Jana Weiß

Das brennende Haus



 

Es ist noch früh am Morgen, für mich die ruhigste und die schönste Zeit des Tages. Ich werde geweckt durch ein sanftes, noch zögerliches Morgengrauen, welches sich an den Fenstern zeigt, die Lamellen der Jalousie überwindet und Halt macht in meinem Gesicht. Die Jahreszeit spielt dabei keine Rolle, nur das Aufstehen regelt sich hierbei um jeweils eine halbe Stunde, aber immer noch früh genug, um keinem begegnen zu müssen, keinen Guten Morgen zu sagen, und wenn man schlecht geschlafen hat, diesen auch so gar nicht zu meinen. Für mich bedeutet es Ruhe, einen starken heißen Kaffee und wenn die Filter einmal ausgegangen sind, diesen auch gern türkisch. Nur stark muss er sein und sehr heiß, mit einem kräftigen Schuss Milch und dem roten Plastiklöffel darin, um die Köstlichkeit umzurühren. Ich mag keine Besteckteile aus Aluminium, und die aus Edelstahl werden zu heiß, wenn man den Löffel zu lange in der Kaffeetasse belässt. Dampfend steht er nun vor mir, direkt am Computer, den ich fast zeitgleich mit dem Kochen des Kaffees gestartet habe. Es dauert mir wie immer viel zu lange, also drück ich auf alle Kreuze, die sich mir in den Weg stellen, Programme, die ich im Moment nicht benötige und deren Hochladen Zeit in Anspruch nimmt, die ich nicht gern hergebe. Auskosten möchte ich die Stille um mich herum, unterbrochen nur durch das stetige Umrühren des braunen Gebräus, obwohl dies völlig unnötig ist, dem Klicken eines Feuerzeuges, um sich die geliebte Zigarette am Morgen anzustecken, dem Bedienen der Tastatur und einem Blick zur Uhr. Ich melde mich an, will online gehen, die Mails lesen vom Vortag. „Sie haben Post“ klingt es aus den Lautsprechern, eingestellt in kaum hörbarer Lautstärke. In mir erwacht Lebendigkeit, ich bleibe gespannt, will den Schreiber erraten und werde schnell fündig. Wenn die nette Frau am anderen Computer diesen Satz einmal nicht sagt, dann heißt das für mich, den Plan zu ändern, im Internet zu surfen, mich bei Ebay einzuloggen oder auf eine der unzähligen Suchmaschinen zu gehen, um nach den unmöglichsten Begriffen zu recherchieren, je nach dem, was mich gerade interessiert. Vor allem Krankheiten interessieren mich, immer dann, wenn ich in Unruhe bin und die Furcht mich erstickt. Danach geht es mir schlechter wie vorher, entdecke ich doch das eine oder andere Indiz für die eine oder andere Krankheit, fürchte mich darüber noch mehr und will es schnell vergessen. Und so wechsle ich die Seiten, gebe Ebay ein und dann meinen Namen, entwickle mich zusehends zur Schnäppchenjägerin, wickle Käufe ab oder stelle Dinge ein, die kein Mensch braucht. Heute habe ich Post, die ich wie immer möglichst zeitnah beantworten möchte. Hochkonzentriert und in gewohnter schneller Tastenfolge schweben meine Finger über den Buchstaben, es bilden sich Sätze daraus und ergeben einen Sinn. Plötzlich reißt jemand die Tür zum Wohnzimmer auf, darüber bin ich so erschrocken, dass meine Finger kreuz und quer über die Tastatur rutschen und auf dem Bildschirm eine lange Doppelreihe unsinniger Wörter entsteht: xieüekdoeldä…………..
 
„Nun erschreck mich doch nicht so“ poltere ich sofort los und sah meine Tochter, die diese Störung verursacht hatte, dabei wütend an. Sie reagierte nicht, und daran bemerkte ich das ungewöhnliche an ihrem Auftreten. Ihr sonst regelrecht barscher Umgangston, vor allem am Morgen, weil sie grundsätzlich mit schlechter Laune den Tag beginnt, blieb aus. Das ließ mich vorsichtig werden, was hat sie heute? Statt dem üblichen morgenmuffligen Teenagergehabe bemerke ich ein unsicheres Auftreten und Angst im Blick. Sie umarmt mich, wollte sich ankuscheln, meine Wärme spüren und ein kleines Kind sein. Ich nahm sie auf, ganz nah, streichele ihr dabei sanft übers Haar, tätschele beruhigend ihren Rücken, und selbst mein Ton klingt behutsam: „Was hast du, Kleines?“ fragte ich nach einer langen Zeit. „Mum, in meinem Zimmer war ein Geist“, kam zur Antwort. Über meinen Rücken liefen eisige Schauer, begleitet von einer immer stärker werdenden Gänsehaut. Was hatte sie gesagt? Ein Geist? Und obwohl wir doch mitten im Leben stehen, erwecken solche Äußerungen in mir immer wieder ungute Gefühle. Unnatürliches ist mir suspekt, löst Ängste aus, weil das Begreifen und sich damit Auseinandersetzen nicht meine Stärke ist. Eine reale Erklärung für unreales Wirken ist der geheime Wunsch vieler Menschen, nur lässt sich dieser nicht immer erfüllen. Was bleibt ist das Wissen darum, und die Möglichkeit, zu ignorieren, soweit dies geht. Einige wenige widmen sich der Unerklärbarkeit, machen eine Wissenschaft daraus, wollen Dinge gesehen haben, die es gibt oder auch nicht. Benutzen ihre Fantasie, wenn es dennoch unerklärbar bleibt oder beharren stur auf ihrer Aussage, dass es Erscheinungen geben müsse. Alles Unnatürliche muss erklärbar bleiben, koste es, was es wolle. Im Ignorieren bin ich gut, gerade was diese Dinge anbelangt, und so entwickelte ich einen Schutzmechanismus, der ein weiteres Nachdenken nahezu unmöglich macht.
 
Meine Tochter hat sich inzwischen etwas entspannt, kuschelt sich tiefer in meine Arme und genießt die Streicheleinheiten. Mir ist das recht, ich will nicht sprechen, nicht nachfragen und noch weniger darüber nachdenken. „Du musst dich für die Schule fertig machen“ kam leise über meine Lippen, als besorgte Erinnerung gedacht, und mir war klar, dass damit nur eine kurze Verschnaufpause möglich ist. Sie wird darauf zurückkommen, doch im Moment nehmen uns die alltäglichen Pflichten ein, und das ist auch gut so. Schon löst sich Maria aus meiner Umarmung und begibt sich murrend in das Badezimmer. An die Beantwortung meiner Emails ist nicht mehr zu denken, und so drückte ich auf den Button zum Ausloggen, kappte die Internetverbindung und gehe in die Küche, um die Schnitten für die Schule zuzubereiten. Die Überlegung, was ich heute mitgeben sollte, beansprucht mein ganzes Denken, denn hier bot sich ein Feld des stetigen Kampfes. Meine Tochter ist wählerisch, nie war ihr recht, was ich mitgab, die falsche Wurst, die Butter zu dick oder das Brot zu dünn. Auch heute wird es so sein, da bin ich mir sicher, und dennoch begebe ich mich auf dieses Terrain, um ihr zu zeigen, dass ich mit meinem Ansinnen nicht aufgeben werde. Die Schnitten sind Pflicht, für sie und für mich. In der Obstschale liegt noch ein einziger Apfel, verloren, verwaist. Ich nehme ihn auf und poliere seine Schale auf Hochglanz. Das Auge isst schließlich mit. Auch diesen wird sie also mitnehmen auf ihren Weg in die Schule. Und auch hier höre ich bereits deutlich ihre Unwilligkeit all das mitschleppen zu müssen. Egal, ich bleibe hart. Hart wie dieser Apfel, welcher mir mit seiner grünen Schale und dem harten Biss nie besondere Freude bereiten würde. Ich mag keine Äpfel, bin allergisch auf diese wie auf viele andere Nahrungsmittel, und meine Wahl auf das wenige, was ich noch essen kann, ist mehr als beschränkt. Nur manchmal ist der Verzicht nicht auszuhalten, dann genieße ich Tomaten, Pfirsiche oder Bohnen mit ganz besonderer Freude, obwohl das Wissen um die Gefahr immer im Hinterkopf bleibt. Es wird Zeit zu gehen, die Pflichten beginnen und der Alltag ruft unentwegt. Meine Tochter tritt ihren Weg schlecht gelaunt und vollkommen übermüdet an, muss zur Schule wie ich zur Arbeit, und beide verbindet uns dieselbe Erschöpfung von allem und jeden.
 
Es wurde ein harter Tag, unbefriedigend, unausgefüllt, voller Missverständnisse und voller Zweifel. Warum ist das nur so? Ich wusste weder Antwort noch Lösung, wollte auch hier ignorieren, soweit dies geht und musste doch erkennen, dass es dafür viel zu spät ist. Noch immer hatte sich die Situation im Büro nicht entspannt, gab es Feindschaft und Arroganz, dem ständigen Verwehren von Informationen, die ich dringend benötigte, dem Abblocken von freundlichem Entgegenkommen, dem ewigen Überwachen jedes noch so kleines Fehlers und die Freude in ihren Augen, wenn es hierzu einmal gekommen ist und man die Chance hatte, es heimzuzahlen. Teamarbeit ist nicht gefragt, obwohl dies bitter notwendig wäre. Das Einsehen in diese Notwendigkeit blieb allein mir überlassen, wie so viele Dinge, die andere zu tun nicht bereit sind. Jeder ist beschäftigt oder gibt es zumindest vor, jeder hatte seine Aufgaben, mir bleibt der Abfall von all diesen Tätigkeiten, der Rest von allem. Und umso länger dieser Zustand anhielt, umso unglücklicher wurde ich darüber. Kein Mittel schien geeignet, um gegenzusteuern, gleich welche Taktik auch meine inzwischen kranke Seele sich zurechtlegte. Es scheiterte an dem Unwillen der Kolleginnen und an der Unfähigkeit meines Chefs, der zugleich auch mein Mann war. Er hatte Angst. Angst zu versagen, Angst vor Konsequenzen, Angst vor mir und den inzwischen völlig abwegigen Reaktionen, mit denen ich mittlerweile versuchte, eine Aussprache zu erzwingen, unkontrolliert, hilflos und nicht mehr steuerbar. In dieser Zeit zwang ich mich auch zum Essen, wie immer, wenn Probleme nicht zu lösen waren, sich verhärteten wie mein Empfinden. Verbissen kaute ich also auf dem Brot herum, welches ich mit Widerwillen jeden Tag auch für mich anfertigte, und verbissen bearbeitete ich zeitgleich die Tragik in meinem dienstlichen Leben. Es blieb nicht viel mehr, als beides zu schlucken, und das tat ich auch, würgte an dem Rest Unzerkautem und hatte das Gefühl, daran ersticken zu müssen.
 
Müde schloss ich die Wohnungstür auf, begann aufzuräumen und sauber zu machen, befüllte die Waschmaschine und entleerte den Geschirrspüler. Gewohnte Tätigkeiten in gewohnter Reihenfolge. Keine Ahnung, warum ich darüber nicht glücklich war, denn dieses Refugium wurde vollkommen in meine Hände abgegeben. Keiner mischte sich darin ein, keinem fiel auf, dass mir diese Tätigkeiten verhasst waren. Sie sind zu erledigen und ich gebe nach. Auch hier kein Wort des Lobes, noch viel weniger hatte ich Dank zu erwarten. Nicht nötig zu motivieren, denn ich funktioniere, nach wie vor und immer wieder.
 
Meine Tochter kommt nach Hause, sagt freundlich Hallo, übersieht dabei meine Anstrengung, einen Fleck vom Boden zu wischen, der einfach nicht weichen will. Er ist rot wie ihre frisch gefärbten Haare. „Du hättest das gleich machen können, dann müsste ich mich hier nicht so abmühen“ fauchte ich sie an, während ich verbittert auf den Fleck einrieb, der sich seines Daseins erfreute und mir hartnäckig Widerstand bot. „Ja, ja“ war alles, was sie mir entgegnete. Meine Wut über diese unsinnige Tätigkeit kannte keine Grenzen, wollte sich nicht unterdrücken lassen und brauchte ein Ventil. „Du wirst heute dein Zimmer aufräumen, diesen Schweinestall“ schrie ich meiner Tochter hinterher, die bereits wohlweislich hinter ihrer Tür verschwand. „Mutti, nun schrei doch nicht so“, sagte sie noch kleinlaut und verbarrikadierte sich in ihrem Reich. Den Fleck bekam ich trotz großer Mühe nicht heraus, ich beließ es dabei und inzwischen war mir das auch reichlich egal. Ich trocknete meine Hände und begab mich in das Kinderzimmer, ohne jedoch vorher höflich anzuklopfen wie sonst üblich. „Mum, was ist nur mit dir los?“ wollte meine Kleine wissen. „Nichts“ log ich zum Hundertsten Mal und fühlte mich nicht wohl dabei. „Kann ich heute Nacht bei dir schlafen?“ fragte sie mit zittriger Stimme. Wieso, weshalb? „Ist der Geist schuld daran?“ fragte ich nicht gerade taktvoll nach dem Grund. Warum fängt sie damit wieder an? Ich wollte nichts davon hören. Sie zwingt mich dazu, mit dieser Frage, auf die ich antworten muss. „Maria, es gibt keine Geister, basta.“ So ganz überzeugend klang das nicht, und meine Tochter ließ nicht locker. „Ich habe solche Angst Mum, sie kommt wieder, jede Nacht, ich kann kaum schlafen.“ „Sie?“ fragte ich zurück, nun doch alarmiert, weil Maria keine Ruhe gab. Ich hatte mich inzwischen zu meiner Tochter auf das Bett gesetzt, bemerkte flüchtig den zerwühlten Zustand ihres Lagers, das unaufgeräumte Zimmer, lieblos hingeworfene Dinge des Alltags, ihre Sachen in mehrere Haufen verteilt auf dem Boden, Chaos überall. „Nun erzähl mal“ forderte ich leise, verkniff mir jede weitere Bemerkung, erst recht jede Vorhaltung und übte mich in Geduld. „Also, das war so“ begann meine Tochter zögerlich, mit stockender Stimme und einem Blick in die Ferne, so als würde sie jemanden suchen.
 
