Ronny Boch

Der Zeitmaler

Ein Uhrzeigersinn

Verloren, für immer und unwiederbringlich, war ihr Anzeigen und Abbilden der Zeit. Über Jahre hinweg hatte sich die starre, silbrig glänzende Nadel in immer gleich bleibenden, kleinen Schritten ruhelos über den matt-schwarzen Untergrund mit seinem symmetrischen Zahlenkranz bewegt. Keine Ausrichtung war dieser starren Nadel lieber oder wichtiger gewesen als eine andere. Überall war sie kurz zu Gast, um alsdann mechanisch und vorherbestimmt weiter Kreise zu ziehen. Er war mit ihr verbunden gewesen, lange Zeit, mehr als am Handgelenk. Geschenkt hatte er sie bekommen, vom Onkel seines Vaters, vom Großonkel. In diese vorväterliche Generation hinüber, war sie eine Verbindung gewesen. Hinüber nun, verbindlich gelöst, das Handgelenk entblößt und durch einen Streif zuvor verdeckter, weißer Haut gezeichnet. Verloren für immer in diesem vergitterten und tief-schwarzen Schacht, übergeben in die Kanalisation der ewigen Stadt. Vergebens alles Versuchen und Ärgern, Verwünschen und Bedauern. Nichts von Dauer, im Dunkeln verblichen, die bergvölkisch präzise Uhr. Eigentlich hatte es diesen Vorfall zur Bewusstwerdung nicht gebraucht. An eben diesem Tag beschloss er aber, einen wesentlichen Teil seines Lebens damit zuzubringen, die ewige Begleitung aller Dinge und Räume, die unwiederbringliche Zeit, zu malen.


Säugetier

An vielen malerischen Morgen hatten ihn die Geräusche der Straße aus dem schlanken Bett gezogen. Hohe Frauenstimmen, schmerzhaft oder lockend. Rasch und eingeübt folgte eine Tasse Kaffee. Vielleicht erstmals verfolgte er mit größter Aufmerksamkeit, wie sich die fettig, weiße Milch schleierhaft im schwarzen Bohnensaft weiter und weiter verteilte und zusehends einem Gesetzen folgenden Zufall glich. Tiefe und geheime Natur spiegelte sich im Kaffee wider. Das Zähneputzen, gleich danach und nebenan, fiel ihm heute wieder schwer. Nicht zur völligen Überraschung – war er doch Maler – und die borstigen Zahnpinsel dienten, im Unterschied zu allen anderen seiner Pinsel, zum Entfärben, nämlich der Zähne. Merkwürdig doch, einen malerischen Morgen, den Arbeitstag als Maler, mit dem Versuch eines Farbverlustes zu beginnen.

Neben den ergiebigen Arbeitstagen als Maler, Kunst begeisterten Tagen, gab es noch andere – Tage und gebrochene Abende, dem Lebensunterhalt zweckgewidmet. Eigentlich tut das nichts zur Sache, soll uns folglich nicht weiter beschäftigen. Auch einem Broterwerb ging er also nach und einzelne Abschnitte dieser Zeit konnten sogar als Gedankenursprünge, als Motive in seinen Bildern dienen. Bewusst und nicht verbittert, lebte er nicht von der Malerei – vielleicht, vielmehr wahrscheinlich, wäre es gar nicht möglich gewesen. Allerdings ging ihm der Wert seines Malens über andere Wertigkeiten weit hinaus. Tagsüber sicherte sein Broterwerb reichhaltige Mahlzeiten und abends meist ausreichend Malzeit. Hermann Hesse‘s Worte belebt, ging es dem Maler nicht um Pfennige, um die Sterne ging es ihm. Vielleicht war er ein Träumer, Lebenskünstler und sogar Existenzialist, und gerne auf dem Weg in den Hintergrund. Sicherlich war er begeisterter Maler, ein Zeitmaler, womöglich auf Lebenszeit.

Nachdem er die Wendeltreppe des Stiegenhauses im Uhrzeigersinn hinab rotiert war, wurde er aus dem Haustor in die Straße gespien – eine weite, gepflasterte Straße in der vieldimensionalen Raumzeit dieser kräftigen und ewigen Stadt – Rom. Heiter und geduldig schuf er, der Zeitmaler, in dieser Schatzkammer voller Statuen und Gemälde, Wiege der Ästhetik voll Fetzen alter Zeiten. Hier eine steinerne und doch sanfte Säule, reich verziert, dort ein statisch-dynamischer Bogen, der Erdanziehung und Angriffen angehäufter Zeit trotzend. Rom, alte Wölfin, heute biegsam wie alle modernen Städte, gierig-hungrige Menschenkinder säugend.


Philosoph

Eines ihrer Kinder, das war er, von Anbeginn und dann täglich. Schlicht und geradlinig bewegte er sich in Roms Straßen, ohne provokantes Detail. Keine Farbe seiner Kleidung drängte in den Vordergrund – kein Rot, das Grünem Böses wollte, nicht Schrift oder Wappen oder Krokodil am Hemd. Auch kein ins Grau gehendes Blau, kein Übergang der Fragen offen lässt. Zeitlos schlicht, so war er gekleidet, nicht erst seit ihm die Uhr am Handgelenk abhanden gekommen war. Zeitlos und in diesen Tagen etwa dreißig Jahre alt, eingerahmt in balkonierte und beblumte Häuserfassaden, die sich in den hellblauen Himmel verjüngten, seine Jugend durch ihre antike Prägung verstärkten.

Ein großes Bild, ein der Zeit gewidmetes aber doch zeitloses Kunstwerk, nicht weniger hatte er sich an diesem Tag vorgenommen. Die Reiterstatue des Marcus Aurelius wollte er verewigen, was als Skulptur festgehalten war, meisterlich auf Leinwand färben. Viel Zeit hatte er schon abbekommen, der bronzene Koloss auf weißem Kalkquader – Philosoph auf dem Kaiserthron – mit kräftigen Armen und Beinen und balancierend auf seinem Ross, die Arme frei und den Blick in die Weite schickend, starr und bestimmt, der Bronze gemäß. Ein Metalltuch umhüllt ihn leicht in hundert Falten, den rechten Arm gestreckt, gespannt, dem Volk zum Gruß. Und man meint, ein Zittern zu vernehmen. Der andere Arm, der linke, scheint behutsam zu ziehen, zu fordern, vom römischen Bürger aller Zeiten und noch heute zeitgemäß. Aurelius der Reiter, auf selbstbewusstem Ross, stolzem Ross, den nächsten Schritt setzend und mit dem Gespür, das Erste aller Rösser im Kaiserland zu sein. Dieses bewährte Bündnis aus Kaiser und Ross, wollte der Zeitmaler also in neuen, in seinen Farben auf Leinwand (vielleicht war es gestrichenes Papier) bringen. Malerisch nicht einfach zu handhaben aber verführerisch, schien ihm auch das Wechselspiel einiger Reste einst durchgehender, nur oberflächlicher Vergoldung, mit einem tiefer gehenden Graugrün darüber wetternder Korrosion. Allesamt sind es Farbtöne der dahinstrebenden Zeit und letztlich Vergänglichkeit. Im Verlauf seiner gesamtheitlichen Betrachtung, wurde ihm problemlos bewusst, dass selbst dieser steinerne, karbonatische Sockel – auf dem Marc Aurel sein Pferd reglos bewegt – nicht für immer und ewig, vielmehr auch vergänglich war. Selbst dann – und so ist tatsächlich der Fall – wenn er von Michelangelo geschaffen war. Wie Aurel selbst Mythos in Rom, hatte er einst ganze Kapellen bemalt, Stein und Metall kunstvoll in Falten gelegt.

An diesem Tag aber ging es dem Zeitmaler nur um Aurel. Er stand für die Zeit, sein Ross stand für die Zeit. Vor dieser Statue konnte man das gleichzeitig Zeitlose und Vergängliche bedenken, bearbeiten. Kriegerische und verseuchte Zeiten hatte die Statue überstanden, Tausende und Millionen armer und reicher Passanten ignoriert. Bei zahllosen Erdbeben Ruhe bewahrt, den verschiedensten Niederschlägen und Wettern stoische Gelassenheit entgegen gebracht. Letztere waren in jüngster Vergangenheit besonders zersetzend. Das viele Kohlendioxid hatte den Regen angriffslustig gemacht. Häufige und heftige Gewitter bewarfen Reiter und Ross mit eisigen Kugeln aus hohen, ambossförmigen Wolkentürmen. Eigenartig und geeignet war diese Statue – und so malte er sie. Das Bild wurde am selben Tag fertig und schloss einen erfüllten Mittwoch – einen satt beleuchteten Frühsommertag – schlüssig ab. Zuhause angekommen, stellte er das Bild zu seinen anderen Malereien von der Zeit überhaupt und spannte eine neue Leinwand auf einen schlichten, hölzernen Rahmen.


Farbtöne

Während er das tat, sich noch am selben Tag auf den morgigen freute, erfasste sein schon müder Blick ein anderes Bildnis von der Zeit – angelehnt an die mehrmals übermalte, rötliche Wand, gleich nebst den zierlich verzierten Schubladen einer jugendstilistischen Kommode. Diese 30 mal 70 Zentimeter große Arbeit hatte er vor nicht langer Zeit auf der Piazza Navona gefertigt – edelrömischer Platz, mit seinen kristallenen Wasserfontänen aus schweren Brunnen. Den Vierströmebrunnen dort – Donau, Nil, Ganges und den Rio de la Plata in sich geeint verewigt – findet man in unzähligen Fotoalben, unzähliger Romtouristen. Überhaupt ist es ein durchtränkter Ort, Cafes und Bars, Menschenfluten zwischen Klappsesseln und Staffeleien dienstleistender Maler, die altbewährte, immer gleiche Sehenswürdigkeiten der Stadt in verführerischen Farben, in tadellosen und teils nicht existenten Perspektiven, zu Papier und Leinwand bringen. Vielfalt ergibt sich für diese Schaffenden allenfalls gelegentlich, wenn ein mit Wortwitz überredeter Piazzapassant im Klappsessel geschickt inszeniert und porträtiert werden kann. Der Pantomime gleich daneben, im beengten schwarzen Gewand und mit weißem Gesicht trotz südländischer Züge, bleibt dabei stumm. Künstler am Platz, diese Idealisten und Lieblinge der Götter, haben sich zu dulden und sogar schätzen gelernt.

Piazza Navona, an diesem Ort, hatte der Zeitmaler ein Motiv entdeckt. Eine klingende Einladung, die fand der dort, das beständig unbeständige Wesen der Zeit in Strich und Farbe mindestens skizzenhaft zu bändigen. Es waren die stellenweise vorhandenen Musiker, ihr flüchtiges Spiel, die es hier zu malen galt. Zum einen die leichte, eine sonnige Musik – jamaikanisch und einen hellblauen Himmel suggerierend – auf bemalten Ölfässern ausgeführt (die gute Seite des Ölgeschäfts). Rhythmus hatte den Zeitmaler ohne Umweg aufgeladen, er schwamm von Ton zu Ton, Takt zu Takt. Wunderbar, wie man die zahl- und zeitlosen Atome schwingen fühlte, der Instrumente, der Gebäude und die eigenen auch. Alles das sollte man malen – und mehr. Nicht weit entfernt war noch andere Musik, wieder ein Angriff und zur Nachfolge einladend. Dudelsack und große Trommel – irisch in der Färbung – die Musiker stampften und hüpften, streckten und beugten sich. Im Grundton war es Revoltieren – an dieser Musik führte nichts vorbei, alle Gehörgänge mündeten hier. Sie wünschte nicht, diese Melodie, sie wollte und bekam seine Aufmerksamkeit. Schlichtweg Natur trat hier ins römische Tageslicht, wunderlich simpel und zupackend in der Art.

Der Zeitmaler malte das Schauspiel, Spieler und Musik. Und besonders in diesem Bild konnte er die Zeit als gleichermaßen variabel und konstant fassbar machen, das Dynamische der dargebotenen Szene in das Statische seiner Schöpfung pinseln. Geschickt fing er die rhythmischen Bewegungen der Musiker in gelblichen und rötlichen Tönen ein, ihren lebensfrohen Ausdruck ins kunstvoll Übertriebene geführt. Den wesentlichen, überragenden Motiven der Komposition schadete seine Detailverliebtheit in keinem Strich, keiner Farbe. In den Hintergrund des durchdachten Klangbildes verflocht er ein extremes Hell-Dunkel-Wechselspiel, das Dunkel dabei in manches Nichts aufgelöst, das Hell ein perspektivisches Ineinandergreifen der einzelnen Figuren ausleuchtend. Harmonie funkelte aus der bedrohlichen Komplexität, Spannung und Entspannung friedlich zueinander aufgelöst – ganz so, wie es die dargestellten Musiker im Spielen sich reibender und versöhnender Akkorde tun. Als er dann fertig war, spiegelte das an jenem Tag entstandene Bild in seiner Fläche und einmalig festgehaltenen Zeitpunkt, eine ewige Zeit und unendlichen Raum wider. Das ihm Dargebotene hatte er um Dimensionen erweitert – Kunst war entstanden.


Abbrennen

Am Tag darauf, in einem anderen Morgengrau, eine verträumte, ausgekostete Nacht ablösend, schritt der Zeitmaler frisch und zügig über den Campo de’ Fiori, einem mehr schattigen als sonnigen Freiraum der fiebrigen Stadt. Hier auf dem Campo hatten sie einst und geübt den widerspenstigen Mönch Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wegen Ketzerei und Magie musste der zauberhafte Naturgelehrte im Jahre 1600 im Lärm und Rauch seiner Zeit ersticken. Die Menge schrie mehr als er und wusste wenig. Auf eben diesem Platz konnte man nun, 414 Jahre später, anderes Zeitgemäßes beobachten. Eine alte Frau sah der Maler da (eine vermutlich sehr alte Frau) – wie Bruno gefesselt – diesmal allerdings an einen Rollstuhl und nicht gescheitert. Zusammengekauert aber zerbrechlich und wissend, saß sie darin. Eine junge Frau, vielleicht eine sehr späte Tochter oder Enkelin, schob sie über den Platz der Blumen, de Fiori. Offensichtlich handelte es sich um einen Spaziergang, etablierter Ausdruck des Generationenvertrags. Was dem Zeitmaler aber in den Augen glühte, im Herzen brannte, war die furchterregende Eile, vielmehr aus Übereiltheit und liebloser Hudelei bestehende Geschiebe der Szene. Zeit sollte hier augenscheinlich vorüber gehen, Lebenszeit dieser alten Frau, sichtlich einem Ende nahe aber nicht beendet, sollte möglichst rasch vorüber sein. Die junge Frau, Mensch und unmenschlich, ihrerseits überfahren von einer schnellen Zeit. Für Manches und Manche nicht schnell genug. Gerne hätte er seine Staffelei aufgebaut, gerne hätte der Maler dieses zeitgemäße Bild gemalt.


Fremder

Der römische Sommer in dem Jahr durchlebte seine Zeit in dürstender Hitze, ließ die Farben der gemalten Bilder rasch trocknen. In schneller Abfolge konnten die wässrigen Farbmischungen aufgetragen werden. Cremig-dick floss der oliv-grüne Fluss Tiber durch diese Hitze der versteinerten, ewigen Stadt. Gleich den Farben des Malers, drohte er auf seinem Untergrund zu vertrocknen, ohne aber Lebendiges oder Schönes zu hinterlassen. Der Sommer des Zeitmalers war in vergleichbar hitziger Bewegung und ohne absehbares Ende. Er hatte also Zeit, sie war sein Thema. In solcherart wuchtigen Sommertagen saß er mittags im Bus entlang der Via del Fori Imperiali. Im hinteren Drittel ganz links, hatte er seine Gedanken im Luftstrom eines offenen Fensters schweben lassen. Unfassbares lag in der Luft. Neugierig blickte er im Bus nach vorn, den Boden zum großen Fenster entlang, als ihn die Zeit abermals aus allen Richtungen und unfehlbar ergriff – im Raum dieses Linienbusses. Denn nur vier Reihen vor ihm, saß er auch, da saß seine Zukunft.

Unglaublich aber tatsächlich, saß da ein Anderer und eben doch kein Anderer. Giancarlo wusste und spürte und nahm rundum wahr, dass der vor ihm sitzende, um einiges ältere Mann, er selbst war – in einer noch vor ihm liegenden aber jetzt vorweg genommenen Zukunft. Der Bus beschleunigte auf 60 Kilometer pro Stunde, vergrößerte damit seinen Weg in der Zeit. Dieser da war also der Zeitmaler, er, Giancarlo, aber um Jahre, um Jahrzehnte voraus. Er beobachtete sich ohne sich beobachtet zu fühlen. Seine Augen musterten seinen Hinterkopf. Mitgefühl und Sympathie überstrichen den noch jungen Zeitmaler, weil man doch Gleiches sucht und verehrt. Aber auch Angst verspürte der junge Zeitlose. Das Alter in Zahlen macht uns Angst, das unbezifferte Alter in gerunzelter Haut, ergrauten Haaren noch viel mehr. Das ist durchaus ungewöhnlich, hier aber nicht mehr als die Situation an sich. Wer seine Zukunft sieht – das wusste Giancarlo augenblicklich – der wusste auch, dass der Weg dorthin fortan nur mehr abgespult werden musste, dass er irgendwie umsonst ist, jetzt, wo man das Künftige kennt, oder mit eigenen Augen zu kennen meint. Das Künftige da vorne, vorn in der Zeit. Ruhig und sichtlich unaufgeregt saß die Zukunft des noch jungen Zeitmalers im Bus, sah aus dem Fenster auf die vielen Ruinen. Eine Last vergangener wie noch nicht vergangener, drängender Zeit, brach über den jungen Zeitmaler herein. Durch die feinsten Härchen, wie Antennen, in die sich unser Körper nach Jahrtausenden der Evolution noch hüllt, bewegte sich unaufhaltsam ein Gefühl aus Melancholie und Verwelken – der Zeit ausgeliefert, er und alle anderen auch, und man konnte es nur hinnehmen.


Selbstportrait

Auf einer Brücke, der Ponte Principe, über dem bedächtig fließenden Tiber, dort hat er ihn dann gemalt – das Selbstportrait des Zeitmalers, sein Selbst im Anderen. Beinahe selbstverständlich und nur wenig überrascht war dieser Andere mit ihm gegangen. Man kannte sich ja entfernt. Darauf gewartet hatte er allerdings nicht, denn in diesem Alter hatte er sich schon angewöhnt ohne Erwartungen zu leben. Der noch junge Maler lachte beim Malen auf der Brücke – ein neues Lachen. Vielfarbig und glanzvoll strömte seine Ausstrahlung über dem Fluss, überstrich den freien Raum der Leinwand. Sein Gegenüber nahm es wahr, nahm es auf, gab es in Haltung und Ausdruck wider. Ein überzeitlicher, lebensbejahender Schwärmer wurde da aus sommerlichen und dick aufgetragenen Farben in der Leinwand aufgebaut. Wärme und viele bereits erlebte Sonnenuntergänge konnte man darin sehen. Und zudem, dass der Gemalte, der alt gewordene Zeitmaler, auch nur Moment eines Weges, ein Abbild über den Lebensfluss war. Ohne im entstandenen Kunstwerk mühsam danach Ausschau halten zu müssen, es war offensichtlich. Wer noch genauer hinsah, in den Formen und Farben reflektierte, der konnte auch sehen, dass man ohnehin für alle Zeit erneuert wird, ein Anderer wird. Ganz so, wie das Wasser kreisläuft, als Wolke steigt, als Regen fällt – und immer zwischen Himmel und Erde. Das unglaubliche Erlebnis hatte dem Zeitmaler eigenartig entschlüsselt, dass wer sich selbst malt, der malt die Zeit – und die Zeit war sein Thema, ein Leben lang. Als er es endlich erkannte, war er unendlich erleichtert. Er war noch jung aber schon alt geworden, war zeitlos geworden.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.03.2015. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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