Christa Astl

Hühner und Hasen (aus meiner Kindheit)

 

 

 
Einige Zeit hatten wir Hühner. Im Nachbardorf kaufte Mutter zehn „Eintagsküken“, die sie in einer kleinen Schachtel nach Hause trug. Die „Kinderhühnersteige“, wie ich sie nannte, stand auf dem Herdrand, damit es die jungen „Pipelen“ oder „Biewal“, wie Mutter sagte, nicht zu kalt hätten. Und dann kochte Mutter deren Kraftfutter: gekochte, zerdrückte Kartoffeln, vermischt mit Haferflocken und rohem Ei, das bekamen sie zuerst zu fressen, allmählich wurden sie mehr und mehr auf Körner umgestellt. Als der Sommer kam, übersiedelten wir die inzwischen schon recht großen Küken in den Hühnerstall hinterm Haus oder später dann im Holzschuppen. Die Hähnchen kamen allerdings bald danach in den Kochtopf.
Da gab es dann auch einen Auslauf für die Hühner, damit sie nicht dauernd in der engen Steige sitzen mussten. Ein hohes Gitter umgab den Platz, der anfangs schönes Wiesenland war, aber durch ihr Scharren hatten bald jedes grüne Hälmchen vernichtet. So durfte ich sie immer mit Grünfutter versorgen.
Als der Stall noch hinter dem Haus war, erlebten wir eines Morgens eine traurige Überraschung: ein Hermelin, oder Marder(?) hatte zwei Hühnern die Kehle durchgebissen, die drei anderen flatterten völlig verstört herum. Daraufhin bekamen sie einen sicheren Platz im neuen Holzschuppen. Da mussten sie anfangs jeden Abend vom Freigehege zurück getragen werden. Im Herbst, wenn der Garten abgeerntet war, durften sie dort nach Würmern und Käfern suchen, sicher waren das Hühnerfeiertage!!
Manchmal ließen wir sie auch während des Jahres heraus und ich musste sie hüten. Meist grasten sie brav oder nahmen an der Hauswand ein Sandbad. Einmal aber passierte mir etwas Schreckliches. Wie es sich für ein Hütermädchen gehörte, hatte ich eine dünne Gerte, um sie zurückzutreiben. Ich schnalzte so lustig drauflos, und – o Schreck, ich traf ein Hühnchen, ohnehin schon das Kleinste. Es taumelte und blieb reglos liegen. Auf mein Schreien kam die Mutter, hob es auf, bettete es in eine Schachtel, und gar bald kehrte es ins Leben zurück. Etwas benommen, schwankend war es noch, so dass wir es einige Tage in der Schachtel ließen und in die Wohnung mitnahmen. Es war nämlich das zarteste und kleinste Huhn, das von den anderen ohnehin meist vom Futtertrog weg gestoßen wurde. So konnte es sich bald erholen und durfte gestärkt wieder in die Gemeinschaft zurück.
Mittlerweile fanden die Hühner selber in ihren Stall zurück, wenn man ihnen größere Umwege abschnitt. Ihr Weg führte an einem Hackstock vorbei. Meinem „Unfallhühnchen“ gab ich dort oben immer noch einige „Leckereien“. Bereits am dritten Tag hatte es begriffen, dass auf dem Hackstock vielleicht Zusatzfutter warten könnte und flog hinauf. Laut gackernd beschwerte es sich, wenn noch nichts dort lag. Erst dann lief es auf direktem Weg in den Stall.
Muss ich noch erwähnen, dass es groß stark und selbstbewusst wurde und schließlich einen oberen Rang in der Hühnerhierarchie einnahm? Und wer sagt jetzt noch was von dummen Hühnern?
Dass hin und wieder ein Huhn im Suppentopf endete, war damals normaler Alltag und in allen Häusern so.
Später hatten wir auch einige Kaninchen, natürlich auch als Sonntagsbraten. Vater war über diese Haustiere nicht erfreut, sie waren schließlich ein Jahr lang „nichtsnutzige Fresser“. Während der „Kaninchenzeit“ war ich schon gute 10 Jahre alt, ich will nicht so weit vorgreifen.

 
ChA 2014

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