Daniel ".:gefaehrte:." Friedrich

Mauern.

Menschen sind eine komische Rasse. Triffst du manchmal einen, so glaubst du, es wären alle. Jener eine kommt dir so gottverdammt naiv vor, macht Fehler, bereut und jener eine sagt dir selbst Worte, die du nie glauben möchtest.

Du versuchst ihn zu hinterfragen, jede noch so kleine Türchen aufzumachen, mit dem er seinen Geist verschlossen hat, aber es nützt nichts. Die Mauern in diesem Menschen sind einfach zu hoch! Mauern? Klar – Mauern... wir alle haben sie, jeder baut sie für sich selbst, Stein auf Stein – wir verstecken unsere Seele dahinter, so das keiner in uns blicken kann. Bei vielen ist diese Mauer sehr hoch und sehr lange – man kann nicht einfach drumherumgehen. Jeder hat sie und jeder braucht sie – sozusagen ein Schutz vor anderen und vor sich selbst. Nun triffst du selbst auf jemanden, der so ist – der Mauern hochgezogen hat und keinen an sich ranlässt. Vielleicht kennst du den Menschen gut – vielleicht auch nicht – oder du kannstest ihn irgendwann als das Kind das in ihm war. Ganz egal – du siehst den Menschen lange an und weißt nicht mehr weiter.

Längst verschlossene Wege findest du nur selten und jeder endet an einer Mauer – oder er endet an einem Schauspiel des Menschen, den du gegenüber hast.

Schauspieler sind wir doch alle – der eine besser, der andere weniger. Wir alle sind durchschaubar – aber nur für wenige Personen, die uns verstehen. Manche blicken direkt durch deine Augen in deine Seele und dann verstehen sie für Momente, wer du wirklich bist – sie sehen nicht den Schauspieler, der vor dir ist und der jedem eine andere Rolle gibt. Man gibt sich Mühe, in seiner Rolle wirklich gut zu sein, man setzt neue Masken auf und spielt ein Theaterstück das für manche grausam ist – aber leider wahr. Zu dem Schauspieler kommen dann noch die schon erwähnten Mauern. Beides ist ein perfektes Zusammenspiel, um Menschen nicht sich selbst hinterfragen zu lassen.

Kommen wir wieder zurück zu dem Menschen, den du triffst... du schaust ihn an und versuchst einen tiefen Blick in die Augen zu erhaschen – denn dieser Blick sagt mehr als tausend Worte... aber du siehst von vorneherein nur ein leeres Gebilde – du weißt genau, er versteckt sich vor dir, er hat Angst und möchte nicht, das man tief hineinblickt. Hat Mauern um sich herumgebaut, nicht nur wenige sondern sehr viele und man möchte meinen, er baut die Mauern auch sichtbar um sich herum auf. Und du denkst dir wieder, wie naiv dieser Mensch eigentlich sein muß, denn dir könnte er ja doch vertrauen – nein – dir muß er vertrauen! Aber du blickst in tote Augen und stellst fest, das auch dieser Mensch die ganze Zeit ein Schauspiel veranstaltet. Er setzt täglich andere und neue Masken auf, damit man nicht erkennen kann, was hinter seinen Mauern vorgeht – damit man ihn nicht verletzen kann. Aber so bringt es den Menschen ja auch nicht weiter denkst du dir – er verletzt sich selbst... immer weiter und immer tiefer drinnen. Wahrscheinlich hat er Suizidgedanken oder möchte sich selbst ritzen oder was weißt du... du schaust ihn an und denkst dir dabei, das du ihn doch kennen solltest diesen Menschen.

Dann kommt der Augenblick, in dem du aufstehst, seine Hand nimmst und an deine Wange legst – er soll spüren, das du es gut meinst mit ihm – das du ihm, egal was kommen mag, helfen möchtest und ihm beistehen möchtest – du möchtest ihn lieben, so wie du dich liebst. Du möchtest bei ihm sein, wenn es ihm schlecht geht und du möchtest genauso die guten Zeiten erleben. Du möchtest diese verdammten Wände einreissen und sämtliche Türen öffnen und ihm das blühende Leben vor der Haustüre zeigen, aber er weißt deine Hand ab. Er sagt unverständliche Worte zu dir und bittet dich, zur Türe hinauszugehen.

Du wirkst wie ein verletztes Tier – und er selbst ebenso, und ihr beide wißt nicht, was da gerade passiert ist... Ihr seht euch an, du stehst auf und gehst zur Türe, noch ein letzter Blick zurück, und da siehst du plötzlich ein leuchten in seinen Augen... du gehst wieder zurück, in der Hoffnung, das du bleiben kannst... du schaust noch einmal tief in die Augen des Menschen und plötzlich erkennst du Leben! Dort, wo du dachtest, das nichts mehr ist – da ist auf einmal doch wieder etwas... Kraft – Macht – Hoffnung... und deine Gedanken lenken sich ab... du nimmst erneut die Hand, die dich vorher abgewiesen hatte und versuchst es erneut – ein neuer Versuch, das Leben in die eigene Hand zu nehmen.

In diesem Moment erkennst du auch, das der Mensch das erste Mal, seitdem du dich mit ihm unterhalten hast, lacht. Er lacht herzlich, denn anscheinend hatte er noch nie dieses Angebot bekommen... Hilfe... Liebe, Vertrauen..... und in seinen Augen ist ein Glanz, den man nicht beschreiben kann...

Du siehst dich wieder um in dem Raum, in dem du den Menschen getroffen hat – wo vorher Müll, Schutt und Asche lag, da liegen nun Blumen, der Müll ist weggeräumt, du siehst, wie der Mensch statt Dinge zu tun, die ihn kaputt machen, Dinge tut, die ihm helfen, die ihn neue Kraft schöpfen lassen.... und just im Moment stellst du fest, das Veränderung eine Wohltat für deine Seele ist... und das alles um dich herum in anderem Licht erscheint....

Du möchtest die Welt umarmen und Menschen die lange nicht trafst einfach nur Hallo sagen... du bist auf einmal verwandelt, als du siehst, wie der Mensch vor dir zu einem anderen Menschen wird... und irgendwann erkennst du dann plötzlich, das du dieser Mensch bist, mit dem du die ganze Zeit geredet hast... das du diese Mauern hast und das du dich selbst einschränkst...

Nun, nachdem du selbst diese Erkenntnis hast, mußt du nur noch mit deinem Korper eins werden und dir selbst vertrauen – dich selbst lieben – dann wird das Leuchten in deinen Augen sein....du weißt plötzlich wie schön das Leben doch sein kann und du möchtest es geniessen.... und du saugst alles um dich herum in dich auf – die Gänseblümchen draussen vorm Fenster, die Sonne, die den Tag erhellt.... alles.... und dir wird bewußt... es war einfach nur das Licht des Lebens, das dir gefehlt hatte, die ganzen Jahre... du mußtest dich ein einziges Mal selbst im Licht sehen ... nur ein einziges Mal.....

Aber du wolltest es ja nie.

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