„Ich bin aufgewacht, es war stockdunkel, mitten in der Nacht. Es war so dunkel, dass ich mich nicht zurechtfand. Ich lag mit dem Blick zur Tür. Erst wusste ich nicht, ob ich träume oder wach bin. Dort an der Ecke stand eine Frau. Ich sah sie nur von hinten. Sie hatte ein langes weißes Gewand an, wie ein Nachthemd sah das aus. Und lange braune Haare. Ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen, weil sie mit dem Rücken zu mir stand und sich auch in der ganzen Zeit nicht einmal umdrehte. Davor hatte ich auch Angst, ehrlich gesagt. Ich konnte mich nicht bewegen, starrte auf die Erscheinung, die mir so durchsichtig vorkam. Sie muss noch ziemlich jung sein, eine junge Frau, ich bin mir sicher. Sie stand da und bewegte sich zunächst nicht. Ich wollte schreien, aber mein Mund blieb fest verschlossen, ich wollte mich verkriechen unter die Bettdecke, aber meine Arme waren wie gelähmt. Die Frau schwebte, ja sie schwebte zur Tür, ging durch sie hindurch, ohne dass diese geöffnet wurde und weg war sie.“ „Das ist mir inzwischen zweimal passiert, Mum. Zweimal! Ich habe solche Angst, lass mich bei dir schlafen“.
 
Die Erzählungen meiner Tochter verfolgte ich mit gemischten Gefühlen. Sie beschrieb mir diese Gestalt derart plastisch, dass ich sofort begann noch einmal alles zu durchleben. Ich stellte mir vor, ich wäre das Kind, mit dem Blick zu jener Ecke, die wir in diesem Moment anstarren, als würde genau diese Erscheinung hervortreten und sich zu erkennen geben. Mich schüttelt es heftig und ich bemühe mich um Fassung, will erklären, was es nicht zu erklären gibt, mir fällt einfach nichts Passendes ein. Ich bin genauso unruhig wie meine Tochter und beide schwimmen wir auf einer Welle aus purer Angst, ohne Halt und ohne zu begreifen. Mir jagen ganze Schauer über den Rücken, ein wenig zittert meine Hand, der Mund verschlossen und die Gesichtmuskeln verkrampft. Tröstend möchte ich ein paar Worte sprechen, irgendwas, an dem wir uns beide festhalten können. Möchte diesen bösen Traum wegwischen aus ihren und meinen Gedanken. Es gelingt mir nicht, stattdessen halte ich Marias Hand, sie ist warm und sehr real. Sie kuschelt sich an mich, nimmt mir fast die Luft zum Atmen, über ihre sehr roten Haare hinweg starre ich auf jene Ecke, die mir Unheilvolles verspricht. Es wird nichts so sein wie früher, nichts unbeschwert und erst recht nicht zu erklären. Meine Sorgen werden klein angesichts einer völlig unbekannten Gefahr, die ich sehr wohl erspüren kann. Sie kommt aus diesem Raum, aus diesem Gemäuer. „Maria, mach dir keine Sorgen, du hast nur schlecht geträumt, das kommt vor, heute wird das besser“, sagte ich meiner Tochter, obwohl ich davon keineswegs überzeugt bin. „Ich muss mich um das Abendbrot kümmern“, fügte ich noch halb entschuldigend hinzu und verlasse fluchtartig den Raum. Wie lieb sind mir doch plötzlich all die verhassten Haushaltspflichten. Ich habe zu tun, und das erste Mal empfinde ich Begeisterung beim Kochen. Meine Tochter blieb in ihrem Zimmer, sie hatte sich die Last von der Seele gesprochen, der Fernseher läuft, nur der Ton ist lauter eingestellt. Beim Fernsehen hat man das Gefühl nicht allein zu sein. Auch mir geht das so, und ich nutze es oft. Die Gedanken lassen mich nicht los, ich finde zunächst keinen Schlaf. Auf dem Sofa im Wohnzimmer ist es unbequem für ein zu langes Liegen darauf. Egal, ich möchte nicht allein in das dunkle Schlafzimmer gehen müssen, bin froh, dass mein Mann in der Nähe ist, der sich wieder eine Reportage anschaut, ohne mich zu fragen, ob ich dies auch wünsche. Das ist vollkommen egal, heute stört es mich nicht. Zu sehr bin ich in meinen eigenen Überlegungen gefangen. Meine Augen werden schwer, das eintönige Gebrummel aus dem Fernseher  bekomme ich längst nicht mehr mit, es macht müde und schenkt mir Schlaf.
 
Irgendwann werde ich munter, schrecke auf. Es ist längst Nacht, der Fernseher stumm und mein Mann im Bett. Ich liege immer noch auf dem unbequemen Sofa im Wohnzimmer. Dunkelheit überall, selbst vor den Fenstern, die sonst durch  Laternen auf der Straße immer ein wenig erleuchtet sind. Vollkommen orientierungslos versuche ich meinen Blick zu konzentrieren, aber es gibt nicht einen hellen Punkt in diesem Raum. Mich fröstelt es, obwohl zwei Wolldecken meinen Körper umhüllen. Die Kälte wird mit jedem Atemzug eisiger. Ich kann mich nicht bewegen, fühlte eine unbekannte Steife, die mich ergriff und festhielt. Noch immer bemüht um Verstand und Bewegung fällt mein Blick zur Tür, zumindest vermutete ich diese Richtung. Und mir stockt der Atem. Mein Gott, wollte ich schreien, doch mein Mund bleibt verschlossen. Sie steht dort, mit dem Rücken zur Tür, so wie es Maria beschrieben hatte. Die Glocke des Doms schlug genau zweimal. In meinem Kopf herrscht absolute Leere, die Gefühle sind ausgeschaltet. Zu einer Bewegung bin ich einfach nicht fähig und mit weit aufgerissenen Augen fixiere ich die Gestalt. Sie macht mir Angst und ich wünschte mir sehnlichst, dass sie sich nicht umdreht und mich anschaut. Noch immer kann ich keinen klaren Gedanken fassen, noch weniger eine Bewegung tun, gleich in welche Richtung. Sie steht dort mit dem Rücken zu mir, sehr schmal und sehr durchsichtig. Ihr langes Haar hat keine Farbe, es scheint sich aufzulösen wie die gesamte Gestalt. Sie schwebt leicht über dem Boden, nur ein paar Zentimeter. Das Gewand reicht bis zu den Füßen, wallend und ebenfalls in einer milchigweißen Durchsichtigkeit. Noch immer vollführt sie keine Bewegung, steht einfach dort. Während ich meine Blicke nicht lösen kann, ist ihre Erscheinung bald nicht mehr auszumachen, sie verschwimmt vor meinen Augen, wird aufgesogen von dicken Zimmerwänden und verschwindet. Mein Körper, in unnatürlich verkrampfter Haltung, entspannt sich ein wenig, ich fühle die Wärme zurückkehren, ganz langsam wandernd von Gliedmaße zu Gliedmaße, während meine Augen die Dunkelheit um mich herum besser aufnehmen können. Langsam erkenne ich Umrisse der Möbel, Tisch und Stühle. Vertraute Einrichtungsgegenstände, die in mir Freude auslösen und die mich beruhigen. Alles steht an seinem Platz wie immer. Ich fühle mich erschöpft und wie gerädert. Ist alles nur ein böser Traum gewesen, den ich durchleben musste, so als wäre er real? Mein Blick fällt wieder zur Tür, ich kann inzwischen die weiße Farbe wahrnehmen, mit der sie gestrichen ist. Ein leuchtendes Weiß in einer dunklen Nacht. Warum ist die mir vorhin nicht aufgefallen? Mein Atem geht flach, keine Aufregung mehr und kaum noch Angst, nur das Suchen nach einer Erklärung. Hier kann ich nicht mehr bleiben ist der einzige Wunsch, den ich verspüre und der mich hochtreibt vom Sofa. Ich stehe auf, taste mich langsam vorwärts, mein Gang ein wenig schwankend, suchend, Hindernisse umrundend. Als ich die Klinke der Schlafzimmertür ertaste, fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich drücke sie ganz schnell nach unten, husche schnell hinein, flüchte mich ins Bett mit dem dicken Federkissen, kuschle mich ganz tief darin ein und versuche zu vergessen.
 
Wochen später

„Herr M., das ist mir schon richtig peinlich. Schon wieder haben sie ein Päckchen für mich annehmen müssen.“ Zu diesen Worten setzte ich ein besonders gewinnendes Lächeln ein. Das klappt sicher, auch beim Nachbarn. Er beeilte sich zu versichern, dass ihm das keine Mühe bereite, schließlich ist er Rentner und fast immer daheim. Ja, fügte ich im Stillen hinzu, und da kommt Post für fremde Leute gerade recht. Zu gut konnte ich mir vorstellen, mit welchem Interesse er zunächst auf die jeweiligen Absender schaute. Wieder einmal mehr ärgerte ich mich über meine unregelmäßigen Arbeitszeiten und das ich nie da bin, wenn der Postbote klingelt. Aber ich muss Geld verdienen, Herr M. hat das nicht mehr nötig. Der Nachbar ist mir nicht sonderlich sympathisch, weil er mit einer perfiden Neugier alles um sich herum erfahren will. Wer mit wem und wie oft zu Besuch, wo streiten sich Eheleute und wann hat der Hund wo zu laut gebellt. Herr M. wusste alles, auch die Absender meiner Päckchen. Das ausgerechnet er diese immer annimmt, ist nicht zu ändern, aber das ich mich dafür ständig artig bedanken muss, obwohl es mir nicht recht ist, das ärgert mich am meisten. Heute früh öffnete ich mein E-Mail Postfach, voller Vorfreude wie immer, und fand darin eine Nachricht der Vermieterin. Wir möchten doch bitte zügig ein Namenschild an unserer Wohnungstür anbringen, weil andere Leute (wen meinte sie damit?) nicht länger als Auskunftsbüro fungieren wollen, es wäre ihnen lästig. Fungieren schrieb sie, nicht etwa tätig werden. Das klang aufgesetzt. Überhaupt hatte ich beim Lesen der Mail das Gefühl, der Vermieterin ist das ganze Theater lästig und sie tut nur ihre Pflicht. Ich kann sie gut verstehen. Der Übeltäter ist schnell gefunden, es gab nur wenige Familien in diesem Haus und bis auf die junge Familie mit dem Kleinkind ganz oben unterm Dach und wir selbst ging keiner mehr arbeiten. Die meisten Bewohner sind Rentner, nur ein allein stehender  Mann in unserem Alter säuft und schläft den ganzen Tag. Viel Auswahl bleibt also nicht. Und bei wem muss ich die Post abholen, wenn sie nicht in unseren Briefkasten Platz fand? Genau diesem Menschen stand ich nun gegenüber, um wieder einmal ein Päckchen in Empfang zu nehmen. „Herr M.“, ich bemühte mich um einen unverbindlich freundlichen Ton, „vielen Dank noch einmal und bei der Gelegenheit möchte ich gleich dazu sagen, dass wir ein Namenschild an der Tür angebracht haben, damit der Postbote auch den Weg zu uns findet. Nur für den Fall, dass wir zu Hause sind.“ Mir ging es gleich ein wenig besser und erfreut bemerke ich an seinem erschrockenen Blick, dass dieser Hieb gesessen hat. Ganz bestimmt überlegt er dabei, welche undichte Quelle es wohl gegeben haben könnte und schwor sich just im selben Moment, ein wenig vorsichtiger zu werden. Vollkommen befriedigt über meinen Auftritt nahm ich ihm das Päckchen aus der Hand und mein Lächeln ist echt. Mit der Gewissheit, endlich Grenzen aufgezeigt zu haben,  nahm ich kraftvoll die wenigen Treppen zu unserem Domizil.
 
Wenig später ging ich mit Felix spazieren, eine ausgedehnte Runde über feuchte Elbwiesen und leere Plätze. Heute liebe ich diese Stille ganz besonders. Felix lässt sich Zeit, schnüffelt an jedem Grashalm, verewigt sich, bis die Blase nichts mehr hergibt. Darüber muss ich lachen. Eigenartig hat das die Natur beim Rüden eingerichtet. Warum müssen sie an so vielen Grashalmen, Steinen und sonstige Gegebenheiten pinkeln? Schnüffelnd zieht er seine Kreise, wo hat vor ihm ein anderer Hund…? Ich mag darüber gar nicht nachdenken. Es geht zurück nach Hause. Das merkt Felix und sein Gang wird immer langsamer. Wenn ich unter Zeitdruck stehe, habe ich mich darüber jedes Mal geärgert, weil er mich damit ärgern will. Jedenfalls kam es mir immer so vor. Dann zerre ich an Hund und Leine, umgehe damit manches Ziel seiner Begierde und kann es doch nicht verhindern, er muss es einfach tun. Heute jedoch darf er so oft er will und so viel wie er kann. Wir haben Zeit. In die Wohnung möchte ich nicht. Wir haben inzwischen Frühling und vom Balkon fiel mein Blick jetzt immer öfter in das kleine Gärtchen auf dem Hinterhof. Die wunderschöne alte Kletterrose treibt ihre ersten Blätter aus. Der Flieder wird bald blühen und aus der Ferne entdecket ich gelbe Punkte in den Beeten. Zeitige Tulpen vielleicht oder doch Narzissen? Wir werden nicht die Treppe zur Wohnung nehmen, wir werden gerade aus durch den kleinen dunklen Flur gehen, auf den Hinterhof treten und die steilen Stufen zum kleinen Gärtchen bewältigen. Meine Neugier siegt. Ich löse die Leine vom Halsband des Hundes und er darf sich frei bewegen. Darüber ist er so begeistert, dass er hin und her hetzt, rauf und runter, schnüffelnd stehen bleibt und ergründet, welche Katze ihm hier den Platz streitig machen will. Diese hat ihn selbstverständlich viel eher gesehen und ist bereits auf und davon. Sie sitzt auf einer hohen Backsteinmauer und beobachtet ihn mit scharfem Blick. Der Hund ahnt nichts davon, nähert sich unbewusst, die Nase noch immer schnüffelnd über den Rasen haltend. Die Katze erscheint mir bedrohlich, macht einen Riesenbuckel und faucht. Felix schaut zu mir. „Ich war das nicht“ rufe ich ihm zu und halte mir den Bauch vor Lachen. So ein dummer Hund, denke ich. Inzwischen bemerkt auch er die Gefahr von oben. Ob das Bellen eher als Warnung gedacht war oder er einfach nur erschrak, vermag ich nicht zu sagen. Es zeigte zumindest Wirkung und die Katze flüchtete in das Grundstück nebenan. „Na also, geht doch“ sagte ich zu ihm, tätschelte etwas gönnerhaft seinen Rücken und stieg die Treppe zu unserem Garten hinauf, mit dem Hund dicht an meinen Fersen.
 
Das Klicken des Feuerzeuges ist das einzige Geräusch in dieser Stille. Hier hinter dicken Mauern, die das Grundstück umgeben, ist eine vollkommene Abgeschiedenheit vom Alltagstrubel möglich. Jemand hat eine alte Auflage auf die Hollywoodschaukel gelegt, eine freundliche Geste in einer rauen Zeit. Dankbar setz ich mich nieder, gebe Schwung mit meinen Füßen, schaukle hoch und runter. Herrlich ist es hier, und sehr romantisch, so wie es mag. Genau gegenüber, nicht weit von meiner Schaukel entfernt, steht ein Rosenbogen. Das Gestell besteht aus verwittertem altem Holz, die Farbe ist längst abgeblättert und nur an wenigen Stellen ist das ursprüngliche Hellblau noch zu erkennen. Darüber eine Woge aus Rosen. Noch blühen sie nicht, es ist zu zeitig hierfür, aber ihre Blätter schieben sich ungeduldig aus dem Holz, entfalten sich zu einem ersten frischen Hellgrün. Ich überlege, welche Farbe ihre Blüten haben können. Gelb, so wie ich die Rosen liebe? Oder rosa? Auch das könnte mir gefallen. Dunkelrot dürfen sie nicht sein, zuviel schlechte Erfahrung mit dieser Farbe. Dunkelrote Rosen sind mir ein verhasst. Ganz schnell verwerfe ich den Gedanken daran. Mein Blick fällt auf quadratisch angelegte Beete. Auch hier nur sehr wenig Grün. Die gelben Punkte, beobachtet vom Balkon aus, entpuppen sich als zarte Krokusse. In ihrer Mitte jeweils Blütengefäße in blassem Lila. So klein und doch so schön, ich kann mich nicht satt sehen, erfreue mich an ihrer zarten Gestalt. Es sind leider keine Blumen für die Vase und ich widerstehe der Versuchung, es dennoch zu wagen. Entspannt lehne ich mich zurück, während Felix es sich zu meinen Füßen bequem macht. Es ist später Nachmittag, die Sonne zu dieser Jahreszeit noch nicht sehr kraftvoll, aber ihre wärmenden Strahlen legen sich sanft auf unsere Körper, streicheln meine Haut und das Fell des Hundes gleichermaßen. Das zur Ruhe kommen wird nur durch ein rhythmisches Auf und ab der Schaukel begleitet. Ich sehe auf den Dom, er ist zum Greifen nah. Friedlich schaut er aus und er spiegelt sich in meinem Gesicht.

Lange währt die Ruhe nicht, denn Schritte auf dem Hof verkünden das Dasein eines anderen Menschen. Krachend fällt der Deckel eines Müllkübels in seine eigentliche Position zurück und beendet zeitgleich mein süßes Nichtstun. Wer mag das sein? Schlurfende Schritte über das Pflaster des Hofes, ein schwerer Gang über unregelmäßiges Gestein. Noch immer auf der Schaukel sitzend versuche ich den Grund der Störung auszumachen dort unten. Es ist jedoch schwer, jemanden zu erkennen, also muss ich mich recken und strecken und nehme dennoch nur Umrisse wahr, weil meine Sicht durch das Blättergeflecht der Rosen versperrt wird. Da, endlich sehe ich sie. Es ist die Hausmeisterin und sie sieht gar nicht gut aus. „Hallo Frau S.“ rufe ich. Das übliche „Wie geht’s?“ verkniff ich mir allerdings, auf diese Distanz hätte es zu Missverständnissen führen können. Sie winkt, zögert und überlegt, ob sie stören dürfe. Vielleicht ist es auch die schrecklich steile Treppe, die sie im Moment davon abhält, zu mir nach oben zu steigen. Ich winke zurück, aufmunternd und bereit für ein Gespräch. Das kommt selten genug vor, ich muss es nutzen. Frau S. weiß alles und ist mit Herrn M. gut befreundet. Dieser Umstand erzeugt ein wenig Vorsicht in mir, dennoch möchte ich das Gespräch nutzen, wohl auch, um bereits gezeigte Grenzen zu manifestieren. Das ist nicht der einzige Grund, denn ich fühle mich herrlich entspannt und einem Schwatz nicht abgeneigt. Davon abgesehen, die Frau tut mir leid. Sie ist immer allein, hat nur einen kleinen Hund an ihrer Seite, ein trolliger Kerl, der keinem etwas zu leide tut. Felix ist aufmerksam geworden, auch ihn haben das Knallen des Müllkübels und die Schritte aufgeschreckt. Er stellt seine Ohren auf, die Augen fixieren den Eingang zu unserer kleinen, bis jetzt friedlichen Idylle. Frau S. kommt zögerlich auf mich zu, setzt sich dann zu meiner rechten, während die Hollywoodschaukel bedenklich nachgibt. Es ist eben ein altes Stück Metall, die Farbe kaum noch zu erkennen und Rost an vielen Stellen. Nein, bitte nicht schaukeln, sagt Frau S. Ich unterlasse es sofort, nehme meine Füße, die bereits angesetzt haben, zurück und stoppe das leichte Auf und Ab. „Wie geht’s?“ fragte ich nun doch. Eine Antwort bekam ich nicht, nur ihre Augen sprachen Bände. Mein Gefühl beim ersten Anblick täuschte also nicht. Unser Gespräch verstummte, noch ehe es sich richtig anließ. Ich wusste auch gar nichts zu sagen, die Situation ist schweigend besser zu ertragen. Frau S. hat schwere Depressionen, das wusste ich aus Erzählungen des Herrn M., der mir – natürlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit – diese Dinge erzählte, ob ich sie hören wollte oder nicht. Er wusste nicht, dass ich damit umgehen kann. Auch ich litt darunter, jahreszeitbedingt, im Oktober und November. Jetzt ist Frühling und der Sommer nicht mehr weit, mir geht es gut, wenn man von der permanenten Überforderung einmal absieht, die ich immer noch sehr gut ignorieren kann. „Frau S.“ versuchte ich es wieder, nahm dabei ihre Hand und hielt sie fest, „bitte, sie müssen da raus“. Noch immer keine Antwort, doch ich bemerkte, dass sie mir zuhört. Und wieder geriet ich ins Stocken. Dann endlich redete sie und ich ließ sie sprechen. Sie erzählte mir von ihrer schweren Kindheit, vom Zerrissen sein, keine Eltern zu haben und im Heim zu leben, vom ersten Freund, den sie heiratete, um eine Familie zu gründen und von den vielen Kindern, die sie nun nicht mehr besuchen. Sie redete über den Hund, der ihr das liebste auf der Welt ist. Bei all dem unterbrach sie nicht ein einziges Mal, ich ließ sie reden und bemerkte mit Erleichterung, dass ihre Füße uns das Schaukeln gestattete. Auf und ab, sacht und gleichmäßig, während sie die Ruhe zuließ, trotz der schmerzhaften Erinnerungen.

