Ich fahre im Cabrio meine Straße hoch. Gleich bin ich zu Hause. Ein Blick in den Rückspiegel noch und ich habe den Sommertag hinter mir gelassen. Einen Tag am Meer, mit Sand in den Schuhen, Hitze auf der Haut und einem Strahlen im Gesicht.
Nur einen Blick in den Rückspiegel – und ich sehe trockenes Laub, von Mangel an Regen in den Straßenrändern liegen. Gelb und verloren liegen die Blätter regungslos in der tiefstehenden Sonne.
Wie eine Klaviertaste angeschlagen erklingt in mir ein Ton, der mich in eine Atmosphäre des Herbstes versetzt und die Erinnerung wach ruft.
An einen Spaziergang im Spätsommer.
Mein Spaziergang endet in einem kleinen müden Café an der Strandpromenade. Die dichten Wolken über dem Meer lassen die Strahlen der untergehenden Sonne als sichtbare Bündel in das graue Wasser sinken.
Der bestellte Tee schmeckt fahl, als hätte keine Lust Aroma und Duft zu haben. Alle Tische sind leer, keine Salz, - Pfeffer, – oder Zuckerstreuer, Speisekarten fehlen und ich bekomme das Gefühl, der letzte Gast aller Gäste für diese Saison zu sein. Der Kellner lungert auf einem Barhocker herum und poliert Gläser.
Als ich ihn zum Zahlen heranwinke, ich will einfach nur noch hier weg, lächelt mich der Kellner an, setzt sich mir gegenüber und winkt ab.
„Sie sind eingeladen, wenn Sie mir sagen können, welche Farbe grade der Himmel über dem Meer hat.“
Erschrocken schaue ich von meinem Wühlen im Portemonnaie auf, in sein Gesicht, von dort auf eine Wand mit kitschigen Hafen- und Schiffsbildern, auf die Tür zu den WCs, mit leicht gedrehtem Kopf rechts über die Bar.
Ich sitze mit dem Rücken zu der langen Fensterfront.
Entschlossen drehe ich mich auf meinem Stuhl gänzlich um.
Es raubt mir den Atem. Das Meer hat einen glutroten Teppich zur Sonne entrollt. Die letzten Wolken am Himmel werden von unten lila bis Azur angestrahlt. Mitten drin eine orangefarbene Sonne, die grade beginnt im Meer zu versinken. Die Wolken haben ihr Platz gemacht.
Als ich mich zu meinem Tisch und dem Kellner wieder umdrehe hält er die Hand über dem Tisch offen für das Geld.
„Unglaublich“, murmle ich, bezahle und gehe hinaus, an den Strand und stehe im kühlen Herbstwind allein am Meer. Zusammen mit dieser Sonne.
Der Wind trägt noch einen Hauch von Sommerduft und der ersten Kühle des beginnenden Herbstes in sich. Fast kokett lässt dieser Duft mein Herz sich sehnsuchtsvoll öffnen.
Neben mir klirrt es und ich zucke zusammen. Der Kellner hat sich unbemerkt neben mich gestellt, lächelt und hält zwei Gläser Rotwein in der Hand. Wortlos reicht er mir eins, wir stoßen an und schauen schweigend gemeinsam über das Meer.
„Und, haben sie ihn diesen Sommer gefunden?“
Ich verstehe nicht gleich, was er da so unvermittelt fragt, ohne dass wir uns kennen.
Aber ich schüttele dann verstehend den Kopf, trinke einen weiteren Schluck und antworte:
„Nein, leider nicht.“
„Er kommt nächsten Sommer und bringen sie ihn dann mit hier her. Ich lade sie dann Beide mit besten Blick über das Meer auf einen der besten Rotweine in der Umgebung ein.“
Ich drehe den Zündschlüssel und es wird still um mich herum. Die Vögel zwitschern, die Abendsonne schein warm auf meine Unterarme und der Fahrtwind kribbelt noch in meinem Gesicht.
Warum habe ich bloß in den Rückspiegel geschaut? Jetzt habe ich Sehnsucht und der nächste Sommer ist noch so langhin.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.02.2016.
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