Christa Astl

Warum willst du verreisen?



(Ein Dialog)
 
A: Ich freue mich schon so auf meine Reise! Bald mache ich mich auf den Weg.
B: Warum musst du denn immer reisen? Ich bin am liebsten daheim.
A: Ich möchte was Neues sehen
B: Ich sehe jeden Tag was Neues, im Fernsehen.
A: Das ist doch nichts, die Welt in diesem Kleinformat zu betrachten
B: Aber es ist einfacher, bequemer.
A: Das ist ja langweilig!
B: Warum langweilig? Ich sehe mehr als du, brauche mich nicht anzustrengen, habe keinen Stress,
A: Das ist ja das Entscheidende, die Anstrengung, wie du es nennst! Sie erhebt einen über den Alltag.
B: Nein, diese Arbeit tue ich mir nicht an. Hier sehe ich bequem alles, bin überall näher dabei. Du musst Karten studieren, dich über  Sehenswürdigkeiten schlaumachen, …
A: Schon das allein ist ein Vergnügen, ich sehe das nicht als Arbeit.
B: Dann hast du den Stress, ob du den richtigen Zug findest, und ob er pünktlich ist, wie du zu deiner Unterkunft kommst.
A: Ich bin im Urlaub, da habe ich Zeit, auch mal eine Verspätung hinzunehmen.
B: Und vorher musst du überlegen, was du mitnimmst, und dann das alles mitschleppen
A: Na und!? Ich könnte mir ja auch an Ort und Stelle was kaufen…
B: Die ewige Kofferschlepperei, und die Angst, ob ihn dir nicht jemand entführt, wenn du dich gerade umdrehst
A: Erstens habe ich keinen Koffer, sondern einen Rucksack, den ich am Rücken trage, und ich nehme nur das Allernötigste mit.
B: Aber wenn du im Hotel bist, da musst du doch fein angezogen sein?
A: Oh, in ein Hotel gehe ich nicht, eben weil es da zu steif und vornehm zugeht. Und warum soll ich fünfzig und noch mehr Euro für ein Zimmer zahlen? Was brauche ich eine Bar, ein Telefon, Fernsehen, Zimmerservice und was noch alles? Ich bin ja nur zum Schlafen im Zimmer.
B: Und die fremden Betten! Entweder sind sie zu kurz oder zu schmal, das Kissen ist zu klein oder auch zu dick, die Räume sind zu sehr geheizt,
A: Und dafür noch eine Menge zahlen?? Nein, ich lebe möglichst günstig. Wenn ich müde bin, schlafe ich überall, zur Not mit anderen zusammen. Duschen gibt es in jeder Jugendherberge.
B: Was? Mit anderen, fremden Menschen im Zimmer?
A: Warum nicht, die denken nämlich so wie ich. Sie suchen auch nur eine Unterkunft für eine Nacht oder ein paar Nächte, dann geht die Reise weiter.
B: Und jedes Mal wieder deinen Rucksack einpacken und zum nächsten Bahnhof schleppen?
A: Da könnte ich mir Schlimmeres vorstellen: Mit Riesenkoffer, damit ja 30 kg Freigepäck Platz haben, stundenlang am Flugplatz stehen, warten aufs Einchecken, dann das Riesending von Gepäck handhaben, das ich kaum vom Boden hoch bekomme.
B: Es muss ja nicht gleich eine Weltreise sein, denk doch mal an eine Kreuzfahrt. Du würdest vielleicht sogar zu Hause abgeholt, zum Flughafen gebracht, aufs Schiff, müsstest dich um nichts kümmern.
A: Gerade das will ich ja. Mich selber darum kümmern, wo ich hin will und wie ich hin komme.
B: Du hättest dein regelmäßiges Essen, es gäbe Landausflüge, du würdest viele Sehenswürdigkeiten sehen, alles wäre bereits gebucht, du hättest einen deutschsprachigen Reiseführer
A: Nein danke! Einen Reiseleier, der mir sagt und zeigt, was ihm wichtig erscheint. Ich will das sehen, was mir wichtig ist, was mich interessiert, aber ich will auch mal gar nichts ansehen, einfach auf einer schattigen oder sonnigen Bank sitzen, vielleicht mit Blick aufs Meer oder einen Strand, einfach den Moment genießen, und wenn er Stunden dauert. Keinen Stress haben, was ich mir alles noch ansehen muss. 
B: Bleib doch zu Hause, hier ist es ja auch schön. Da kannst du im Liegestuhl unterm Sonnenschirm liegen, das ist viel erholsamer als von Ort zu Ort zu reisen.
A: Nein, lass mich meine Welt auf meine Art kennen lernen. Schau du sie dir im TV an, aber lass mich sie bereisen. Ich will die frische Brise am Meer spüren, den Geruch von Tang riechen, mit nackten Zehen durch den Sand laufen. Ich möchte mit Menschen, die dort leben, reden können, deren Stimme hören, ihnen antworten,  ich möchte aber auch ganz allein die Stille der Natur erleben, stehen bleiben und verweilen, wenn ein Vogel oder eine besondere Blume mein Interesse weckt.
B: Nein, dir ist nicht zu helfen. Dann wünsche ich dir halt eine gute Reise und komm gesund und sicher wieder zurück, erholen wirst du dich dann wohl zu Hause?
A: Das kann sehr leicht möglich sein. Danke für deine Wünsche. Ich schicke dir ganz bestimmt eine Ansichtskarte!
 
 
ChA 13.05.16



 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.05.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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