Thomas Kleinrensing

Gute Angebote leben länger

Prolog: Nach der Lektüre von Ephraim Kishon hatte ich ich ein Deja vu. Die Satire "Ein Vorschlag, Vorschläge zu machen" pasierte mir genauso nur an anderen Orten und zu einer anderen Zeit. Ich bin überzeugt, dass jeder diese Angebotszurufer kennt.

Ich bin mir nicht ganz sicher aber ich glaube es war im Februar 1994 als mich Meier, den Namen habe ich aus Persönlichkeitsrechten geändert, während des Neujahresempfangs der Sächsischen Zeitung ansprach. Etwas nervös raunte er, dass man sich unbedingt treffen müsse um mir einen Vorschlag zu unterbreiten, der mich bestimmt interessieren würde. „Wenn es Ihnen passt, rufe ich Sie morgen Vormittag an“, hörte ich ihn sagen.

Ich habe nur kurz bejaht und bin dann an meinen Tisch gegangen. Ich kannte Meier seit drei Jahren, allerdings nur sehr flüchtig. Was er von Beruf war, womit er sein Geld verdiente und in welchen Geschäften und an welchen Personen er überall seine Finger drin und dran hatte, wusste ich damals und weiß ich bis heute nicht. Nur das er ein gut vernetzter und anscheinend geschäftlich umtriebiger Mensch war.

Am nächsten Tag wie auch an den Folgenden, erhielt ich keinen Anruf von Meier. Etwa sechs Wochen später traf ich ihn zufällig auf der Straße. „Herr Kleinrensing. Für Sie habe ich etwas ganz spezielles. Das muss ich Ihnen mal in aller Ruhe vorstellen. Ich rufe Sie morgen Früh an“, schlug mir auf die Schulter und verschwand zwischen Gemüse und rempelnden Menschen. Vielleicht lag es am Telefonnetz, das häufig in dieser Zeit überlastet oder durch eine übereifrige Baggerschaufel zerstört worden war.

Ich hatte Meier und seinen unglaublich interessanten Vorschlag sehr schnell komplett vergessen, als Mitte 1995 unvermittelt Meier bei mir im Büro anrief:
“Ich weiß Herr Kleinrensing, ich sollte Sie schon längst angerufen haben, um Ihnen einen sehr interessanten Vorschlag zu unterbreiten. Sind Sie ab Morgen um 9:00 Uhr erreichbar“? „Ja sicher“. „Gut, bis Morgen dann“! Weg war er.

Es war im August 97 auf dem Laubegaster Inselfest, als Meier an einem Bierstand plötzlich neben mir stand und mitteilte, dass man sich unbedingt in Kürze treffen müsste. Er hätte mir ein unglaublich gutes Angebot zu unterbreiten, welches man in aller Ruhe mal durchgehen sollten. Ich gab Ihm auf seine Bitte hin meine Visitenkarte. „Okay, ich rufe Sie kurzfristig an um in den nächsten Tagen einen ungestörten Termin zu vereinbaren“, waren seine Worte.
Dann verlor sich jeglicher Kontakt zu ihm.

Im Juli des Jahres 2002, ich saß mit Freunden in einem Biergarten an der Elbe, meldete sich unverhofft ein gewisser Meier über mein Handy. Er fragte ob ich zufälliger Weise die Telefonnummer von Herrn Kleinrensing hätte und Ihm diese geben könnte, da er wegen eines sagenhaften Angebotes und Vorschlages mit ihm einen kurzfristigen Termin ausmachen wolle. Er würde sich dann Morgen gegen 10:00 Uhr bei ihm melden. Ich gab Meier die Nummer und fragte noch ob ich was ausrichten könnte: „Ja, sagen Sie ihm, dass ich in aller Ruhe mit ihm zeitnah reden möchte. Er wird es nicht bereuen“. Ich nahm einen tiefen Schluck aus meinem Glas, griente und ließ meine Bekannten über meine Heiterkeit m Unklaren.

Bis 2007 hörte und sah ich nichts mehr von Meier, bis ich im Frühling des gleichen Jahres ihn zufällig an einem Stehtisch eines Würstchenstandes hängen sah. Nach kurzem Überlegen ging ich zu ihm hin und riss ihn aus seinen Gedanken. Er hob schwerfällig den Kopf, stellte sich murmelnd vor und fragte unsicher nach meinem Namen: „Schön das wir uns kennenlernen. Ich hab da nämlich ein sehr interessantes Angebot für Sie. Ich rufe Sie morgen wegen einem kurzfristigen Termin an. Am besten wir treffen uns zeitnah um in aller Ruhe darüber zu reden“, spielte er den mir bekannten Satz auffordernd ab um sogleich wieder am Tisch zusammenzusinken.

2011, es war in der Weihnachtszeit, traf ich den ergrauten Meier unverhofft und letztmalig an einem Glühweinstand auf einem der zahlreichen Weihnachtsmärkte in Dresden. Nachdem ich mich vorgestellt, seine Einladung auf einen verglühten Wein abgelehnt hatte, raunte er mir ins Ohr, dass er sich freue mich kennen zu lernen und er ein unglaubliches Angebot für mich hätte und sich zwischen den Jahren bei mir telefonisch melden würde. Man könne sich natürlich auf einem Weihnachtsmarkt bei Glühwein treffen, um diesen sehr interessanten Vorschlag in aller Ruhe durchzusprechen. Ich hörte wie gewohnt nichts von Ihm.

Ein Bekannter erzählte mir Anfang des Jahres beiläufig, dass Meier im letzten Herbst verstorben sei und er, Meier, ihm mehrere gute und weitsichtige Angebote gemacht hätte. Ich quittierte seinen Tod als bedauerlich und bejahte das sich Meier auch bei mir bemüht hatte aber es nie zu einem Resultat gekommen war, geschweige denn ich jemals ein konkretes Gespräch noch Angebot erhalten hätte. Mein Bekannter zuckte die Achsel und meinte dass ich da was verpasst hätte. Auf meine Frage, um was es sich eigentlich bei den Angeboten gehandelt hätte, verwies er auf seine Frau, die sich um derartige Dinge kümmern würde. Ich verzichtete auf weitere Nachfragen.

Auf der Geburtstagsfeier eines Freundes Anfang März diesen Jahres, welche im größeren Rahmen und unter Beteiligung einiger mir unbekannten Personen stattfand, lernte ich auch einen gewissen Hubert kennen. Gut 30 Jahre jünger als ich und augenscheinlich mit allen anderen bekannt. Auch mir kam dieser Mann irgendwie nicht ganz fremd vor. Seine Art erzeugte ein undefinierbares Bauchgefühl. Als ich mir in der Küche ein weiteres Bier holte, stand er plötzlich vor mir: „Meier, Hubert Meier. Ich habe da ein sehr interessantes Angebot für Sie. Wir sollten uns unbedingt mal treffen um in aller Ruhe darüber zu reden. Ich rufe Sie morgen an“, sagte er bestimmend, drückte mir seine Visitenkarte in die Hand: „Ihre Nummer hab ich noch in den Unterlagen von meinem Vater“, rief er noch und verschwand zwischen den Gästen. Gehört habe ich nichts. Gute Angebote überdauern anscheinend selbst den Tod und leben länger.  

Tom
19. März 2014
www.tom-kleinrensing.de

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Thomas Kleinrensing).
Der Beitrag wurde von Thomas Kleinrensing auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.03.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Thomas Kleinrensing als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Spaziergang durch die Jahreszeiten/Spacerem po porach roku von Eveline Dächer



Dies ist mein Beitrag zur deutsch-polnischen Verständigung.
Dieser Band mit Kurzgeschichten und Gedichten wurde am 4.Sept.2009 in der Abtei Brauweiler durch die Landräte Herrn Andrzej Plonka und Herrn Werner Stump der Öffentlichkeit präsentiert.

Es wurde als Projekt der Partnerschaft 2009 zwischen dem Kreis Bieslko-Biala und dem Rhein-Erft-Kreis realisiert.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Satire" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Thomas Kleinrensing

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Selbstgespräch Nr. 10 von Thomas Kleinrensing (Satire)
An den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika von Klaus-D. Heid (Satire)
Frankreich sollte ein neuer Anfang sein...Teil .2. von Rüdiger Nazar (Autobiografisches)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen