Felicia Rüdig

Morganatische Ehe

Morganatische Ehe wird im Volksmund auch  Ehe zur linken Hand. Dabei handelt es sich um eine Form der Ehe im europäischen Adel, bei der ein Ehepartner – meistens die Frau – von niedererem Stand war als der andere.
Morganatische Ehen konnten dazu dienen, Verhältnisse mit Mätressen zu legalisieren. Auch wurden sie von regierenden Monarchen nach dem Tod ihrer ersten, standesgemäßen Ehefrau eingegangen, wenn sie bereits Kinder hatten, die die Thronfolge sicherstellten, aber erneut eine Liebesheirat eingehen wollten – oder wenn eine weitere standesgemäße Heirat zu dynastischen Verwicklungen hätte führen können. Häufig wurden morganatische Ehen von jüngeren Söhnen der Fürstenhäuser geschlossen, die aufgrund des üblichen Erstgeburtsrechts nicht für die Thronfolge in Frage kamen.
Obwohl bei einer morganatischen Ehe nicht alle sonst üblichen Rechtsfolgen einer Ehe eintraten, war sie eine staatlich und kirchlich ordnungsgemäß zustandegekommene Ehe. Die aus ihr hervorgegangenen Kinder waren legitime Nachkommen des Vaters, die in einigen Fällen bis in die höchsten Kreise aufstiegen.
Die Rechte der Nachkommen folgten „der ärgern Hand“. Sie traten also nur in die Rechte des standesniedrigeren Ehepartners ein. Sie waren daher in der Regel nicht erbberechtigt und – falls es sich um ein regierendes Fürstenhaus handelte – von der Thronfolge ausgeschlossen. Weder die Ehefrau noch die Nachkommen wurden Mitglieder der Familie des Ehemannes und führten weder dessen Titel noch dessen Wappen. Im Protokoll rangierten sie noch hinter den jüngsten Prinzen. Häufig wurde der nichtebenbürtige Ehepartner von einem Monarchen im Stand erhöht.
Da die Witwe und die Nachkommen nicht erbberechtigt waren, mußte ihre finanzielle Versorgung nach dem Tod des Ehemannes schon zu Lebzeiten durch einen Ehevertrag gesichert werden, daher auch die Bezeichnung „Ehe auf bloße Morgengabe“.
Die morganatische Ehe wurde in Deutschland 1919 abgeschafft.
 
Sire?
            Ja, Jonathan, mein bevorzugter Ratgeber?
                                                                                                              Sie sind ja jetzt wieder,  äh, also zum zweiten Mal verheiratet, ganz legal natürlich, nach dem natürlichen Tod ihrer ersten Dame Ihres Herzens…
                                               Ja, und?
                                                               Wissen Sie, Sire, was die morganatische Ehe ist?
                                                                                                                                                                            Ja, klar. Natürlich. Warum?
                                               Ihre jetzige Frau ist Ihnen doch unter gesellschaftlichen, dynastischen und adeligen Gesichtspunkten ebenbürtig.
                                                                                                                             Das weiß ich doch. Wo liegt das Problem?
                               Sie, Sire, haben doch schon erbberechtigte Kinder. Ihre Frau Gemahlin hat auch Kinder mit in die Ehe gebracht. Diese Kinder sind jetzt auch erbberechtigt.
                                                                                                                                                                                            Ach so. Jetzt verstehe ich. Was machen wir mit dem Nachwuchs?
                                                                                                                                             Eliminieren.
                                                                                                                                                                            Warum so grausam sein? Gibt es nicht andere Mittel und Wege?
                                                                                                                             Doch, natürlich. Ob Ihre Ehefrau das aber mögen wird?
                                                                              Wieso? Was meinst du, Jonathan?
                                                                                                                                                             Wir müßten sie von einer richtigen blaublütigen Adeligen zu einer  einfachen Landadeligen degradieren. Ob Ihre Frau da wohl mitmacht.
 
Kurt-Egon! Du bist ein gemeines, hinterhältiges Biest! Ich reiße dir die Eier ab!!
 
(Königliche Haus- & Hof-Postille)
 
Eigentlich sind wird und unsere Leserschaft ja kaiser- und königstreu bis tief ins Mark. Die Szenen, die sich aber seit einiger Zeit in den königlichen Gemächern abspielen, spotten jeglicher Beschreibung.
Die Hochzeit, die König Kurt-Egon eingegangen ist, war ja noch äußerst prunkvoll. Kurt-Egon muß beim Eingehen der Ehe sehr liebestrunken gewesen sein, übersah er doch bei seinem Eheversprechen, daß die von ihm angebetete Isolde unter höfisch-zeremoniellen Gesichtspunkten auf einer Stufe mit ihm steht. Ihr erster Ehemann, König Widukind von Salzkartoffelhausen, hatte sie schon gesellschaftlich aufgewertet und zu einer Prinzessin gemacht. König ehelicht Prinzessin – über die dynastischen Probleme dieser unüberlegten Liebestat hat sich Kurz-Egon wohl offensichtlich keine Gedanken gemacht. Nicht nur, daß wir beim Ableben der Elterngeneration das Königreich Salzkartoffelhausen zugeschlagen bekommen könnten – mit der gleichen Berechtigung könnte unser schönes Kleinkönigreich Spargelland dem weit entfernten Königreich aus den hohen Bergen zugeschlagen werden. Welch gruseliger Gedanke!
Um eindeutige Regelungen für kommende Tage zu schaffen, habe Kurt-Egon schon unzweideutige Fakten schaffen wollen. Die Kinder von Isolde sollten wohl in einem unserer wenigen Seen bei einem Reitunfall das Zeitliche segnen. Dies misslang bekanntlich. Eine erbverträgliche Einigung kam danach gar nicht erst zustande.
„Ich habe mir überlegt, ob hier nicht eine morganatische Ehe vorliegt,“ überlegte Kurt-Egon dann ganz laut.  „Isolde mag ja wissen, wie man auf Brettern einen schneebedeckten Berghang herunterfährt. Von der Zubereitung von Spargel und den dazugehörigen Saucen hat sie aber keine Ahnung.“
Es war wohl eine schwerwiegender Fehler, die Kochkünste der hochgestellten Dame anzuzweifeln. „Ich reiße die die Weichteile ab und serviere sie dir als Spiegeleier.“ Dieser wenig vornehme Satz ist überliefert und von mehreren Zeugen verbürgt.
Seitdem hängt der Haussegen bei dem blaublütigen Ehepaar doch sehr schief. „Ich bin doch hier der Herrscher,“ läßt sich Kurt-Egon gerne zitieren. „Ich habe in meinem eigenen Land doch das Sagen.  Wieso soll ausgerechnet ich auf den Wohnzimmersitzgelegenheiten schlafen? Soll Isolde doch auf den Sesseln nächtigen!“
 
(junge hübsche Dame mit zigeunerhaftem Aussehen, in Gedanken)
 
Hmmm, mal überlegen. Ob ich ihn mir wohl angeln kann? Seine Mätresse, Geliebte, Zweit- und Drittfrau werden? Eine Schönheitsoperation ist bei mir ja nicht erforderlich. Der Herr von Welt wird mir auch so bestätigen, daß ich ein ansehnliches Weib bin.
Und nächste Woche ist auch schon der Prinzenball. Das ist das  gesellschaftliche Ereignis des Jahres. Ich habe auch eine Einladungskarte dafür bekommen. „Kostümzwang! Nur eindeutig nicht erkennbare Damen und Herren werden eingelassen!“ So steht es in der Einladungskarte. Mal sehen – was läßt sich da wohl machen?
 
(auf dem Prinzenball)
 
Jonathan?
                               Ja, Sire?
                                                               Wer ist dieser hübsche Junge dort drüben? Ich habe ihn noch nie her gesehen?!
                                               (empört aufbrausend) Hey, Chef, jetzt wird´ mal nicht schwul!
 
(Königlich-monarchistische Presse)
Unser schöner Zwergstaat befindet sich derzeit in der schwersten politischen Krise seit langer Zeit. Unsere Königliche Hoheit Kurt-Egon lebte seine herrenbevorzugenden Gefühle sehr fröhlich mit einem jungen Herrn aus.
Einen Vorteil, einen positiven Nebeneffekt soll man dabei nicht verschweigen. Königin Isolde ist so endgültig in ihre gebirgige Heimat entfleucht.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.03.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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