Nicolai Rosemann

Vorposten

Vorposten

Der Regen prasselte auf das Blechdach der Lagerhalle. Cat saß hinter einem Bretterstapel und reinigte ihre LV 426.
In einer Pfütze lag ihr zusammengeknüllter Einsatzbefehl. Die Tinte was schon verlaufen und färbte das Regenwasser schwarz.
„Vorposten in einem gesäuberten Gebiet...Sicherung einer Zone...Überwachung der Wiederansiedelung von Zivilisten. Fick dich, Ross! Wenn wir uns nur einmal ein Schiff teilen puste ich dir dein Hirn raus und schmeiße deine Leiche ins All!“ fluchte sie.
„Cat! Beruhige dich! So schlimm ist das auch nicht. Nur naß.“ rief Pilot, ihr Teamkamerad, und schloß die Tür hinter sich. „Außerdem ist dieser Wichser von der Union in der Nähe. Der bringt dich glatt vor ein Gericht!“
„Soll er doch. Da ist es trocken und die Verpflegung ist besser.“ antwortete Cat und zog sich einen Regenschutz über.
„Cat.“ rief Pilot ihr nach. Sie drehte sich um und konnte gerade noch eine LV 426 auffangen, die auf sie zuflog. „Offiziell ist der Sektor sauber. Aber man weiß nie.“ sagte er.
„Danke.“ murmelte sie.

Seit zwei Stunden saß Cat in ihrem provisorischen Unterschlupf aus Geröll, Brettern und Wellblech. Ihre Waffe lag griffbereit neben ihr, in der Hand hielt sie zwei Erkennungsmarken. Sie gehörten M. Smith, ihrem Freund. Er war vor acht Wochen gefallen.
Cat starrte in die Ferne und saß sich plötzlich ihrem Freund gegenüber. Er sagte etwas, aber sie verstand nicht was er wollte. Er streckte seine Hand aus und Cat wollte danach greifen, berührte aber nur eine Bretterwand. Dann war er wieder verschwunden.
Sie ergriff ihre Waffe und legte an. Am anderen Ende der Straße erschien ein Rebell. Sie sagte: „Genau zwischen die Augen!“ Dann drückte sie ab.
Ein zweiter Rebell kam. „Ich brauche nur einen Schuss!“ Peng. Hätte man zumindest erwartet. Aber das Gewehr lief leer. Nur eine leere Hülse, die bereits rostig war, fiel neben die erste. Cat ergriff sie und steckte sie wieder in die Tasche.
Es waren ihre ersten gewesen. Mit nur einem Schuss hatte sie die drei Rebellen aus dem Krieg gekickt.
Die legte ein echtes Magazin ein und lud durch. Schuss. Durchladen. Zielen. Schuss. Durchladen. Zielen. Plötzlich hatte sie ein Ziel. Drei Soldaten rannten auf regennasser Straße in ihre Richtung. Cat zielte genauer und erkannte Uniformen der Union. Die eigenen Soldaten. Keine Gefahr.
Aber plötzlich erschien ein vierter Soldat und feuerte auf die Flüchtenden. Dieser trug die Uniform der Rebellen.
Der letzte Soldat wurde getroffen, fiel vornüber und versuchte weg zu kriechen. Aber er konnte seine Beine nicht bewegen. Der Schütze kam näher und legte an den Kopf des Soldaten an. Er wollte abdrücken, aber Cat war schneller. Sein Helm wurde durchschlagen und Teile des Schädels und Gehirnmasse spritzten über die Straße und vermischten sich mit dem Regen.
Die anderen zwei kamen zurück und nahmen ihren verletzten Kameraden mit. Plötzlich bog aber ein Schützenpanzer um die Ecke und eröffnete das Feuer. Die drei Soldaten hatten keine Chance.
Einer zuckte noch, war aber verloren, als der Panzer beschleunigte und ihn zerquetschte.
Cat legte an. „Schweinehund!“ Dann tötete sie den Fahrer des Panzers. Dieser begann zu schlingern und überschlug sich dann. Der Schütze am MG wurde vom Panzer zerquetscht.
Plötzlich knisterte das Funkgerät: „Cat. Wir haben neue Order. Wir liegen in einer G- oder Brennzone. Du hast 10 Minuten um einen Bunker zu erreichen.“
„Napalm?“ fragte Cat.
„Nein. Atomic Strike. Neun Minuten, Cat. Beeile dich bitte.“ antwortete Pilot.
„Fuck! Wo ist der nächste Bunker? Schnell!“
„Union HQ West, 800 Meter von deiner Stellung. Beeile dich aber jetzt. Sonst gehst du in die Geschichte ein!“ rief Pilot.
Cat ließ sich das nicht zwei Mal sagen. Sie sprang aus ihrer Stellung und spurtete zu der Feuerleiter. Sie glitt an ihr zu Boden und landete hart.
Einen Moment sah sie nur Sterne, rannte dann aber los. Ihre Stiefel versanken bis zum Knöchel im weichen, schlammigen Boden.
„Cat! Drei Minuten! Wo bist du?“ fragte Pilot.
„Fast da. Noch ein Moment!“ antworte sie und warf das Funkgerät weg. Es war nur noch Ballast für sie. Im Rennen streifte sie ihren Rucksack ab und auch den Überlebensgürtel.
Dann geriet sie aber ins Stolpern und fiel hin. Ihre Arme versanken im Schlamm und kosteten sie wertvolle Sekunden.
Sie rappelte sich aber hoch und rannte weiter. Als sie um eine Ecke bog, sah sie einen Schützenpanzer der Rebellen vor sich. Er brannte aber und hatte ein Loch im Schützenturm. Cat rannte weiter und saß schon die Tür des Bunkers. Pilot stand in der Tür, bewaffnet wie immer.
„Lauf, Mädchen!“ rief er ihr zu.
Cat rannte so schnell sie konnte, geriet aber wieder ins Stolpern. Sie fiel wieder hin und sank ein. Pilot war sofort bei ihr und half ihr auf.
„Schnell!“ rief er und drehte sich um. In der Tür des Bunkers stand Burke, der Kontrolloffizier der Union. Er schüttelte den Kopf und schob die Tür zu.
Pilot war sofort an der Tür und streckte seine Hand in den Raum zwischen Tür und Angel. Aber Burke schob sie unerbittlich zu, bis das Gewicht der Tür Pilots Hand abtrennte.
Entgeistert sah Pilot seinen blutenden Armstumpf an. Dann begann er zu schreien. Cat war sofort bei ihm.
„Dieses Schwein! Wenn ich den erwische ist er dran!“ schrie sie und schlug mit aller Kraft gegen die Tür.
Über ihnen dröhnten die Triebwerke eines Bombers.
Cat sah Pilot in die Augen. Sie waren schon rot und Tränen der Enttäuschung rannen beiden über die Wangen.
Ein hohes Zischen übertönte einen Donnerschlag. Die Bombe war unterwegs.
„Nicht so.“ sagte Cat. Dann küßte sie Pilot.

Ein Lichtblitz überzog die Stadt, die früher einmal New York gewesen war. Dem Lichtblitz folgte ein ohrenbetäubender Knall.
Cat spurte die Hitze auf der Haut, die Blasen bekam und verkohlte. Sie spürte wie ihr Fleisch verkohlte und von ihren Knochen fiel. Die kannte diesen Geruch von den Kämpfen – den Geruch von verbranntem Fleisch. Dann war Ende.


Heute ist Freitag, der 24. Dezember im Jahr 2076.
Die Rebellen haben die letzte Warnung der Union in den Wind geschlagen. Sie haben weiterhin zivile Hospitals angriffen, um die angeblichen Experimente an ihresgleichen zu unterbinden. Wir haben sie gewarnt – nicht nur vor unserer Armee, nein auch vor den Bomben. Sie waren aber taub. Und jetzt tragen sie die Konsequenzen. Wir sind stolz berichten zu dürfen, dass 23 Brigaden und 12 Garnisonen der Rebellen restlos vernichtet wurden, alleine in New York. Unsere Verluste sind eher gering. Laut der Regierung haben wir nur 125 Mann verloren, alles Piloten von Kampfmaschinen. Keine Verluste bei Panzertruppen oder Infanterie gemeldet. Außerdem hat unsere Flotte heute einen wichtigen Sieg davongetragen und den Belagerungsring um unsere Seebasis „Atlantica“ durchbrochen. Lediglich 24 Schiffe gingen verloren, 12 wurden beschädigt. Über Feindverluste liegen keine Daten vor, aber es ist die Rede von 78 Schiffen.
Wir sind dem Endsieg nahe, so nahe wie noch nie zuvor. Brüderlichkeit – Einigkeit – Freiheit! Für unsere Freiheit!



Manche kommen nicht miteinander aus.
Nur wenige überlebten das nukleare Höllenfeuer Weihnachten 2076.
Einige flüchteten in unterirdische Bunker.
Die anderen wurden sich selber überlassen.

Der Beginn des Weihnachtszwischenfalls auf der Erde. In einem letzten Verzweifelten Schlag versuchen die UN und ihre Verbündeten die Ausständischen Rebellen zu schlagen. Ob sie erfolgreich waren? Man wird es sehen...Nicolai Rosemann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.05.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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