Ulla Meyer-Gohr

EIN TAUFKLEID für ZWEI

 

Ein pausbäckiges Babygesicht mit kleinen abstehenden Ohren schaute die Betrachterin neugierig an. Nicht gerade hübsch konnte dieser kleine " Wonneproppen " genannt werden. Aber die Fröhlichkeit, die von dem Kind ausging, zauberte ein Lächeln auf das Gesicht der Sara Grünewald. Doch die eigentliche Aufmerksamkeit zog das edle Taufkleid auf sich, welches das Kind trug. Es bestand aus cremefarbener Brüsseler Spitze und um den kleinen Körper kunstvoll drapiert. Fast zwei Drittel des Bildes nahm es in Anspruch. Optisch machte das Kleid aus dem Mädchen eine kleine Prinzessin. - Sara legte das Album mit den vergilbten Fotos aus der Hand. Die Aufnahme stammte aus dem zweiten Weltkrieg und Luxus zu der Zeit ein Fremdwort. Eine Frau von Selten kam der Mutter zu Hilfe. Kurz entschlossen stellte sie dieses Taufkleid zur Verfügung.               
      " Frau Wilson die Taufe meiner Tochter findet am 28.Mai statt und die Taufe ihrer Tochter am 2.Juni. Die beiden Mädchen können sich gern das Taufkleid teilen. - Finde ich !"

                                           ------  UND  SO  GESCHAH  ES  ------


An einem Donnerstag suchte Sara  ein kleines Gartenlokal, an der Elbe auf. um einen Kaffee zu trinken. Sie sah den Containerschiffen zu wie sie langsam vorbei zogen. Lotsen führten das Kommando, um diese Riesen sicher über den Elbstrom in den Hafen zu geleiten. Inzwischen füllte sich das Lokal. Die meisten Gäste zählten zu den Ausflüglern. Am Nachbartisch fand sich eine Mutter , zwei Kinder und ein schwarzer Mops ein. Bald scholl Gelächter zu Sara Grünewald herüber. Nur den Hund langweilte das Treiben seiner Familie. Er zerrte an seiner Leine. Nach mehreren vergeblichen Versuchen löste sich die Verknotung; die Leine gab nach und das Tier tänzelte vor Freude über seine  gewonnene Freiheit. Er hüpfte in großen Sprüngen über den Rasen ließ sich vor Sara auf den Rücken fallen und forderte seine fehlenden Streicheleinheiten. Dazu stieß er ein hohes, fiependes Gejaule aus, das wie fröhlicher Hundegesang klang. Sein Fehlen blieb nicht lange unbemerkt.
      " Bruno, was ist denn in dich gefahren ? - Hast du einen Sonnenstich bekommen ?"
Die Mutter erhob sich. Mit großen Schritten kam sie über den Rasen, um die Störung des Tieres zu entschuldigen. Dann kniete sie vor Bruno nieder und streichelte das Tier liebevoll. Nebenbei ergriff sie die Leine. Die Fremde hob wieder den Kopf um Sara an zusehen. Plötzlich begann Sara Grünewalds Herz wie wild zuschlagen. -- Wo hatte sie diese pechschwarzen Haare, die strahlenden, dunklen Augen schon einmal gesehen und die herzliche Stimme schon einmal gehört ? ---. Ihre Erinnerungen gingen in die früheste Kindheit zurück. Eine imposante Erscheinung erschien vor ihrem geistigen Auge mit einer verblüffenden Ähnlichkeit der Unbekannten, die sich gerade vor ihr erhob.-- FRAU  VON  SELTEN  ! - Sie spürte noch einmal die menschliche Zuwendung, die diese Frau ausstrahlte. Irgendwann verschwand diese charismatische Frau aus ihrem Leben. Es hieß, sie habe Krebs und sei früh gestorben.
      " Oh, - Bruno stört nicht. - Im Gegenteil er sorgt sogar für Unterhaltung !" kam es abwesend aus Sara heraus. Sie nahm allen Mut zusammen,"  entschuldigen sie meine Neugier -- wohnten sie früher in Harvestehude,am Mittelweg und ihre Mutter ist eine Frau von Selten -?"
Verblüffung stand der Unbekannten ins Gesicht geschrieben.
      " Ja ? - Wieso ? - Woher wissen sie das und wer sind sie ? - Es - war - meine - Mutter !" stammelte die Fremde verwirrt.
      " Wir beide haben dasselbe Taufkleid getragen. Ihre Mutter half meiner Mutter aus der Patsche. Wir hatten kein Taufkleid in der von Hungersnöten geplagten Zeit," kam es leise und zaghaft über Saras Lippen.
      " Sie sind das kleine, blonde Mädchen mit den Barocklocken und den strahlenden ,blauen Augen ?! - Ich habe mich später oft  gefragt, was aus diesem kleinen Mädchen geworden ist und wie es wohl aussieht ?! --- Ein seltsamer Zufall, der uns hier zusammen führt !" ----
Die Fremde bekam einen Lachkrampf.Danach schnappte sie nach Luft. Es dauerte einen Moment bis sie wieder fähig war zu sprechen. Bruno verfolgte aufmerksam das verwunderliche Treiben seines Frauchens. Mißtrauisch verbellte er die Situation.
      " Still - Bruno - still ! -- Sähe ich meiner Mutter so ähnlich, dass sie mich sofort erkannten ?"
      " Ja, - sie sind ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, nur kleiner vom Körperbau her."
      " Ich weiß so wenig über meine Mutter, da sie früh verstarb," nachdenklich kraulte sie Bruno,der ihr, als Liebesbeweis, die Hand leckte. Nach einer längeren Pause sprach sie weiter, " bevor ich Hamburg verlasse sollten wir uns zu einem ausgiebigen Gespräch treffen. - Wie wäre es mit Morgen, gegen 16 Uhr, am Jungfernstieg, direkt bei den Anliegerstegen der Alsterdampfer. - Übermorgen fahre ich zurück nach Stuttgart; dort lebe ich mit meinem Mann und den zwei Kindern.---Können sie überhaupt so kurzfristig ?"
      " Mama---nun --- komm --- schon !!! --- Wir verpassen sonst unsere zugesagte Verabredung !"quängelten die Kinder ungeduldig.
      " Mein Name ist Viktoria von Stumm. - Hier meine Visitenkarte, damit wir uns nicht wieder aus den Augen verlieren," sie holte eine einzelne Karte aus ihrer Jackentasche, die sie zufällig bei sich trug.
      " Ich bin Sara Grünewald. -- Das trifft sich gut. ----Ich kann Morgen ."
      " Also bis Morgen !"

Beide umarmten sich spontan als wäre es schon immer so gewesen. Der Anfang einer großen Freundschaft begann, die so lange auf sich warten ließ.
                     

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.03.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Genau diese Frage stellt sich der deutsche Abenteurer Roger Peters, als er den zunächst recht harmlos erscheinenden Auftrag übernimmt, im peruanischen Urwald nach einer versunkenen Stadt zu suchen.
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Ein spannender Abenteuerroman, der hauptsächlich in der recht abgelegenen und bisher wenig besuchten Bergregion von Chachapoyas, Peru spielt, mit allen Mysterien der früheren prä-kolumbischen Hochkultur ( 1000 - 1400 nach Chr. ) sowie geschichtlichem Hintergrund

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