Manfred Bieschke-Behm

Der Gärtner der Villa Taranto - Teil I


 
Besonders im September und in den Folgemonaten arbeitet Roberto gerne in den Gärten der Villa Taranto. Die Tage sind, was die Arbeit betrifft, erträglicher. Die Sonne brennt nicht mehr so stark auf seinen Körper und das Schweißwischen wird zur Nebensache.
Trotz der angenehm milden Herbsttemperaturen hat Roberto genug zu tun. Die vielen Pflanzen, Bäume und die riesigen Rasenflächen verlangen vollen Einsatz. Bäume sind für Roberto mehr, als Schattenspender. Wann immer es seine Zeit erlaubt, und er sich unbeobachtet fühlt, spricht er mit den Bäumen. Besonders die Ahornbäume, die im Herbst ihr Laub scharlachrot einfärben, haben es ihm angetan. In ihrer Nähe hält er sich besonders gerne auf. Ihnen erzählt er was ihn bewegt, was er vermisst und worauf er hofft. Weht der Wind durch das Laub, glaubt Roberto Antworten zu hören und fühlt sich häufig getröstet.
Heute hat er keine Zeit mit den Bäumen zu reden. Er muss die vielen nachgewachsenen, zum Teil starken Austriebe der großen Hecke, die den Park umgibt und an manchen Stellen den Blick auf den Lago Maggiore freigibt, stutzen. Diese Arbeit verlangt einiges an Kraft. Robertos durchtrainierter Körper ist gefordert. Kraftvoll führt er die elektrische Heckenschere über die Kronen der Hecke. Dabei glänzen seine schweißbesetzten Armmuskeln und vibrieren durch die Kraft des Motors. Das olivgrüne T-Shirt bekommt auf dem Rücken erste nicht zu übersehende Schweißflecke. Robertos freiliegende Waden sind angespannt und wirken steinhart. Roberto trotzt der Stärke der Heckenschere und gewinnt letztendlich den Kampf Maschine gegen Mensch.
Wieder und wieder wischt sich Roberto mit seinem rot karierten Tuch den wie in Sturzbächen fließenden Schweiß von der heißen Stirn. Dabei berührt er die Narbe über seinem linken Auge. Diese Narbe lässt ungewollt Gedanken an die Vergangenheit mächtig und bedrohlich werden. Mit seinem Taschentuch drückt Roberto ganz fest auf die Narbe. So, als würde er verhindern wollen, dass sie aufbricht. Was würde passieren? Diese Frage stellt sich Roberto nicht. Jedes Mal, wenn er die Narbe berührt, oder sie beim Blick in den Spiegel sieht, wird ihm bewusst, wie armselig sein Leben ist. Nicht nur um zu vergessen trinkt er einen gewaltigen Schluck aus seiner Wasserflasche und schüttet sich den Rest über den Kopf. Die wohltuende Kühle lässt für einen Moment vergessen, dass das Leben, das er führt, nicht das ist, was er gerne führen würde.  
 
 

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