Hans Witteborg

Katze und Hund

Katze und Hund

Wenn zwei Menschen sich inniglichst verabscheuen und ständig im Streit
mit einander liegen, so hat die Sprachschöpfung dafür ein Bild aus der Tierwelt entworfen: die sind ja wie Hund und Katze.
Nun ist es so, daß dies in dem Tierverhalten nicht immer zutrifft aber wir kümmern uns einmal nicht um die Ausnahmen, Ausnahmen stören nur unser Weltbild. Das soll zur Einleitung meiner kleinen „fabelhaften“ Geschichte genügen.
In einem alten, kleinen Haus in der Stadt, die keinen Namen verdient, lebte eine schon etwas ältere Witwe in ausgesprochen depressivem Unwohlsein. Ihre Einsamkeit war dermaßen ausgeprägt, daß diese schon an den Tapeten hoch kroch und sich durch den gelangweilten starren Blick der Bewohnerin an den Wänden festhielt. Manchmal kam eine Nachbarin zu Besuch, d.h. eher um nach der Witwe zu schauen, die sich fast nie draußen sehen ließ außer, daß sie schlurfend ihre Besorgungen für das tägliche Leben zu besorgen hatte. Die Nachbarin konnte es bald nicht mehr mit ansehen, wie die Alte innerlich verkümmerte.
„Ein Therapiehund wäre gerade das Richtige“, dachte sie in ihrer Besorgnis.
Nun sind ausgebildete Therapiehunde nicht gerade billig zu haben. Aber als Ersatz müßte es wohl auch ein Hund aus dem Tierheim tun...einer, der nicht ganz so klein sei und die alte Frau noch ein bißchen fordern sollte. Da war ein Schäferhundmischling gerade das Geeignete. Ach, wie gütig war doch diese Nachbarin. Sie nahm den Mischling mit nach Hause. Schellte bei der alten Dame an und bat sie das Tier doch für einige Tage in Verwahrung zu nehmen,
da sie selbst dringend verreisen müsse. Sie stellte auch eine ganze Batterie von
Büchsennahrung zur Verfügung, sagte der Hund höre auf den Namen RAMBO
und verschwand ohne sich die Einwände der Witwe anzuhören.
Nun meint der Leser, daß es einerseits solche Menschen nicht gibt und andererseits die Witwe das Mündel wohl empört zurückgewiesen hätte.
Da irrt man sich aber gewaltig! Gutmenschen in ihrem Tun sind immer sehr schnell verschwunden...wie auch RAMBO in die hinterste Ecke der Wohnung, so daß der Überraschten keine Zeit blieb für irgendwelche Zurückweisungen.
Bitte sehr, dies erklärt doch die Szene ausreichend, wenn nicht, frag ich mich warum man mich am Erzählen meiner Geschichte unbedingt hindern will? Na also!
Eines war jedenfalls erreicht: Rambo machte seinem Namen alle Ehre. Durch seine Wildheit und Wuseligkeit hatte die alte Dame ständig etwas aufzuräumen,
mußte häufig das Haus verlassen zum Gassigehen mit dem Tier: mit anderen Worten, sie hatte gar keine Zeit mehr für Depressionen. Aber der Hund wurde dadurch eher lästig und gegenseitige Liebe sah anders aus. Selbst wenn Rambo Aufmerksamkeit heischend seinen Kopf in ihren Schoß legte, wurde er weggeschoben und beschimpft. Struppig aber nicht kuschelig, der Straßenköter!
Inzwischen war eine Woche vergangen. Beim Ausführen des vermeintlichen Gastes, sah sie am Straßenrand eine gar jämmerlich vernachlässigte Katze, die sie auf den Arm in ihre Obhut nahm, um sie vor dem eifersüchtigen Hund zu schützen. Das Trio wanderte heim, wo sogleich die arme Katze sich aller Wohltaten der neuen Besitzerin erfreute. Katzenliebhaber kennen das. Da wird gestreichelt, liebkost und als ob der Stubentiger keine Beine hätte auch ständig herumgetragen. Arme Viehcher. Gott sei Dank haben sie Charakter und entziehen sich zuweilen allzu erdrückender Zärtlichkeiten. So auch Mauz, die Katze. Dann gab es immer eine wilde Jagd durch die Wohnung, denn Rambo –
ihr ahnt es – wollte doch nur spielen. Dann gab es immer Tritte und Beschimpfungen für den Hund.
„Siehst du,“ pflegte MAUZ dann dem Hund mit frechen Grinsen zu zumiauen,
„Madame hat mich viel lieber als dich stinkigen Köter.“ Der antwortete mit bösem Knurren und bellte: Geh mir bloß aus dem Weg, du schleimige Heuchlerin, irgendwann werde ich dir deinen Schwanz abbeißen!“ Dies alles geschah, ohne daß die alte Frau auch nur ein Wort verstand. So sind sie die Menschen, sie verstehen niemals die Nöte ihrer tierischen Hausgenossen (Anmerkung d. Autors)
Inzwischen waren mehrere Monate vergangen. Die Nachbarin war fortgezogen und somit eine Rückgabe des „ Pflegegastes“ auch nicht mehr möglich. Man hatte sich aneinander gewöhnt. Der Zank zwischen den Tieren verkam zur Routine. Der Unterschied in der Behandlung der Hausgenossen war aber geblieben. Hier MAUZ, die getätschelt, gestreichelt und inbrünstig geliebt wurde (sie durfte sogar im Bett der Hausherrin schlafen), dort RAMBO, zwar liebebedürftig doch stetes verachtet, beschimpft und dann noch von Mauz verhöhnt.
Eines Tages – zur Ehrenrettung von Rambo sei gesagt, er hatte damit gar nichts zu tun - entwich die Katze in den Katzenhimmel (das Wort tot, wollte ich vermeiden mit Rücksicht auf die empfindsamen Seelen aller Katzenfreunde).
Herzinfarkt, überfüttert und zugeschüttet mit zu viel Liebe! Da gab es in dem Haus sehr gegensätzliche Stimmung: der Hund außer sich vor Freude, die Hausherrin von Schmerz zerrissen. Das führte sie nach einigen Stunden zu der Überlegung etwas von ihrem Liebling als Souvenir zu bewahren. Sie dachte da an dieses weiche, kuschelige Fell, das sie sooft gestreichelt hatte. Darauf wollte sie auch in Zukunft nicht verzichten. Es stellte sich zudem eine weitere Überlegung ein. Ihr altes Leiden, das Rheuma in dem Knie stellte sich wieder ein...sie könnte doch ...nein, wie herzlos... das Fell der Katze um ihr Knie binden, so hätte sie das Tier quasi wieder um sich und erfüllte noch einen brauchbaren Zweck. Kein Unglück zu groß ...es ist auch immer Profit dabei!
Die Alte kannte einen Präparator, der die notwendigen Schritte einleitete.
Da saß sie nun in ihrem verschlissenen Sessel, das Fell ihres Lieblings ums schmerzende Knie gewickelt. Eine Hand streichelte seltsamer Weise das Fell ihres sonst verschmähten Hundes.
„ Ei“ dachte dieser, „bevor du hier auch alle Viere von dir streckst und man dein Fell um das andere Knie wickelt, da habe ich doch besseres verdient!“ In ihm reifte ein Plan, wie er diesem Schicksal entgehen könnte. Bei nächster Gelegenheit zum Gassigehen riß er sich los und rannte, rannte so schnell er konnte auf davon. Wohin? fragt ihr mich. Ist doch klar...nach Bremen.
Ach so, wegen des Märchens der Gbr. Grimm? Weit gefehlt! Arme Hund zieht es zu den Sozialen Brottöpfen...hätte ich Fleischtöpfe gesagt, hieltet ihr mich für zynisch.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 07.02.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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