Manuela K.

Das kleine Hotel Herz ( Fortsetzung)

Dies ist die Fortsetzung von "Das kleine Hotel Herz" aus 2009. 

(....)

Es verging einige Zeit, das kleine Herz gab für eine Weile das Hotel Herz auf . Es  fühlte sich schwach , selbst das pochen fiel ihm zusehends schwerer. Es war damit beschäftigt seine Wunden und Narben zu versorgen .Sie wollten einfach nicht verheilen. 

Der große Bruder , der Verstand versuchte sein Bestes das kleine Herz wieder aufzubauen. Die beiden waren früher ziemlich eng verbunden und ergänzten sich ganz gut. Obwohl das Herz meist das letzte Wort hatte,war ihm der Verstand stets ein guter Freund und Ratgeber gewesen. Sie waren ein tolles Team. 
Das war jetzt leider nicht mehr so. Manchmal war der Verstand regelrecht wütend das er mitansehen musste was aus dem einst strahlenden und fröhlichem Herzchen geworden ist. 
Ein anderes Mal war er so müde das er schon an sich selbst zweifelte. 
Er wollte nicht aufgeben und machte sich unermüdlich auf die Suche nach Lösungen wie er dem Herzen helfen konnte. Sie sollten doch wieder ein Team werden . 
Er packte all seine Weisheiten und Erkenntnisse in ein buntes Köfferchen ,legte noch ein paar hübsch blühende Fantasien dazu , eine Liste mit positiven Gedanken und stellte das vollgepackte Köfferchen an die Herzensrezeption.
Jetzt hoffte er das der Inhalt des Köfferchens dem kleinen Herzen helfen würde neue Kraft und Hoffnung zu finden um das kleine Hotel Herz wieder zu eröffnen und zu pflegen...

Als das Herz das kleine bunte Köfferchen entdeckte und öffnete klopfte es freudig , es erfreute sich an den hübsch blühenden Fantasien und stellte sie an einen Platz wo es sie immer sehen und bewundern konnte. Das tat ihm gut und es lächelte sogar kurz. 

Mit den Weisheiten und Erkenntnissen konnte das kleine Herz jedoch nichts  anfangen. 
So packte es das bunte Köfferchen in die hinterste Kammer. Dort lagerten auch noch ein paar verstaubte Erinnerungen.
Eigentlich wollte es einige von diesen Erinnerungen gerne für alle Zeit loswerden , aber diese kleinen Biester waren wie stachelige Kletten mit  Acht Beinchen .
Ja es mussten mindestens Acht Beinchen sein denn sie kehrten immer wieder zurück.
Egal wo das Herz sie hin verbannt hatte. 
"Nicht klein zu kriegen diese Biester. "" grummelte das Herz

Aus dem Grund  hatte es sie von den flauschigen und schönen Erinnerungen getrennt und gut verpackt in die Kammer gesperrt. 

Jetzt stellte es das bunte Köfferchen dazu , weil es nicht so wirklich etwas mit dem restlichen Inhalt anfangen konnte. Die Liste mit den positiven Gedanken hatte so wunderschöne Farben das es sich entschloss diese einzurahmen und neben die blühenden Fantasien zu hängen. "Das passt gut zusammen " dachte das kleine Herz bei sich . Wendete sich dann aber ab und widmete sich wieder seinen Wunden. 

Der Verstand hatte das alles beobachtet . Er wurde ungeduldig und sprach das Herz sanft aber bestimmt an: "Du, kleines Herz?Warum hast du das Köfferchen in die Kammer gestellt?"Ich habe das mit viel Mühe gesammelt und verpackt, damit es dir hilft wieder gesund und fröhlich zu werden" 

Das Herz war damit beschäftigt seine größte Narbe einzusalben und antwortete kurz,ohne aufzusehen: " Ich danke Dir, aber es wird mir nicht helfen meine Wunden zu versorgen..."

Jetzt wurde der Verstand richtig wütend: " Du hast es dir ja nicht einmal angesehen , geschweige denn in Betracht gezogen etwas davon  für dich zu nutzen!"
Es wurde ihm ganz schwindelig ,so verärgert war er. 

Jetzt schaute das Herz auf , es war ganz verwirrt. So hatte der große Bruder noch nie mit ihm geschimpft.
Es legte die Salbe beiseite und sprach verärgert " Was weißt du schon von den Schmerzen die ich habe" es pochte immer schneller "Du immer mit deinen Antworten und Lösungen, du meinst immer alles zu wissen. Wenn du alles weißt , warum sind denn dann so viele Zimmer in meinem kleinen Hotel zerstört? Wo sind meine Herzensbewohner und warum hast du mich nicht bewahrt vor so viel Schmerz? Wo warst du als ich dich wirklich gebraucht habe? " Jetzt schluchzte es ganz laut,verschluckte sich beim pochen und viele kleine rote Tröpfchen flossen aus den Wunden. 

Der Verstand war immer noch ganz verwirrt ,er musste seine grauen Zellmännchen erst einmal sortieren, sie waren ganz durchgerüttelt und durcheinander
Dann platze es aus ihm raus:

" Was fällt dir ein so mit mir zu reden? Ich war immer da für dich, was kann ich dafür das du immer dein eigenes Ding machst? Du hörst nur selten auf mich und letztendlich machst du doch was du für richtig hälst. Dann beschwere dich nicht wenn es dann schief geht . " Ihm war immer noch schwindelig und die grauen Zellmännchen waren schon ganz grün weil ihnen übel wurde vom ganzen schütteln.

"Weißt du was? DU machst alle krank mit deinem Verhalten"schrie er : "Der Magen dreht sich ständig . Die Augen sehen nicht mehr die schönen Dinge, die Beine sind müde und wollen nicht mehr laufen . Was ist mit mir?Dein großer Bruder und Ratgeber , ich fühle mich auch schwach weil ich in der letzten Zeit die ganze Arbeit alleine übernehmen muss. Aber ich brauche dich genauso wie du mich damit es uns allen gut geht...Und was machst DU?
Du kümmerst dich nur noch um deine Narben und Wunden.Dabei werden sie so niemals verheilen!"Er sackte zusammen und war ganz erschöpft.

Eine Weile war nun Stille. Nur manchmal war das unrythmische pochen des traurigen Herzens  noch zu hören. 

Der Verstand war noch dabei seine grau/grünen Zellmännchen zu beruhigen  als dem Herzen plötzlich ganz kalt wurde. 
Es schaute an sich herunter und bemerkte das es zur Hälfte eiskalt und graublau geworden war. Die Wunden bluteten nicht mehr und die Narben waren ganz hart geworden.... Es war zur Hälfte versteinert! 
Anstatt laut zu pochen war nur noch ein flaches pulsieren zu hören. 
"Was hast du getan?" stammelte das Herz ganz ängstlich

Der Verstand war ziemlich  erschrocken. Die armen graugrünen Zellmännchen richteteten sich langsam wieder auf und so hatte er schnell eine Antwort parat.

" Das war nicht ich kleines Herz, das warst auch nicht wirklich Du. 
Es sind neue Bewohner eingezogen als du damit beschäftigt warst deine Wunden zu versorgen und als wir gestritten haben.
Es scheint so als wären die "Verbitterung" und die "Resignation" bei dir eingezogen und du hast sie nicht bemerkt. 

"Oh" das Herz war kurz sprachlos..
"Das wollte ich nicht !" Sie haben nicht geklopft!!!?! "
Versuchte es sich zu rechtfertigen. 

" Klopfen ?, nein das tun sie sicher nicht. "
Sagte der Verstand leise.
"Sie schleichen sich ein und wenn wir nicht aufpassen holen sie ihren Kumpel den "Hass" noch dazu ...dann wirst du komplett versteinern und meine grauen Zellmännchen werden sterben und immer weniger werden. " Das wäre unser beider Ende.

Das kleine Herz sprang auf , es taumelte ein wenig. Die versteinerte Seite fühlte sich schwer und kalt an. Die Schmerzen waren zwar weg aber dafür fühlte es wie sich langsam eine dunkele ,kalte Leere breit machte. " Nein! das bin ich nicht, das darf nicht sein!" dachte es und schaute sich hilflos um. "Was soll ich nur tun?" 
Der Verstand schwieg , er konnte nicht antworten, er war bereits selbst auf der Suche nach einer Lösung. 