„Haben sie sich eingelebt?“ fragt Frau S. unvermittelt. „Aber ja“ ist meine Antwort darauf, während meine Gedanken sich immer noch um ihre Erzählungen drehen. Sie hat sich ausgesprochen, nun ist es vorbei und die abrupte Wendung im Gespräch zeigte mir, dass sie nicht mehr bereit war, darauf einzugehen. Erleichterung auf meiner Seite, denn ihre Reaktion ist gut so, wie sie ist. Also wechseln wir das Thema und kommen auf belanglose Dinge zurück. Nach einiger Zeit des freundlichen Geplauders lenke ich das Gespräch auf etwas, was ich unbedingt noch fragen muss: „Wie ist das mit dem Haus?“ wollte ich wissen, neugierig auf dessen Geschichte. Es steht hier unmittelbar an Burg und Dom, sicher haben reiche Leute dieses Haus besessen, während ich mir sogleich ausmalte, wie sie ausgesehen haben könnten. Ganz bestimmt gab es Dienstmägde und ein Kindermädchen, rauschende Feste und farbenprächtige Gewänder. Umso näher die Menschen an den Herrenhäusern wohnten, umso privilegierter waren sie. Frau S. ist hier Hausmeisterin, sie muss sich doch mit der Geschichte dieses Hauses auskennen. Ich frage sie danach. „Nun ja, wie das in den früheren Jahrhunderten war, kann ich natürlich nicht sagen, aber ich weiß ganz genau, dass dieses Haus, so wie es jetzt steht, nicht immer ausgesehen hat.“ Frau S. schweigt für einen kurzen Moment, bevor sie fortfährt, und meine Neugier ist kaum noch zu bremsen. "Wenn Sie Interesse haben, die Vermieterin besitzt sämtliche alten Pläne von damals". „ Vor über 100 Jahren brannte das Haus bis auf die Grundmauern ab. Warum und weshalb weiß keiner so genau. Danach wurde es wieder aufgebaut und vor zehn Jahren renoviert". Mir ist inzwischen schlecht vor Aufregung und es drängt mich, die eine, die einzig entscheidende Frage zu stellen: „Was wurde aus den Bewohnern des Hauses?“. In meinem Magen ballt sich bereits alles zusammen und ich möchte lieber gar nichts mehr wissen. Doch Frau S. antwortet ohne zu Zögern: „Man erzählt, dass sie sich alle retten konnten, bis auf ein junges Mädchen. Für sie kam jede Hilfe zu spät“.

„Oh Gott. Ist ihnen nicht gut?“ rief Frau S. aufgeschreckt. In meinen Ohren ein schreckliches Dröhnen. Mühsam glitt ich von der Schaukel, während mein Körper immer noch das Auf und Ab nachempfand. Es muss Schwäche sein, ganz plötzlich, es geht schon wieder, machte ich mir selbst Mut. Nur langsam kehren meine Kräfte zurück. „Es wird empfindlich kühl, Frau S., wir werden ein anderes Mal reden“. Sie hatte verstanden, ging voran, die steile Treppe hinunter und über den gepflasterten Hof. „War schön mit ihnen zu plaudern“ ist alles, was ich noch sagen konnte. Dann floh ich die Stufen hinauf zu meiner Wohnung, schloss hastig auf und versteckte mich in ihrem Inneren.
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.03.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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