Peter Spiegelbauer

Cathriné - Toreador - Teil 1

Ama et fac quod vis


Leicht wie Federn fielen die einzelnen Haare aus Cathrinés Hand auf die staubige Erde. Mit einem wütenden Blick starrte sie die Puppe in ihrer Hand an. Niemand hätte zu sagen vermocht, wen ihrer beiden Schwestern sie mehr hasste.
Cathriné stellte sich vor, eine von ihnen jetzt in ihrer zarten Hand zu haben, als sie der Puppe den Kopf verdrehte, und für einen kurzen Moment war sie erleichtert. Erleichtert, weil dann endlich alles vorbei wäre. Nicht für heute oder morgen, sondern für immer. Mit ihren 15 Jahren war sie die jüngste der drei Schwestern. Alle bewunderten ihre zwei Geschwister wegen ihrer Schönheit und Anmut. Da blieb nicht viel Bewunderung für Cathriné übrig.
Langsam brach sie der Puppe das Genick. Dabei huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, das an Diabolik und Bosheit nicht zu übertreffen gewesen wäre. Der Kopf fiel zu Boden und erzeugte ein dumpfes Pochen, als er auf dem staubigen Lehmboden aufschlug. Cathrinés rehbraune Augen beobachteten den Kopf, bis er schließlich in der Mitte des Pfades liegen blieb. Sie nahm ein wenig Anlauf und kickte den Kopf in das angrenzende Waldstück hinein.
„Au!“
Sie sah zwar nicht wie weit der Kopf wirklich geflogen war, doch anscheinend hatte sich jemand im Unterholz versteckt.
„Fabiàn?“ plötzlich schien ihr Herz schneller zu schlagen. Ein seltsamer roter Schimmer machte sich auf ihren Wangen breit und irgendwie sehnte sie sich nach seiner Nähe.
‚Unsinn’, dachte sie bei sich. ‚Er gefällt mir ja nicht einmal. Außerdem kenne ich ihn ja kaum.’
Doch genau das zog sie irgendwie magisch an. Nichts von ihm zu wissen war, als ob man eines der letzten Geheimnisse dieser Welt entdeckt hätte, das man so sehr man es auch zu ergründen versuchen würde, doch nie ganz verstehen könnte.
„Schrei doch nicht so, Cathriné!“ Fabiàn war sichtlich verletzt. Auf einmal tat Cathriné ihr Zorn leid, da sie damit niemanden verletzen wollte der ihr am Herzen lag.
„Kannst du dich nicht bemerkbar machen? Was bist du für taktloser Mensch!“, rief sie.
„Ich wollte nur ein paar Pilze fürs Abendessen sammeln. Es wird bald dunkel.“ Erwiderte Fabiàn „ Aber was machst du hier?“
„Ich… wollte gerade… ein wenig Feuerholz suchen gehen.“ Die Unsicherheit in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Fabiàn kroch aus dem Unterholz zu ihr auf den Pfad. Als er vor ihr stand, versuchte sie immer noch die Wütende zu spielen, doch in Wirklichkeit war ihr zu Mute als müsste sie tausend Tode sterben.
„Und schon was gefunden, außer einer… Puppe ohne Kopf?“ Fabiàn schien leicht belustigt zu sein. Sie wäre so gern wirklich wütend auf ihn gewesen, doch sie konnte es nicht.
„Geh wieder zu deinen Pilzen, und lass mich mein Holz suchen.“ Cathriné versuchte so viel Wut wie möglich in ihren Worten mitschwingen zu lassen. Das schien Fabiàn ein wenig abzuschrecken.
„Ich wollte dich nicht beleidigen, sondern lediglich Tatsachen feststellen. War wirklich nicht böse gemeint.“ Langsam kam er näher bis er schließlich ein paar Zentimeter vor ihr stehen blieb. Sein Blick bestätigte den Ernst seiner Worte.
„Verzeih’ mir.“ Fabiàn hob seine Hand um sie am Arm zu berühren. Catheriné ließ den Körper der Puppe fallen, ergriff seine Oberarme, zog ihn kraftvoll an sich heran und begann Fabiàn leidenschaftlich zu küssen. Es dauerte eine wundervolle Ewigkeit, bis sie sich ganz langsam voneinander lösten.
„Ich hoffe ich hab dich nicht zu sehr verletzt.“
„Ist nicht weiter schlimm. Ich hab nicht gewusst, das du nach Weintrauben schmeckst.“
„Jetzt weißt du es. Ich hab es dir nie gesagt, aber ich hasse meine Schwestern. Meine Mutter kann ich auch nicht besonders gut leiden, aber dich mag ich. Ich weiß wir haben uns erst dreimal gesehen und wissen nichts von einander, aber…“
Fabiàn unterbrach sie, in dem er sie langsam und zärtlich zu küssen begann. Catheriné ließ es zu. Die Mauern in ihr fielen zusammen, als wären sie aus Spielkarten gebaut. Lust und Leidenschaft durchströmten sie, als sie Fabiàn zu Boden warf und seine Kleidungsstücke mit wenigen Handgriffen entfernte.
Für beide war es das erste Mal, dass sie das Spiel der Liebe spielten. Doch sie liebten sich, als ob sie es gelernt hätten. Im Rausch der Gefühle vergaßen sie Zeit und Raum.
Einige Zeit später fanden sie sich am Rande des Pfades wieder. Tief schauten sie einander in die Augen. Schweigend tauschten sie Blicke aus, die zärtlicher nicht hätten sein können.
„Ist das alles wirklich passiert?“ Fabiàn konnte das Geschehen noch immer nicht glauben.
„Sollten wir träumen, könntest du uns durch dein Gerede wecken. Also schweig.“ Sie küsste ihn um seinen Redeschwall zu unterbrechen.
„Fabiàn! Verdammter Bengel! Wo zum Teufel hast du dich nun schon wieder versteckt?“
„Mein Onkel.“ Fabiàn begann schnell seine Sachen zu suchen und sie wieder anzuziehen.
„Schnell versteck dich. Er darf dich hier nicht sehen. Mach schon.“
Catheriné nickte kurz und verschwand mit ihren Sachen weiter in den Wald der auf der anderen Seite des Pfades lag.
Später als sie in ihrem Zimmer lag, bestürmte sie das Gefühl der Einsamkeit. Sie versuchte sich krampfhaft jedes Detail, dieses einen Nachmittags noch einmal in Erinnerung zu rufen. Das schöne Gefühl dieses magischen Moments als sie am Gipfel der Lust angelangt war, schien noch so frisch wie vor ein paar Stunden. Dennoch schmeckte sie ihn. Den bitteren Beigeschmack der Vergangenheit. Eine Träne stahl sich über ihr Gesicht als sie traurig einschlief. Kurz bevor sie völlig eingeschlafen war, befiel sie die erschreckende Gewissheit, dass sie Fabiàn nie mehr sehen würde. Augenblicke später war sie schon in einem Traum voller Reue gefangen.
 

Diese Geschichte basiert zum größten Teil auf den Rollenspielbüchern von White Wolf, genauer gesagt auf den Sourcebooks von Vampire the Masquerade. Da es dieses Spielsystem schon seit vielen Jahren nicht mehr gibt, und es demnach kaum noch von irgendjemandem heutzutage gespielt wird, wollte ich dieser Kindheitserinnerung von mir Tribut zollen, in dem ich einige Geschichtsfragmente dazu verfasste.
Es tut mir leid, wenn sich der eine oder andere Leser erst ein wenig durch-googeln muss, um zu verstehen worum es in diesem Spielsystem überhaupt geht, beziehungsweise um den Hintergrund der Geschichte zu verstehen. Ich bedanke mich schon jetzt für euer Verständnis.
Da ich diese "Kurzgeschichte" schon seit Langem nicht mehr überarbeitet habe, bin ich für jeden konstruktiven Vorschlag zur Verbesserung des Textes dankbar. Liebe Grüße Peter Spiegelbauer
Peter Spiegelbauer, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.04.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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