Christa Astl

Des gschaftige Annerl oder Marina geht Milch holen



Diese Geschichte  ist im Dialekt des unteren Inntales (Raum Kufstein) geschrieben, zum leichteren Verstehen noch in Hochdeutsch und für  Kinder ab ca. 3-5 Jahre gedacht. Namen sind der Gegend angepasst, die alten Bauernnamen sind in der Stadt ja unbekannt.



Des gschaftige Annerl
 
Des Annerl is ganz a gschaftigs Dianei gwesn. Weils scho drei Jahr is, derfs heit alloa Müch hoin bein Bauern. So an wichti hats as, dass vorher no a neis, frischs Gwandl ulegn muass. Na holts de Müchkann ausn Kuchekastl, vo da Mama kriagts a Göid und na mantlts durcho, übad Strass und no drei Haisa weida. De Bairen füllt ihr de Müch ei, nimmts Göid und gibt ihr de voie, schware Kanndl wieda. „So, Dianei, jetz pass hoit guat auf beim Hoamgeh!“ sogt sie freindlich. Und ‘s Annerl schaugt ganz fest aufn Bodn, wos hingeht. So fest, dass den wüdn Loisl, der wia a Narrischer mitn Radl ums Eck fahrt, ganz übasechn hot. „Pass hoit auf, Letze, und stej aus!“ schreit dea no und is a scho vorbei.
Vü is ja net passiert, da Loisl is grod a weng bei da Müchkann gstroaft. A bissl Müch is aussagspritzt, aba genau aufs scheane, noie Kleidl. A dicka, dunkla Fleck is wordn. Sie probiertn mit da Hand wegwischn, aba es geht net. Da fangts Annerl zan Reahrn o und jammert. „Mei scheans Gwandl is hi, wer kann ma denn höfn?“
An Bauan sei Fackl heart des und springt daher, dass eahm de Ohrn fliagn: „Quick, quick, quick, Flick geh wick!“ grunzts. Aba da Fleck geht net weg.
Jetz kimmt da groaße Hund und mecht a helfn. „Wau wau wau, schau, schau, schau!“, bellt er. Aber der Fleck lasst se a net wegbelln.
‘s Muinzele heart des, hupft vom Baam owa, schliaft untan Zaun durch und reibts Köpfl an Annerl ihre Fiass. s Dianei buckt se owe und ‘s Katzl riacht an dem groaßn Fleck. Und weil olle Katzn d Müch gern meng, fangts o, mit seina rauen Zung an dem Kittei umaschleckn. Aba da Fleck lasst se nimma wegschleckn.
Jetz hupft a Goassl daher und meckert: „Meckmeckmeck, wo is da Fleck?“ Und es beißt an Annerl ihrn Gwandl umananda. Es mecht den Fleck oafach wegfressn!
Da springts Annerl aber auf und rennt, so schnells kann hoam zu da Mama. De ziacht ihrs fleckige Gwandl aus und steckts ind Waschmaschin. Und am naxtn Tag is es sauba und schee als wia nei.
 

 
Marina geht Milch holen
 
Marina ist drei Jahre. Sie wohnt im Dorf und die Mutter holt vom Bauernhof immer frische gesunde Milch. Heute darf Marina ganz allein die Milch holen, denn sie kennt den Weg schon genau. Und so stolz ist sie darauf, dass sie dazu das neue Kleidchen anziehen will. Dann holt sie die Milchkanne aus dem Küchenkasten, bekommt von der Mutter das Geld und wandert los. Über die Straße muss sie und dann noch drei Häuser weiter. Die freundliche Bäuerin füllt ihr die Milch in die Kanne, nimmt das Geld und sagt dann: „So, jetzt pass aber gut auf beim Heimgehen!“ Und Marina passt auf. Ganz fest schaut sie auf den Boden, so fest, dass sie den wilden Robert, der gerade mit seinem BMX um die Ecke schießt, fast übersehen hat. „Pass doch auf, Kleine, und stell aus!“, schreit er und schon ist er vorbei.
Passiert ist ja nicht viel, der Robert ist nur ein wenig an der Milchkanne gestreift, aber ein bisschen Milch wurde verschüttet, und genau auf Marinas neues Kleid. Ein dicker, dunkler, feuchter Fleck ist zurückgeblieben. Marina will ihn wegwischen, aber es geht nicht. Da fängt sie zu weinen an. „Mein schönes neues Kleid ist verdorben! Wer kann mir denn helfen?“
Das Schweinchen vom Bauernhof hat es gehört und galoppiert daher, dass seine großen Ohren fliegen. „Quieck, quieck, Flieck geh wieck!“, grunzt es. Aber der Fleck geht nicht weg.
Jetzt kommt der große Hofhund und möchte auch helfen. „Wau wau, schau, schau!“ bellt er. Aber der Fleck lässt sich auch nicht wegbellen.
Die Miezekatze hört es, sie springt geschickt vom Baum herunter, schlüpft unterm Zaun durch und reibt ihr Köpfchen an Marinas Bein. Das Mädchen bückt sich und das Kätzchen riecht an dem großen Fleck. Und weil alle Katzen die Milch gerne mögen, beginnt sie mit ihrer rauen Zunge an dem Fleck zu schlecken. Aber der Fleck lässt sich nicht mehr wegschlecken.
Jetzt hüpft das Ziegenböcklein über den Zaun und kommt auch daher: Meckmeckmeck, wo ist der Fleck?“ und beginnt am Kleidchen herum zu knabbern. Es möchte den Fleck einfach auffressen!
Da springt Marina aber auf, rennt davon, so schnell sie kann und heim zur Mama. Die zieht ihr das fleckige Kleid aus, steckt es in die Waschmaschine und am nächsten Tag ist es sauber und schön wie neu.



ChA 2008

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Christa Astl).
Der Beitrag wurde von Christa Astl auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.11.2014. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

Bild von Christa Astl

  Christa Astl als Lieblingsautorin markieren

Buch von Christa Astl:

cover

Heimgeschichten - Leben im Altenheim von Christa Astl



32 kurze Geschichten, denen praktische Erfahrungen zugrunde liegen, begleiten eine Frau durch ihr erstes Jahr in einem Seniorenheim.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (6)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Multi Kulti" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Christa Astl

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Begegnung mit dem Bären von Christa Astl (Unheimliche Geschichten)
Multi-Kulti von Norbert Wittke (Multi Kulti)
Hab dich ganz doll lieb von Achim Müller (Wie das Leben so spielt)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen