Mattia Décoppet

Die Neuzeit einer alten Fantasywelt

 

--  Eine Fantasywelt wie jetzt hier Manoc Devoyn oder in anderen Fällen Mittelerde, Narnia, Alagäsia oder Westeros, war im Mittelalter ähnlich wie unsere Welt. Nur, dass es dort mehr verschiedene Wesen gab. Doch wenn alle Welten im Mittelalter die selben Erfindungen, wie Schwerter, Rüstungen und normale Pferdekarren besassen, wie lief die Entwicklung zur Neuzeit dort ab? --


Heiss, verschwitzt und überarbeitet sass der 44-Jährige Dorn im Zug. Seine Jeans klebten an seinen Beinen und die Sommersonne brannte glühend durchs Fenster der S-Bahn. Dieser Dienstag verlief so richtig Mies.  Seine Chefin hatte ihn angefaucht, er würde seine Sachen nicht richtig machen. Dazu musste natürlich gerade an diesem heissen Dienstag, die Lüftung nicht funktionieren und ein Elv ihm gegenüber sitzen, der dreinblickte wie Dorn sich fühlte. Er hatte einen länglichen Kopf, lange Spitze Ohren, in denen kleine rote Kopfhörerstöpsel steckten, eine spitze Nase, eine fliehende Stirn, ein spitzes Kinn und dunkle Augen. Wie ein Elv eben so aussieht. Obwohl der Zug rammelvoll war musste ein Kontrolleur, natürlich ein Zwerg, – sie waren schliesslich auch diejenigen, die die Züge im Lande Manoc Devoyn gebaut hatten – sich durch die Leute quetschen und krächzend die Nächste Station verkünden und murren, dass alle die Billets vorzuweisen hatten. Die Anzeigetafel des Zuges – sie war zur Hälfte kaputt – zeigte erst Wini, von der Stadt Winikanta. Einer der kleineren Städte des Landes Manoc Devoyn.
Dorn dachte bei sich: „Das darf wohl nicht wahr sein“, denn er kämpfte bereits den ganzen Tag über damit, dass er seine Brieftasche zuhause liegen gelassen hatte.
„Können sie mir bitte ihre Fahrkarten vorweisen?“ brummte der Zwerg in seinen Bart hinein. Der Dorn gegenübersitzende Elv zog seine Brieftasche und nahm eine kleine Karte hervor.
„Kann ich noch ein Ausweis sehen?“ brummte der Zwerg. Der Elv folgte den Anweisungen des Zwergs.
„Sir, ich habe meine Brieftasche zuhause liegenlassen“, sagte Dorn.
„Ah ja. Das kostet sie 12 Silden. Sie zeigen innert den nächsten Wochen ihre Fahrkarte an einem Zwergen-Schalter der S-Bahn.“
„Ich hab keine 12 Silden. Wie gesagt, meine Brieftasche liegt zu Hause. Ich bezahle sobald ich beim Schalter bin“, sagte Dorn, innerlich kochte er bereits leicht.
Umständlich musste Dorn, seinen Namen und sein Wohnort in eine Liste eintragen, die ihm der Zwerg überreichte.
Danach drückte sich der Zwerg weiter durch die Menschen-, Elven- und Zwergenmassen, die alle von der Arbeit nach Hause fuhren.
„Ist ja Typisch“, knurrte der  Elv.
„Was ist Typisch?“, fragte Dorn erhitzt.
„Dass sie ihre Brieftasche zuhause liegen gelassen haben. Das ist Typisch für euch Menschen. Könnt euch nicht mal ein bisschen konzentrieren.“
„Werden sie jetzt nicht rassistisch. Ihr Elven habt auch eure Macken.“
„Wer wird jetzt Rassistisch?“ fragte der Elv etwas provozierend. Seine Laune schien auch auf einem sehr tiefen Niveau fest zuhängen. Dorn gehörte zu der Sorte Menschen, die dauernd sagen mussten, dass sie keineswegs rassistisch seien und es eben doch sind, da sie dies dauernd behaupten müssen. Dorn fauchte gerne mal über die Elven oder die Zwerge. Der Elv gehörte zur ähnlichen Sorte. Er hatte auch dauernd an Zwergen und Menschen etwas zu meckern. 
„Ich auf jeden fall nicht. Ich sage bloss, dass jeder seine Macken hat.“
„Nein, sie sagten auch die Elven haben ihre Macken. Ich vergesse nicht so schnell. Ich bin schliesslich auch ein Elv.“
„Was soll das denn wieder bedeuten? Heisst das, das wir Menschen schneller Dinge verges-sen?“
„Naja, ich habe meine Brieftasche bei mir.“
Der Elv grinste Dorn an.
„Ich bin ein Buchhalter. Das ist eine sehr seltene Angelegenheit, wenn ich mal was vergesse“, sagte Dorn bestimmt.
„So sehen sie auch aus. Bei welcher Firma arbeiten sie denn?“ fragte der Elv.
„Coldiac“, sagte Dorn bestimmt.
„Oh, das ist doch diese Firma, welche diese ekelhaften orangen Süssgetränke herstellt? Ach du lieber Himmel. Sie sorgen dafür, dass der Grossteil der Menschen und der Zwerge Fett werden.“
„Jetzt übertreiben sie aber. Coldiac bringt Energie ins Leben. Es ist bloss für die Elvenzunge hässlich.“
„Allerdings. Es ist einfach zu süss und sehr ungesund. Ich arbeite übrigens bei Pollenstaub Inc.“, sagte der Elv stolz.
„Ah die Kaninchenfutter-Firma. Klar dort frisst man bloss Gras und auch nur gesundes.“
„Aber wer sich von unseren Nahrungsmittel ernährt, wird viel länger leben“ meinte der Elv bestimmt.
„Ich weiss echt nicht wie ihr durch diese Abstimmung im Parlament gekommen seid. Ihr wart auf der Seite der Grünen und linken, seid aber im Innern  die grössten Rassisten. Ihr stellt ja bloss Elven ein. Und auch keine Swarthelven, es müssen natürlich Waldelven sein. Menschen, Zwerge, Faune und sonstige Personen, haben bei eurer Blümchenfirma nix ver-loren, wie?“
„Coldiac nimmt auch keine Elven“, sagte der Elv entrüstet.
„Doch würden wir. Wenn sich welche bewerben würden“, sagte Dorn hitzig.
„Weil euer Gesöff sowas von hässlich ist, so sieht’s aus!“
Nun wurde der Elv laut.

Ein Ork in einem Anzug mit roter Krawatte setzte sich ins Abteil der beiden Streithäne.
„Apent“, grunzte er mit Orkakzent.
– Ein Ork konnte keine feinen Vokalen wie d oder b aussprechen. –
Das erhitzte Gemüt des Elven antwortete bloss: „Aha guten Abend. Wie wars aufm Bau?“
Den Orks eilte ein Ruf voraus, dass sie immerzu auf Baustellen arbeiteten, weil sie weniger gebildet waren.
„Ich arpeite nicht auf dem Pau. Ich pin ein Aktionär“, sagte er nur.
„Sehen sie? Jetz haben wir bereits Orks, die uns Aktien andrehen wollen. Vor dreihundert Jahren haben sie noch Kriegsverbrechen begannen, Menschen, Zwergen und Elven gefoltert und heute? Sie sind Aktionäre. Und unsere Regierung lässt das durch. Ich sage dir, wir haben zu viele Orks in Manoc Devoyn“, sagte Dorn bestimmt zum Elven.
„Sie können toch nicht, einfach alle Orks tafür verurteilen, was sie vor treihuntert Jahren getan hapen. Wir hapen uns gepessert, unt lepen in Frieten mit euch Menschen. Wenn es nicht unter euch solche fiesen Frechen Rassisten gäpe, tie uns tauernt zur Sau machen würten, tann wären wir auch nicht so agressiv.“
„Ihr müsst aber schon zugeben, dass die meisten eures Volkes mehr zu aggressivem Verhalten neigen, als wir Elven“, sagte der Elv.
„Wer hat zuvor gestritten? Wer macht hier rassistische Pemerkungen?“ fauchte der Ork.
„Ich bin mir sicher, gäbe es nicht so viele Orks, wäre das Land besser dran“, sagte der Elv sicher.
„Unt wer paut eure Häuser? Unt wer errichtet tie Schulen? Wer verkauft eure Aktien, tamit ihr in Gelt schwimmen könnt?“
„Ihr nehmt uns die Arbeit weg!“ sagte Dorn laut.
„Nächste halt Morringen“, sagte eine krächzende weibliche Zwergenstimme aus dem Lautsprecher der S-Bahn.
Dorn stieg unter Gefluche des Okrs und des Elvs aus. Der Tag war wirklich die reinste Kata-strophe. Das Pünktchen auf dem I, war dann der zwei Kilometer lange Stau, der sich wie eine metallene Schlange auf der Autobahn bildete. Dorn kam deshalb eineinhalb Stunden zu spät zu Hause an. Dorns Frau, ein weiblicher, dicker, blonder Mensch fauchte ihn an, er solle das nächste mal ans Smartphone rangehen, wenn er schon eins habe. Sie wollte berichten, dass er noch Kuhmilch und Wichthaar mitbringen solle. Dorn fluchte zurück, er habe sein Handy immer auf Lautlos, so hörte er es nicht. Sie schrie zurück, er solle es nicht auf Lautlos stellen, sondern auf Vibration, sonst verliert das ganze Ding, seinen Sinn. Er setzte sich fluchend auf die Terrasse und wollte sein Abendbier trinken. Doch das gefiel seiner Frau ganz und gar nicht.
„Ich arbeite den ganzen Tag. Du könntest mir ein wenig unter die Arme greifen, wenn du schon mal zu Hause bist.“
„Wenn du mir im Büro unter die Arme greifst, tu ich das auch zu Hause!“
Der Streit dauerte noch zwei Stunden. Drei Jahre später liessen sich die beiden scheiden. Ein riesen Chaos begann. Wer bekam welche Möbel und wie viel musste Dorn seiner Frau bezahlen, damit sie ohne ihn leben konnte. Und zu allem Grauen war der Richter noch ein Ork! Also war es für Dorn und seine Frau immer ungerecht, egal was der Richter entschied.

 

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