockenes "Danke für deine hilfreichen Worte." ein und er nickt großzügig, als würde er meine Ironie nicht hören. Allmählich habe ich das Gefühl, dass keiner in diesem Laden das Wort Ironie überhaupt einmal gehört hat.
Missmutig mach ich mich daran, den neuen Auftrag zu programmieren. Mein Kollege führt in der Zwischenzeit vier Telefonate (innerhalb von einer halben Stunde) in welchem er immer wieder ein und die selbe Geschichte erzählt: "Ja, ich hab grad telefoniert, mit dem Heiko und dem Stefan…Ja, natürlich REIN Dienstlich *lach*…weißt du was, ich hab mir Lufthansa-Aktien gekauft….für 9,36 Euro, jetzt stehen sie bei 10 Euro….nein, nur 30 Stück, ich bin ja kein Großaktionär….nein, die sind mir noch zu teuer…ja…ich hab den Ticker die ganze Zeit bei mir am Laufen, sobald ich einen Absturz sehe, kauf ich ein…nein, es ist grad recht ruhig, da kann ich das gut machen, ich hab schon lang nichts großes mehr bekommen…."
Nach dem vierten gleich klingenden Telefonat platzt mir der Kragen. "Du bekommst jetzt ein Lufthansa-Erwähnungs-Verbot." zische ich rüber.
Er schaut mich verdutzt an. "Ich werd doch wohl noch telefonieren dürfen."
"Schon, aber kannst du deine privaten Gespräche dann wo anders führen? Ich hab jetzt vier mal die gleiche Geschichte gehört und muss mich hier echt konzentrieren."
"Du bist ganz schön empfindlich in der letzten Zeit."
Nein, bin ich gar nicht, ich doch nicht, und es liegt auch bestimmt nicht am Stress oder an der ARBEIT, die ich erledigen muss. Es wird echt Zeit, dass man DIR endlich auch mal ein bisschen Arbeit gibt, schließlich verdienst du, nein, verdienen ist das falsche Wort, BEKOMMST du fast das Doppelte Gehalt wie ich….irgendwas mach ich falsch….ich werfe ihm also einen weiteren bösen Blick zu, schnappe mir demonstrativ meinen MP3 Player und stopfe mir die Hörer in die Ohren...Metallica…Whiskey in the Jar….ja, so ein Glas könnt ich jetzt auch gebrauchen…
 
Ein schöner Tag (hab ich schon lange nicht mehr erwähnt)
 
Der Nachmittag vergeht wie im Fluge und juhuuu, ich schaffe den Auftrag rechtzeitig fertig. Das kann ja nicht länger als zwei Stunden gedauert haben…ich schau auf die Uhr…viertel vor sechs. Ein weiterer Blick in das Büro verrät mir, warum in letzter Zeit keiner gestört hat. Es ist einfach keiner mehr da. Wahrscheinlich liegen sie alle in der Sonne am See…seufzend packe ich meine Sachen zusammen, werf mir meine Tasche über die Schulter und gehe in Richtung Aufzug….nein. Ich lächele. Den Fehler habe ich am Mittag schon einmal gemacht. Ich habe gelernt, dass es besser ist, nicht auf den Aufzug zu warten. Hier liegt eine Falle, die ach so wenige kennen. Wenn man stehen bleibt, ist man ein Opfer. Jederzeit, kann einer der Chefs aus seinem Büro kommen und sagen: "Ach, gut, dass ich Sie treffe, ich hätte da noch etwas….es muss bis morgen Mittag fertig sein."
Wie oft bin ich schon in diese Falle getappt? Ich kann es nicht mehr zählen. Aber nicht heute. Ich schau mich um wie ein Einbrecher, nur, dass ich hier ausbrechen will, eile über den Flur und in Richtung Treppe. Die ersten Stufen nehme ich in Höchstgeschwindigkeit. Kaum bin ich um die Ecke gebogen, höre ich, wie oben eine Tür auf geht. Ein Lächeln umspielt meine Lippen. Ich habe es geschafft. Freibad, ich komme. Glücklich lächelnd laufe ich weiter.
"Ach, gut, dass ich Sie hier treffe, zu Ihnen wollte ich gerade."
Verwirrt schüttel ich den Kopf, dreh mich um, schau erneut zu meinem ChefChef, der vor mir steht und frage mich, wie er es geschafft hat, mich hier abzupassen.
"Ich wollte gerade gehen…."
"Ach, das können Sie gleich, ich brauche Sie nur fünf Minuten."
Ich kenne diese Aussage. Fünf Minuten heißt nichts anderes als: "Ich habe da noch einen Auftrag für Sie."
Er lächelt mich aufmunternd an, wie man einen Hund anlächelt, wenn man etwas von ihm erwartet. Ich bin schon kurz davor ein Leckerli zu erwarten, dass er die Treppe hoch wirft. Da die Treppe leider viel zu eng ist, um schnell an ihm vorbei in die Freiheit zu rennen, gebe ich einen ergebenen Seufzer von mir und steige mit meinem Kaugummifleckbehafteten Wildlederpumps wieder die Stufen in die Höhe.
 
Verflucht soll dieser Tag sein…äh, ich meine "Ein schöner Tag."
 
Eine viertel Stunde später fahre ich meinen Rechner wieder hoch, erledige den nächsten, ach so eiligen Auftrag, stelle das Ergebnis in eine e-mail und…neeeeiiin, ich drücke nicht sofort auf senden. Ich habe hier eine Sendeverzögerungsmöglichkeit. Ganz blöd bin ich auch nicht. Ich weiß, dass mein ChefChef IMMER noch Fragen hat, egal, wie lang die Dokumentation zum Ergebnis seines Auftrages sind. Er liest die Doku nämlich gar nicht erst. Mir ist durchaus bewusst, dass ich in diesem Augenblick ein leicht verrücktes Grinsen auf meinem Gesicht trage, aber ich kann nicht anders. Ich stelle die Verzögerung auf eine Stunde, schalte nur den Bildschirm aus, packe meine Sachen zum zweiten Mal an diesem Tag und lauf so schnell ich kann die Treppe hinab. Keiner hält mich auf. Keiner kann mich mehr zurückhalten. Ich schaffe es. Da, die Pförtnerin, ich muss noch den Gastausweis abgeben…ich stell mich zu ihr, hör mir die gleiche Geschichte wie in der Früh an, während sie das Formular für die Rückgabe ausfüllt, während dessen werfe ich immer wieder nervöse Blicke in Richtung Aufzug und Treppe. Erst als ich Blut schmecke, wird mir klar, dass ich auf meiner Unterlippe gekaut habe. Die Pförtnerin gibt mir meinen Ausweispfand zurück und redet weiter. Ich höre schon gar nichts mehr, nicke nur und eile so schnell wie nur irgend möglich aus dem Haus. Vor der Tür angekommen, komm ich in Versuchung, meine Arme hochzureißen und in Triumph aufzuschreien, verkneife es mir aber und eile weiter. In diesem Augenblick erklingt ein ohrenbetäubendes Donnern und ein Blitz in der Helligkeit der Sonne spaltet den dunkel verhangenen Sommerhimmel. Wo bei allen Göttern kommen diese verfluchten Wolken her? Und als wenn diese dicken, fetten, schwammigen Wolken auf diesen Gedanken gewartet hätten, fängt es innerhalb von einem Augenblick an in Strömen zu regnen.
Binnen Sekunden bin ich bis auf die Haut durchnässt (vielleicht geht ja der Lasagnen Fleck durch diese Dusche weg?), meine langen Haare lösen sich aus der Frisur und ich fühle wie meine Wimperntusche sich in dunklen Bächen von meinen Wimpern verabschiedet.
 
Ein schöner Tag.
 
Missgelaunt stöckel ich in Richtung Bushaltestelle und fahre nach Hause. Ein Kleinkind zeigt mit großen Augen auf mich und versteckt seinen Kopf im Schoß der Mutter. Es weint. Ein paar Mädchen im Teenageralter, gestylt, perfekt geschminkt und frisiert, grinsen und fangen an zu tuscheln. Aber hey, ich hab einen Sitzplatz. Bei der nächsten Haltestelle steigt ein junger Mann ein, setzt sich neben mich und sieht mich mit mitleidigem Blick an. "Scheiß Tag gehabt, was?"
Ich heb eine Augenbraue, meint er das ernst? Mein Blick rutscht zu dem Taschentuch, das er mir reicht. Ist dort ein Kaugummi versteckt? Ist es mit Essigsäure getränkt? Irgendetwas stimmt hier nicht. Er lächelt aufmunternd und eine dunkelbraune Locke seiner dichten Mähne fällt ihm ins überaus ansehnliche Gesicht.
"Kann man so sagen." murmel ich und greif zögernd nach dem Tuch. "Danke." ich beginne mir das Gesicht abzuwischen und fühle mich irgendwie beobachtet.
"Darf ich dir helfen?"
Fassungslos öffne ich den Mund, weiß aber gar nicht, was ich sagen soll, schließe ihn wieder und reiche ihm das Taschentuch zurück. Er nimmt es. "Schließ deine Augen."
Mit unglaublich zärtlicher Hand wischt er mir die Wimperntuschewasserfälle aus dem Gesicht, streicht mein Haar zurück und grinst, als ich die Augen wieder öffne.
Hat er mich etwa angemalt? Alles noch schlimmer gemacht? Nein, schlimmer wäre es nicht mehr gegangen.
"Danke." krächzte ich und er nimmt Hand. "Ich bin Markus und muss hier aussteigen. aber ich würde mich freuen, wenn du mich mal anrufst." Mit diesen Worten zückt er einen Kugelschreiber und schreibt seine Nummer auf meinen Handrücken. "Aber nicht nass werden lassen." er grinst, drückt mir einen Taschenschirm in die Hand und steigt aus. "Den will ich wieder haben." ruft er noch, dann schließt sich die Bustür.
 
Ein schöner Tag. (diesmal ernst gemeint)
 
Während ich jetzt so über diesen Tag nachdenke, frage ich mich, ob wirklich jedes dieser Ereignisse von Nöten war, um Markus kennen zu lernen, oder ob das Schicksal sich einfach nur einen riesen Spaß mit mir erlaubt hat…
 
 
 
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.02.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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