Joachim Tiedemann
Die Dienstreise
Der Ort. Schön. Damals erste Liebe dort.Heute per Zufall. Nicht schön. Geschäftliches Treffen. Auch dort.
Sechzehn Uhr. Fortbildung zu Ende. Im Dorfcafe. Der Blick durch die grosse Panoramascheibe.
Geschäftiges Laufen von Menschen. Hin und her. Mein Blick nach rechts. Hohe Alpen, teilweise schneebedeckt.
Nach links. Da seh ich sie!
Eine Frau, ein Mann, zwei Kinder. Die Frau. Sieht wie früher aus. Nein! Nicht möglich! Kann das sein? Ist sie das?
Wohl verheiratet! Mißmutiger Gesichtsausdruck. Ihr Mann daneben. Wahrscheinlich ist er das. Schaut angespannt.
Wirken nicht glücklich. Ich auch nicht.
Meine Ehe fast am Ende. Ausgelaugt ohne Worte mehr. Ein stilles Leiden. Täglich mehr.
Eine Woche schon auf Dienstreise. Insgesamt zwei.
Cafe bezahlt. Den beiden schnell hinterher. Ohne Zweifel. Sie ist's. Jugendliebe. Wag ich's. Wenn ja, dann jetzt oder nie!
Ihr Mann im Kiosk. Sie davor. Ich neben ihr. Kurzer Blickkontakt. Weiter vorbei. Wieder Blickkontakt. Länger, intensiver, inniger. Wiedererkennen! Gerd du? Von beiden strahlendes Lächeln. Martina du? Beiderseitig ein Ja! Ihr Mann kommt aus dem Kiosk zurück. Schnell, hektisch und leise spricht sie zu mir." Gerd, bitte morgen fünfzehn Uhr hier" " Ich freu mich Martina, na klar" Weitergehen. Mißtrauisch ihr Mann. "Martina, alles in Ordnung?" "Wieso?" "Mir war als hörte ich
dich sprechen" "Oh, nur bekannte Freundinn" und folgend ein beruhigtes "Ach so"
Abend. Der Tag vorbei. Mit Geschäftskollegen im Restaurant mit Blick auf den See. Fortbildung gut? Unweit von mir hör ich "miau" "Praktisch für die Katz", meine Bemerkung. Böse Blicke. Mir egal. Morgen fünfzehn Uhr. Martina dann da. Bis dahin aufgeregtes Warten. Schmetterlinge im Bauch. Hochgefühl. Aber immer wieder meine Frau. Meine beiden Kinder. Martina auch mit zwei. Dann ihr Mann. Trotzdem freuen, kann kaum schlafen.
Stunde um Stunde vergeht, die Befürchtung Seitensprung auch. Fremdgehen nie. Irgend wie doch.
Neuer Tag. Neun Uhr. Wieder Fortbildung. Lange Weile. Gott sei Dank, heute nur bis zwölf. Duschen. Rasieren. Deo.
Fünfzehn Uhr. Warten vor dem Kiosk. Sie ist da!
"Gerd, immer an dich gedacht. Mal mehr mal weniger. Plötzlich stehst du vor mir. Gestern nachmittag, alles dreht sich. Glaube mir. Alle Jahre Sensucht. Immer Hoffnung. Im Internet, dein Adresse, ich suchte verzweifelt nach dir. Und jetzt stehst du tatsächlich vor mir" "Martina komm her" Er sie in die Arme nehmend, jeweils zwei Kinder von ihm, von ihr.Beide Frau und Mann.Alles vergessen. Im Augenblick du Martina. Ich Gerd. Verschmelzen. Die Wärme. Die Berührung ohne Worte. Nur das Sprechen von Haut. Berührung von Lippen, von Zungen. "Bist du verheiratet? Gerd ich seh keinen Ring"
Und er "Ach Martina, mit meiner Frau, ein Leben letargisch wie nie. Wie November ganz grau. Doch jetzt wie am heiligen Abend: Kerzen und Licht, Bescherung, Geschenke, du bist Christkind für mich" "Gerd, schönes Kompliment, weich und warm, meine Krippe als Dank" Darin zwei Betten im grossen Zimmer mit Bad. Eingangstür mit Aufschrift, Mondscheinsuite neun. Champagner und Obstkorb. Wir berüssen sie hier. Beide im Bett. Erfüllung der Wünsche. Dreht sich rüber zu ihr. Überraschend dort seine Frau. Nicht Martina. Nur des Traums Phantasie. Spricht sein Frau"Warum so anders" und er "Du und ich. Neu beginnen. Zu spät ist es nie"
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.02.2016.
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