" Antworte! Hilf mir was kann ich tun?"rief das kleine Herz und bekam große Angst. " Der Hass darf hier niemals einziehen , ich muss die "Resignation" und die "Verbitterung" finden um sie zu vertreiben !" 

Der Verstand schwieg...

Das Herz eilte zur Rezeption, dort hing ein großes Bund mit leicht verrosteten Schlüsseln in einem klapprigen Holzschränkchen. Es waren die Schlüssel der verschlossenen und verwüsteten Zimmer. Diese hatte es schon lange nicht mehr betreten, aber es musste die Übeltäter finden bevor es zu spät ist. 

Es trat vor die erste Türe und hatte das Gefühl das es immer schwächer wird , aber es pochte und war noch nicht stehen geblieben. Jetzt nahm es allen Mut zusammen und öffnete die Türe. 
Sie sprang auf und es wurde unglaublich hell und warm....

Voller Verwunderung schaute es sich um. "Das Zimmer war doch völlig zerstört als ich es abgeschlossen habe",staunte das Herz. " Ja , ich weiß es genau , es war alles kaputt , dann habe ich es mit Liebe gefüllt ,verschlossen und wollte es vergessen."
Genau wie die anderen verlassenen Freundes-  und Familiensuiten und das eine Zimmer, für einen ganz besonderen Bewohner, mit Whirlpool und Dachterrrasse mit Blick auf die Seele . Das habe ich gut mit Liebe befüllt nachdem es  verlassen wurde und dann fest verschlossen und versiegelt. " es schnappte aufgeregt nach Luft . 

" Großer Bruder Verstand , was ist hier geschehen?" Bitte antworte doch.... "

Da fiel ihm plötzlich das bunte Köfferchen in der Kammer ein. Eilig lief es los und öffnete es ganz aufgeregt weil es dachte darin die Antwort zu finden .Aber es lag nur noch ein einziges Blatt Papier darin .

" Ob die klettigen Achtbeinigen Erinnerungen da vielleicht etwas geklaut haben?" 
Aber die kleinen Biester waren noch sorgfältig verpackt im Regal und man hörte nur manchmal ein leises knurren und zischen aus den Schachteln heraus.

Während das Herz überlegte wer den Inhalt gestohlen haben konnte , faltete es das Blatt Papier auseinander . 

Auf dem standen folgende Worte:

Bist du traurig,
dann umarme  die Traurigkeit und nimm sie an... und sie wird gehen

Bist du verletzt? 
Dann umarme den Schmerz und nimm ihn an... Auch er wird gehen. 

Sperrst du Erinnerungen ein dann werden sie zu Achtbeinigen klettigen Biestern die dich ständig heimsuchen und pieksen.
Nimmst du sie jedoch mit Liebe an dann werden sie ganz zahm und flauschig.

Verlassen dich Bewohner deiner Herzenszimmer, weil sie wollen oder müssen. Dann fülle diese Zimmer mit Liebe und schließe die Türen nicht. 
Liebe muss fließen und fliegen können. In versperrten Zimmern kann sie keiner finden.

Willst du die "Resignation "und "Verbitterung "vertreiben dann öffne die Fenster deiner Herzenszimmer und lass Licht hinein , die beiden mögen nur die Dunkelheit. 

Und zum Schluss... 

Lass deinen großen Bruder den Verstand  ein guter Berater sein.... Und ganz wichtig : höre stets auch auf dich selbst, mein liebes kleines Herz.
 Du bist größer als du dich manchmal fühlst . 

Mit freundlichen Grüßen 
Die Seele 

P.S Sei nicht böse das ich die restlichen Weisheiten deines großen Bruders des Verstandes aus dem bunten Köfferchen entwendet habe. 

Er sortiert immer noch seine grauen Zellmännchen und verbindet seine Synapsen. Es schadet nicht sich auch mal auf mich die Seele zu besinnen. 


Das kleine Herz lächelte und fing zu strahlen an. 

" Das ist die Lösung!!" LIEBE ist die ANTWORT! 

Es pochte wie wild, aber dieses Mal vor Freude. Es wurde ihm wohlig warm und seine graue versteinerte Seite füllte sich wieder mit Leben und Liebe. 

Es rannte los schloss eilig alle Zimmer auf, riss die Fenster auf , schaffte Ordnung in den Zimmern und füllte alles mit Liebe. 

Einmal stutze es noch... Vor dem Zimmer mit Blick auf die Seele für den einen ganz besonderen Bewohner .Sollte es wirklich noch einmal diese Türe öffnen für einen neuen Bewohner? 

Es warf einen Blick auf die Narben und Wunden und es wollte schon wieder gehen.

Dann plötzlich klopfte es ganz zart vom inneren des Zimmers.
Das kleine Herz fuhr erschrocken herum " Wer kann das  sein? Vielleicht die zwei Bösewichte?" 
Es war ängstlich aber dann doch mutig genug den Schlüssel herum zu drehen.
Langsam öffnete sich die Türe. 

Eine fröhliche  Stimme sagte aufgeregt:

"Hallo kleines Herz, entschuldige unsere Dreistigkeit,wir hoffen das wir hier noch wohnen bleiben dürfen .... naja zumindest so lange bis das Zimmer neu besetzt wird?
Dürfen wir uns Vorstellen ? Meine Wenigkeit die "Hoffnung" und meine beiden Kumpel " Mut" und "Geduld" 
Gut das du nun endlich das Zimmer wieder geöffnet hast wir haben ja überhaupt keine Luft mehr bekommen.... " 
Die "Hoffnung" fächelte sich Luft zu und der "Mut" stützte sie damit sie nicht Ohnmacht fällt. "Hättest du das Zimmer nicht mit Liebe befüllt bevor du es verschlossen hast dann hätten wir das bestimmt nicht überlebt !" 

Das kleine Herz staunte nicht schlecht  und war im ersten Moment etwas sprachlos.

"Natürlich dürft ihr bleiben" stammelte es. "Tut mir leid das ich euch eingesperrt habe aber wie kommt ihr hier rein und überhaupt es war alles verwüstet .... Und jetzt... Ach das ist alles so verwirrend " Es zuckte kurz mit den Schultern...pochte aber dann weiter . 

Ein leises kichern von Oben unterbrach die Unterhaltung.

" Hey ,kleines Herz, schön dich wieder strahlen zu sehen . Du hast es geschafft !Dann kann es ja wieder los gehen" Es war der Verstand der nun so frisch sortiert und breit grinsend wieder gut reden hatte. Die Zellmännchen waren nicht mehr Grün sondern erstrahlten in schlauem Grau während sie zwischen den Synapsen hin und her flitzten.

" Du hast wie immer gut reden, aber auch diesmal habe ich das letzte Wort!"sagte das Herz und beide lachten..

So kam es das in dem kleinen Hotel Herz wieder die Liebe frei fliessen durfte , die Hoffnung , die Geduld und der Mut konnten tief  durchatmen . Die Augen erfreuten sich an all den schönen Dingen die sie wieder sehen konnten. Der Magen brummelte zufrieden und die Beine tanzten ausgelassen!
Für alle alten und neu ankommenden Bewohner im kleinen Hotel Herz standen die Türen ab jetzt  weit offen.

Das kleine Herz hatte seine Lektion gelernt , es pflegte die Zimmer sehr gut , füllte sie mit viel Liebe. Es gab keine Schlüssel mehr auf den Türen, auch wenn das riskant war , das kleine Herz wusste ja jetzt das der Schmerz auch dazu gehörte ,dass ihm aber nichts passieren konnte mit so viel Liebe und wunderbaren Bewohnern in den Zimmern und erst recht mit  einem so tollen und schlauen großen Bruder Verstand an der Seite, 

Die Seele nickte glücklich ,sie war zufrieden. 


Und die Moral von der Geschicht'.
verschließe deine Herzenstüren nicht.
Der Schmerz gehört zum Leben dazu ,
verschließt du dich,bekommt dein Herz niemals Ruh'
Lass die Liebe in deinem Herzen fließen, erst dann kannst du glücklich und zufrieden dein Leben genießen. 

© Manuela Kuschel (April 2016) 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.04.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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