Christiane Mielck-Retzdorff

App-App Hurra



 
Annegret war auf dem Weg zum Supermarkt, da sich ihr Sohn und dessen hochschwangere Frau zum Abendessen angemeldet hatten und sie dafür noch einige Einkäufe erledigen wollte. In einiger Entfernung ging ein Mann in sportlich, moderner Kleidung vor ihr, begleitet von einem Labrador, der nicht an der Leine geführt wurde, doch willig neben seinem Herrchen her trottete. Plötzlich blieb der Hund stehen, hockte sich hin und schiss einen beachtlichen Haufen auf den Bürgersteig. Nach der Verrichtung schaute er seine Besitzer um Lob haschend an. Dieser streichelte ihn, holte aus seiner Jackentasche eine Leckerei und belohnte den Labrador damit.
Dann holte der Mann etwas aus seiner anderen Jackentasche und bückte sich.
„Ah, ein verantwortungsbewusster Hundehalter, der sofort den Hundehaufen entfernt“, dachte Annegret.
Dieser richtete sich wieder auf und zog sein Smartphone hervor. Eine dringende Nachricht schien ihn erreicht zu haben, obwohl die Frau kein Klingeln gehört hatte. Konzentriert schaute der Mann auf sein Display. Annegret war gerade auf dessen Höhe angekommen, als dieser sein Smartphone wieder einsteckte und sich erneut bückte. Erstaunt sah sie, wie der Mann einen kleinen Stab, einem Thermometer ähnlich, mit spitzen Fingern vorsichtig aus der Scheiße zog. Diesen steckte er behutsam in eine Plastikhülle. Als er sie verschlossen hatte, begann die Hülle rot zu leuchten.
Der Hundebesitzer bemerkte, dass er beobachtet wurde und erklärte sogleich:
„Nun werden die Sensoren gereinigt, bis alle Fremdkörper entfernt sind. Nur so ist gewährleistet, dass sie auch beim nächsten Einsatz zuverlässige Informationen liefern.“
Der verständnislose Blick von Annegret forderte den Mann auf, seine Erklärung fortzuführen:
„Dieser kleine Stab liefert Informationen an mein Smartphone über den Gesundheitszustand meines Hundes. Er prüft, ob Parasitenbefall vorliegt, die Darmflora intakt ist, die Konsistenz seiner Exkremente stimmt und vieles mehr.“
Während der Labrador an einen Zaun pinkelte, blickte Annegret abwechselnd auf Hundehaufen und den Mann.
„Keine Sorge“, sagte dieser lächelnd, „es ist alles in Ordnung.“
Dann setzte er seinen Weg fort.
„Halt“, rief Annegret empört. „Wollen sie den Haufen nicht entfernen?“
„Wieso?“ frage der Mann sichtlich erstaunt. „ Meine Hundekot-App hat mir bestätigt, dass es sich  um unbedenklichen, organischen Stoff handelt.“
„Aber jemand könnte hineintreten und seine Schuhe beschmutzen.“
„Gut, dann wird dieser wertvolle Dünger eben weiter verteilt. Das ist nur natürlich und ernährt Insekten. Und alle, die eine Hundekot-App haben, werden automatisch über jeden Hundehaufen per Signal informiert. So können sie rechtzeitig ausweichen. Das ist satellitengesteuert.“
Annegret konnte nicht glauben, was sie eben gehört hatte. Selbstbewusst grinsend wünschte der Mann ihr noch einen schönen Tag und schlenderte mit seinem Hund davon.
 
 

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Buch von Christiane Mielck-Retzdorff:

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Die Töchter der Elemente: Teil 1 - Der Aufbruch von Christiane Mielck-Retzdorff



Der Fantasie-Roman „Die Töchter der Elemente“ handelt von den Erlebnissen der vier jungen Magierinnen auf einer fernen Planetin. Die jungen Frauen müssen sich nach Jahren der Isolation zwischen den menschenähnlichen Mapas und anderen Wesen erst zurecht finden. Doch das Böse greift nach ihnen und ihren neuen Freunden. Sie müssen ihre Kräfte bündeln, um das Böse zu vertreiben. Das wird ein Abenteuer voller Gefahren, Herausforderungen und verwirrten Gefühlen.

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