Wolfgang Küssner

... und die 13 wird zur Glückszahl ( ein Brief )

Liebe Frau Bundeskanzlerin,
einen Auftrag habe ich nicht, Ihnen diese Zeilen zu schreiben, doch ich denke, Millionen von Rentnern werden diesen Brief befürworten. Es geht um unsere Existenzgrundlage, um unsere Rente. Da ich Ihnen zum ersten Mal schreibe, möchte ich mich kurz vorstellen: Ich gehöre weder einer Partei, noch einer Kirche, weder einer Gewerkschaft, noch einem Tauben-, Kegel- oder Sports-Verein an. Ich bin lediglich einer von den 25,3 Millionen Rentenempfängern in Ihrem Land. D.h. eigentlich ist es ja auch mein Land. Naja.

Die monatliche Rente hängt bekanntlich von den geleisteten Beiträgen ab. Eventuelle Erhöhungen sind an die Lohn- und Gehaltsentwicklung gekoppelt. Das alles ist für Sie natürlich nichts Neues. Nur - wir  Renter sind vom Weihnachtsfest abgekoppelt, deshalb habe ich in die Tastatur gegriffen und diesen Brief an Sie verfasst.

Wie steht es mit Urlaubsgeld für uns Rentner? Was ist mit Weihnachtsgeld für Rentner? Schon 1952 hatte die Gewerkschaft ÖTV Weihnachtsgeld tariflich erstreiten können. Heute, über 60 Jahre später, stehen wir Rentner immer noch mit leeren Händen da. Auch wir haben Familienangehörige, denen wir zum Weihnachtsfest gern mit einem Geschenk ein Dankeschön sagen, eine Freude machen möchten. Als Vorsitzende einer christlichen Partei werden Sie dieses Ansinnen sicherlich leicht nachvollziehen können.

Weihnachten, das Fest des Konsums, der Geschenke, findet ohne die Ruheständler statt. Das muss Sie doch persönlich rühren, emotional treffen.
Mit von uns Rentnern gekauften Präsenten im geschätzten Wert von ca. fünf Milliarden Euro könnten wir einen nicht unerheblichen Beitrag zur Ankurbelung der Wirtschaft leisten.

Sie, verehrte Frau Bundeskanzlerin, sind durch den geleisteten Eid dem Wohl des deutschen Volkes verpflichtet. Mit einer Gratifikation an die Rentner könnten Sie vielen Menschen eine Freude machen, einigen sogar weiteren  Wohlstand bringen. Die Herren von Thalia und Kaufhof, von Media Markt und Saturn, von Otto und Rossmann, von Müller und Douglas und wie sie alle heissen, würden sich über ungeplante Umsätze riesig freuen. Ihr Finanzminister könnte sich über zusätzliche Steuereinnahmen freuen. Meine Frau, unsere Kinder und vor allen Dingen unsere Enkelkinder würden sich über meine Geschenke – hoffentlich – freuen. Und wir Rentner würden uns über die vielen Besuche in den unterschiedlichsten Geschäften, verbunden mit vielen neuen sozialen Kontakten, glücklich schätzen. Sie sehen, Weihnachten könnte so wirklich zum Fest der Freude werden.

Werte Frau Bundeskanzlerin, mit einer Entscheidung für eine 13. Renten-Zahlung könnten Sie sich nur Freunde machen. Vielleicht werden Sie jetzt einwenden, Klientel-Politik hat der FDP nur geschadet. Sie vergessen dabei, es gibt deutlich mehr Rentner als Hotelbesitzer. Gerade in diesen Zeiten, wo Ihnen aus Bayern und aus den eigenen Reihen ein kalter Wind entgegenweht, man sich fragt, werden Sie aus Menschlichkeit gar noch zurücktreten müssen. Hier – mit uns - könnten Sie sich neue Verbündete schaffen. Und ganz nebenbei würde die Zahl 13 zur Glückszahl werden.

Und da ich gerade dabei bin, hätte ich noch ein zweites Anliegen. Ich erwähne es gleich mit, so kann ich einmal Porto sparen und Sie müssen nicht zweimal Post von mir lesen.

Also Urlaubsgeld ( die ersten Beihilfen wurden 1954 gezahlt ) für Rentner wäre auch eine Supersache. Auch hier würden Sie sich mit einer positiven Entscheidung nur Freunde machen. Warten Sie nicht, bis andere, kleine Parteien, dieses Thema aufgreifen, damit auf Stimmenfang gehen und für den Einstieg in die Bundespolitik nutzen.
Ich höre Sie jetzt sagen: „Wozu brauchen Rentner Urlaubsgeld, die haben doch das ganze Jahr über Urlaub?“ Durch Ihre viele Arbeit scheinen Sie den Kontakt zur Realität verloren zu haben. Vermutlich haben Sie keinen Rentner in Ihrem Freundeskreis. Dann wüssten Sie nämlich: Erstens kostet ganzjähriger Urlaub ganzjährig ganz viel Geld. Und zweitens: Rentner brauchen auch mal Erholung vom Urlaub. Versuchen Sie mal, sich mit einem Rentner zu verabreden. Sie werden sehen, wie schwer es ist, einen Termin zu finden, mit einem Ruheständler zusammenzukommen. Einen Termin für eine Audienz beim Papst zu bekommen, ist dagegen ein Kinderspiel.

Frau Bundeskanzler, ich habe das mal in meinen freien Minuten durchgerechnet. Wir haben also 25,3 Millionen Rentner die jährlich etwa 121 Milliarden Euro an Rentenleistung beziehen. 121 durch 12 Monate ergibt pro Monat ca. 10 Milliarden. Und aus dieser Summe machen Sie die 13. Rentenzahlung. Zunächst machen wir das in zwei Schritten: 50 % als Urlaubsgeld und 50 % als Weihnachtsgeld. Das wäre also zweimal im Jahr ein Konjunktur-Impuls von jeweils 5 Milliarden Euro. Und wenn sich das wirtschaftlich positiv niederschlägt, machen wir dann aus der 13 eine 14. Sprechen Sie mal mit Herrn Schäuble darüber. Der wird Ihnen bestätigen, dass diese Lösung vorteilhafter und kostengünstiger ist, als das Geld den Banken zu überweisen. Ja, werden Sie einwenden, bei den Banken war es einmalig, während die 13. Rente jedes Jahr anfällt. Sind Sie sich da wirklich sicher?

Liebe Frau Bundeskanzlerin, wir Rentner setzen auf Sie und sehen mit Interesse Ihrer Antwort entgegen. Und wenn Sie das Thema anpacken, dann könnten Sie auch gleich die unter dem Existenzminimum liegenden Mini-Renten deutlich anheben. Ich gehe fest von Ihrer positiven Einstellung und Entscheidung aus. Sie wissen sicherlich, die SPD leidet noch heute unter dem Renten-Kürzungsprogramm des Herrn Müntefering. Und bedenken Sie, auch Sie sind bald im Rentenalter. Eine heutige Entscheidung für die 13. Rente befreit Sie – aufgrund der nötigen Distanz – vom späteren Vorwurf, eigennützig gehandelt zu haben. Vergessen Sie nicht, bald ist Weihnachten und Sie führen doch ein hohe „C“ in Ihrem Parteinamen.
 
Mit freundlichen Grüssen
Ihr
 
(Meine Frau unterschreibt. Ich bin nach Diktat verreist.)
 
PS: Eine Kopie dieses Briefes schicke ich direkt an den Herrn Bundespräsidenten, der ist ja auch in unserem Alter.
 
8. Dezember 2015
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