Iris Klinge

LIEBE

Die deutsche Sprache hat wenig Worte, die stark genug sind, um den Ausnahmezustand des
Verliebtseins zu beschreiben.
Da heißt es im Französischen „coup de foudre“ - vom Blitz getroffen, oder „amour fou“,
eine Liebe, die an Verrücktheit grenzt. - Wir können noch sagen „es zieht mir den Boden unter den Füßen weg“.

Die Engländer sagen „to fall in love“ - also in die Liebe hinein stürzen, wie in ein Loch. 
Auf portugiesisch gibt es den Unterschied zwischen „amar“ - lieben, und „apaixonar“ - mit Leidenschaft lieben. Das Wort Passion steckt darin.

Viele vergleichen den Zustand des Verliebtseins mit einer Manie. Der Verstand ist außer Kraft gesetzt, der Verliebte kann Berge versetzen mit seiner ungeheuren Energie. Er erliegt der Illusion, dass dieser Zustand „immer und ewig“ dauert, wie er es so gern seiner Angebetenen schwören möchte.

Die Musik aller Zeiten ist voller Liebesthemen:„Bis dass der Tod uns scheidet“ oder „unsterblich verliebt“ oder Liebe ist stärker als der Tod.

Dazu kommt die Sehnsucht, das Dahin-Schmachten wie etwa bei Goethes Werther. Die unerfüllte Liebe bringt die schönsten Gedichte und Romane hervor.

Die Illusion der Liebe währt kein ganzes Leben lang. Haben sich die beiden tatsächlich das Ja-Wort gegeben, beginnt irgendwann nach den Flitterwochen, wenn sie die Realität und der Alltag einholt, ein Umwandlungs Prozeß - im besten Fall von der Verliebtheit hin zu der Liebe.

Die Vorstellung, die wir uns von einem neuen Liebespartner machen, entspricht meist nicht der Wirklichkeit. Wir projezieren all die wundersamen Eigenschaften in ihn (sie) hinein, die wir selbst nicht haben und glauben, „die andere Hälfte der Orange“ gefunden zu haben, wie die Engländer sagen. Wir sprechen von Seelenverwandtschaft und meinen damit, dass alle Konflikte nun eine Lösung finden. „Du bist mein Retter“, „wir passen 100 % zusammen“, „mit dir fängt mein neues Leben an“ sind Gedanken, die uns durch den Kopf gehen, wenn wir verliebt sind.

Und dann beginnt das wirkliche Kennenlernen des Partners. Wir erleben ihn mit all seinen Schwächen, denn er macht uns nichts mehr vor, genauso wenig wie wir uns auf Dauer im besten Licht zeigen können. Und jede Begegnung mit dem anderen ist auch eine Begegnung mit uns selbst. Nur im Spiegel des anderen können wir sehen, wer wir sind.

Manche wollen sich der Konfrontation nicht stellen und laufen frühzeitig davon, anstatt an sich selbst zu arbeiten, denn es ist immer wieder eine Herausforderung, den anderen zu akzeptieren in seiner Einzigartigkeit, die uns nicht immer genehm ist.

Wer durchhält, macht einen positiven Entwicklungs Prozeß durch, er lernt Toleranz und Akzeptanz. Liebe ist auch Vertrauen in den Partner und in das Leben, dass alles was geschieht zu unserem Besten ist, auch wenn es oft den Anschein hat, als ob wir hart vom Schicksal gebeutelt werden.

Zum Wachsen braucht es eben die Stolpersteine, um wieder aufzustehen, wenn wir gefallen sind, und unseren Weg weiter zu gehen.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Iris Klinge).
Der Beitrag wurde von Iris Klinge auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.08.2016. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Iris Klinge als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Der ganz alltägliche Wahnsinn: Heitere Kurzgeschichten von Sabine Peters



Szenen des Alltags, die einen manchmal an den Rand des Wahnsinns treiben, mal von einer ironischen Seite betrachtet und als lustige Kurzgeschichten verpackt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Besinnliches" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Iris Klinge

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Globalisierung von Iris Klinge (Einfach so zum Lesen und Nachdenken)
Gedanken zum Briefeschreiben von Irene Beddies (Besinnliches)
Für die lieben Frauen von Uli Garschagen (Einfach so zum Lesen und Nachdenken)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen