Andreas Rüdig

Teleportation

Priman und Sekundam ist ein Verbund aus zwei Planeten, die um die Sonne Tertiam kreisen. Sie befinden. Sie befinden sich sehr eng beieinander, etwa so weit wie die Erde zum Mond. Aufgrund ihres geringen Durchmessers waren sie für die menschlichen Astronomen lange Zeit unsichtbar gewesen.
 
Entdeckt wurden sie eher durch Zufall. John James Jones, der verantwortliche Himmelskundler in New Munic, Texas, VSD, fielen im Sternbild des Weinstockes immer wieder zwei winzige Pünktchen auf, in denen es gelegentlich in Sekundenbruchschnelle hin und her ruckelte.
 
„Was ist das?“ überlegte der wißbegierige Astronom. „Ein Stern, der blitzschnell seine Lage verändern kann? Ein Komet auf Schlingerkurs? Eine trudelnde Außerirdische Sonde?“ Seine Neugierde war geweckt.
 
„Bist du bereit?“ fragte er kurz entschlossen seinen Kollegen Jack Johnson. Das „Ja“ war eher gegrunzt denn geantwortet. „Gut. Dann fliegen wir in drei Tagen ab.“
 
Gesagt, getan. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit setzten sich die beiden Raumflieger in ihr Weltraumschiff und machten sich auf den Weg.
 
„Welches Wurmloch nehmen wir?“
 
„3R. Ist schon eingestellt.“
 
Die Reise nach Priman verlief kurz und reibungslos, wie sich Johnson später erinnern sollte. Nur mir der Landung gab es Probleme. Es gab nämlich weder einen Raumbahnhof noch ein freies Fleckchen Land. „Der Grund dafür ist einfach,“ berichtet ihnen kurze Zeit nach der Landung Quintus Quintillius, der Präsident des Planenten bei einem Empfang.
 
So mußte man auf einen alten, fast schon vergessenen Trick zurückgreifen: Die irdische  Raumschiff benutzte seinen Wolkenzusammendrücker. Neben ein bißchen Regen für den ansonsten sonnendurchfluteten Planeten gewannen die beiden Erdlinge so auch eine Plattform, auf der sie ihr Raumschiff abstellen können. Mittels Strickleiter gelangten sie dann auf Prisman.
 
Woher das auf der Erde festgestellte Ruckeln kam, sollten sie schon einige Zeit später feststellen. Der Himmel ist ein Ort sein, an dem das jenseitige Leben gelebt wird und an dem die Götter oder der Gott ihre Heimat haben. Als Gegenstück des Himmels wird die Hölle gesehen. Der Himmel gilt dann als der Ort der größtmöglichen Nähe zu Gott, die Hölle als Ort der größtmöglichen Gottferne.
 
„Viele von uns Primanern wollen natürlich in den Himmel kommen,“ berichtet Quintillius. „Nur meint Himmel bei uns nicht irgendeinen entfernten, weit abseits gelegenen, abstrakten Ort. Schauen Sie doch mal nach oben. Dort ist Sekundam.  Bei uns auf Priman gibt es keinen Platz mehr. Die Unterwelt ist schon voller Leichen. Auf Sekundam ist aber noch viel Platz. Dort ist es auch sehr fruchtbar – Obst, Gemüse, Getränke und Leckerbissen aller Art gibt es gibt. Also haben wir die Teleportation für uns entdeckt.“
 
Teleportation bezeichnet den Transport einer Person oder eines Gegenstandes, allgemeiner von Materie von einem Ort zu einem anderen, ohne dass letztere dabei physisch den dazwischen liegenden Raum durchquert. „Bei lebenden Organismen ist Teleportation natürlich äußerst schwierig,“ berichtet Prof. Dr. Rolf-Ralf Witzelblatt, der führende Naturwissenschaftler vor Ort. „Dafür müßten wir ja sich bewegende, interagierende Atome und Moleküle auseinandernehmen. Leichen sind für Teleportation viel besser geeignet.“
 
Auf Sekundam kommen die Menschen dann als Haufen von Kohlenstoff, Cadmium, Wasserstoff, Sauerstoff und woraus wir sonst noch bestehen an. „Nein, die Himmelsfahrt ist damit beendet,“ betont Witzelblatt. „Die Menschen haben ja so ihr Ziel erreicht. Sie sind im Himmel und können trotzdem wiederverwertet werden. Die Materie, die dort oben ankommt, wird beispielsweise in der Land- und Forstwirtschaft gebraucht. Sie kommt dann als Obst und Gemüse wieder nach Priman zurück.“
 
„Ja, und was ist dann mit der Seele,“ entfuhr es Johnson spontan. „Oh, die befindet sich in unseren Körpern in einem besonderen Organ, das wir Seelenhaus nennen. Es ist in unserem Gehirn angesiedelt. Sie ist eine Mischung aus Vakuum, Materie und Antimaterie. Wie bei den alten Ägyptern holen wir sie kurz vor der Teleportation heraus und lagern sie in einem eigenen flaschenartigen Gefäß ein. Nur so für den Fall, daß der primanische Leib die Teleportation nicht übersteht, zurückkommt und noch immer zusammengesetzt ist. Dann wird die Seele wieder eingepflanzt. Erst wenn der Körper komplett auf Sekundam angekommen ist, gilt ein Primaner als komplett beerdigt. Die Prozedur – Seele raus, Körper hoch – wird so lange durchgeführt, bis die Beerdigung abgeschlossen ist. Bei einem so überbevölkerten Planeten wie unserem ist dies die sicherste Methode, unnützen Ballast loszuwerden. Das Obst und Gemüse kommt übrigens auch per Teleportation zu uns – daher das Ruckeln in beide Richtungen.“
 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Andreas Rüdig).
Der Beitrag wurde von Andreas Rüdig auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.03.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Andreas Rüdig als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Die Trilogie der Phönix 1 (3 Bände) von Saskia Burmeister



Spannend, phantasievoll, auch für Kinder, die ansonsten nicht gern lesen! Die Bücher können auch vorgelesen werden. Die Sprache, in der sie verfasst sind, wird kein Kind überfordern. Die Bücher enthalten zudem viele Bilder, die die Autorin selbst gezeichnet hat.

„Start frei Phönix 1“ ist der erste von insgesamt drei Teilen, in denen es um ein Raumschiff, die Phönix 1 und deren Besatzung geht. Die fünf Mitglieder der Crew reisen mit ihrem superschnellen Raumschiff sozusagen als Raumpolizei (später als Forscher) durch das All. Dabei erleben sie viele Abenteuer. Auch geht es um eine Liebesgeschichte zwischen zwei Crew-Mitgliedern. Warum diese allerdings von der einen Seite nicht erwidert wird, soll vorerst noch ein Geheimnis bleiben. Nur eines soll verraten werden: Wer in der Vergangenheit „wühlt“, kann auf etwas treffen, das nicht nur unglaublich, sondern auch erschreckend sein kann.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Science-Fiction" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Andreas Rüdig

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Ernährung und Liebe von Andreas Rüdig (Humor)
Die Schattengalaxie von Benjamin Bieber (Science-Fiction)
Eine seltsame Liebeserklärung von Dieter Hoppe (Freundschaft)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen