Rachida Zoubid
Innere Dialoge
Positiv bin ich getestet: Osteoporose. Ich fuhr nach Hause mit verwirrten Gefühlen. Nach der Diagnose konnte ich nicht mehr schlaffen …. Es war mir kalt …. Innerlich und äußerlich …entseelt war ich ….
Am nächsten Morgen bin ich aufgewacht mit zerstreuten Gefühlen, zitternden Knochen, verdattertem Gedankengang und vor Seelenschutt trübsinnigem bebendem Herzen. Ich konnte nicht mehr lachen, nicht mehr witzeln, habe die Freude am Leben verloren, nachdem ich Freudegefühle zerstreute, überall wo ich auftauchte und Zuversicht schenkte, da wo Verzweiflung alle Hoffnungsstrahlen verfinsterte.
Ich fragte mich, was ich noch erleben werde, erleben kann und darf, wenn es mir schlecht geht, wie es meinem liebsten Bruder zuletzt ergangen ist, als er innerhalb eines Monats an Lungenkrebs und nach einer Woche an Knochenkrebs positiv getestet wurde und nach zwei Wochen Lähmung sowohl körperlich als auch seelisch entkräftet war und zu seinem Pech an Thrombose und nicht an Krebs starb.
Was kann ich noch erleben, bevor ich zugrunde gehe, wie es zuletzt ebenfalls meinen letzten jüngsten Bruder eine Woche nachdem der andere Bruder bestattet wurde, passiert ist, als er auch an Blutkrebs positiv getestet wurde und mitten der Chemotherapie-Schlucht und den zahlreichen Todesfällen einiger Patienten, die er ans Herz schloss, Niedergeschlagenheit und Freudelosigkeit injiziert bekam und all seine glückverheißenden und hoffnungsfreudigen Lebenspläne als Rechtswissenschaftler beerdigen musste…
Meine Ungewissheit, mein Schmerz kann ich nicht mehr mit irgendjemand besprechen, absprechen. Mitten meines Schmerzes sind im Nu ALLE verschwunden, wirklich ALLE… keine Ausnahme machte irgendjemand ….Nicht einmal meine zweite Hälfte ….
Nachbetreuung???? Pflege??? Wer wird mich betreuen, pflegen... wenn es soweit ist mit den spontanen Knochenbrücken???? Wer wird …. Wer wird ….. Wer wird …..N......I......E......M......A......N......D
Es sind innere Gespräche, die ich nur mitführen kann, führen muss und mit niemandem teilen kann … da es niemand gibt außer meinem Blattpapier und meinem Stift, wenn es soweit ist …Wenn die Lichter des Alltags und der Nacht verblassen … Wenn meine Knochen nicht mehr standhalten können….
(Rachida Zoubid, 30. Februar 2015)
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.06.2015.
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