Doris E. M. Bulenda

Ungarn – Kleiderkauf in einem Dorf in der Puszta

Auf einer Urlaubsfahrt Mitte der 1990er Jahre landete ich in Ungarn in der Kis-Puszta. In einem kleinen Ort namens Bugac. Heute soll's dort schon etwas touristischer zugehen, damals war in diesem Eck Ungarns nicht viel los. Heißt, es gab schon ein bisschen Tourismus in der Gegend, aber der beschränkte sich auf einige große „Tanya“ genannte Hotels, meist mit Reiterhof, immer mit Restaurant und viel „Landschaft“ drumrum. Sonst gab's nichts.
Ich landete in diesem kleinen Ort, nahm mir ein Quartier bei Privatleuten. Die ganze Gegend war damals recht einfach, um nicht zu sagen, ziemlich ärmlich. Dafür ging's noch familiär zu. Ich wohnte in einem kleinen – zugegeben etwas schäbigen – Gartenhaus und bekam von der Vermieterin nachmittags selbstgebackene Plätzchen zur Kaffeezeit. Ein paar Jahre später übernachtete ich wieder zwei Nächte dort – aber diesen netten Service gab's schon nicht mehr.
Das Reiten in den Reiterhöfen der Umgegend war sehr schön und ich blieb länger, als ich ursprünglich vorgehabt hatte. Dafür sorgte auch Kiskunmajsa, ein Heilbad, das wunderbares Thermalwasser hatte. Es war schon Ende September, deshalb hatte ich für die ganze 4-wöchige Tour hauptsächlich Herbstklamotten dabei.
Nur kam dann eine richtige Hitzewelle. Was mir zwar sehr gefiel, aber auch bedeutete, dass ich kurzärmlige oder ärmellose T-Shirts benötigt hätte, die ich nicht dabei hatte. Ich fragte bei meiner Vermieterin nach – nein, in Bugac gab es kein Geschäft für Kleidung. Und die nächste größere Stadt war ca. 75 km entfernt, ich hatte eigentlich keine Lust, so weit zu fahren nur für ein paar T-Shirts.
Dann fiel dem Mann der Vermieterin ein, dass es im Nachbardorf, ca. 10 km entfernt, doch eine Boutique geben sollte. Ich sprang ins Auto und fuhr hin. Ja, es gab ein Modegeschäft. Es war auch nicht schwer zu finden, es gab in diesem sehr kleinen Ort nur einen Hauptplatz und da auch nur eine kleine Boutique.
Ich parkte und betrat den Laden. Ein Typ, der offensichtlich der Inhaber war, sprang eifrig auf. Er schien sich zu freuen, eine potentielle Kundin zu sehen und was zu tun zu bekommen. Viel gab's ja nicht an Ware zu sehen im Laden … Zum Glück sprach der Mann recht gut Deutsch. Ich fragte nach T-Shirts, er nickte eifrig, sicher, so was hätte er im Lager. Er würde mir sofort eine Auswahl bringen.
Schon war er verschwunden und kam auch kurz darauf wieder, die Arme voll mit verschiedenen Shirts. Kurzärmlig, ohne Ärmel, mit Rüschenärmeln, alles Mögliche tauchte da auf. Ich schnappte mir ein paar, verzog mich in die Umkleidekabine und probierte an.
Kam wieder raus und reichte dem Inhaber ein Shirt. „Das passt.“ Dann packte ich den nächsten Stapel und ging wieder zum Probieren. Diesmal passten sogar zwei. Also raus, wieder „das passt, ist ok“. Der Typ nickte und wollte das erste Shirt wegräumen. „Halt, stopp, nicht doch, das will ich auch haben.“
Mit den Worten schnappte ich mir den nächsten Stapel. Wieder fand ich was Passendes. Und so lagen nach einer Weile sechs oder sieben Shirts, die ich mir ausgesucht hatte, neben der Kasse. Das sollte jetzt erst mal reichen für die nächsten Tage …
Ich ging also zur Kasse. Der Inhaber strahlte mich an und fragte, was davon ich denn nun davon haben wollte. Wieso was davon, ich wollte das natürlich alles kaufen. Der Typ blickte mich entsetzt an: „Das wird aber sehr teuer werden.“ Nun, ich hatte bei der Anprobe bereits die Preisschilder, sofern vorhanden, gecheckt – die Teile kosteten alle nicht sonderlich viel. Es waren einfache, leichte Shirts aus billigem Stoff. Genau das Richtige für einen Urlaub – mehr brauchten sie auch nicht auszuhalten.
Also bestätigte ich, dass ich alle ausgewählten Shirts haben wollte. Wieder traf mich ein ungläubiger Blick, dann kam ein Taschenrechner zum Vorschein und der Ladenmensch tippte die Preise ein. Zuckte zusammen, als er auf die Endsumme blickte. Fing nochmal von vorne an, diesmal blickte ich auch auf den Rechner und die Summe.
Das Resultat war das Gleiche, der Inhaber rundete die Summe ein bisschen ab und gab sie mir dann bekannt. Bemerkte, dass er sicher verstehen würde, wenn ich ein paar Stücke weniger nehmen würde, weil es ja so teuer wäre. Nur – wir redeten über eine Summe von umgerechnet ungefähr 35 DM. Ich seufzte, was musste ich eigentlich tun, um alle die Shirts zu bekommen?
Ich versicherte also dem Typ, dass das ganz in Ordnung wäre und ich tatsächlich alle Shirts mitnehmen würde. Er schien es nicht fassen zu können. Aber ich zückte das Geld und überreichte es ihm. Ungläubig legte er es in die Kasse und packte die Shirts in eine Tüte.
Ging dann eilig zu einem Ständer mit Sonnenbrillen. Nahm eine davon und meinte, ich solle die probieren. Ich lehnte ab, ich brauchte keine Sonnenbrille. Doch, doch, ich müsse sie mal aufsetzen. Na gut, ich setzte die Brille auf. Sie passte und sah auch gut aus.
Mit einem strahlenden Lächeln wurde sie mir dann als Geschenk des Hauses überreicht. Anscheinend war das die Freude über das „große Geschäft“, das er mit mir gemacht hatte. Ich bedankte mich, dann wurde mir die Tür aufgerissen und der Inhaber winkte mir noch nach, als ich meine Tüte mit den Shirts zum Auto trug. Wahrscheinlich hatte er in diesem kleinen Ort noch nie so viel auf einmal verkauft …
 

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Ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass ein Besuch auf einer Faschingsparty solche Konsequenzen haben könnte. Eingeplant hatte ich eine Menge Spaß, gern auch frivoler Art. Meine Freundin schleppte mich häufig auf Veranstaltungen, wo auch in der Horizontalen die Post abging. Doch was bei diesem Fasching passierte, war jenseits des Erklärbaren. Irgendein als Magier verkleideter Partybesucher beschwor lustigerweise germanische Götter. Und dann stand ER plötzlich vor mir, ein Typ mit Axt, er wirkte ziemlich desorientiert und nannte sich Saxran. UND er war attraktiv. Ich schnappte ihn mir also. Nicht nur die Axt war recht groß an ihm. Hätte ich allerdings damals schon geahnt, was das noch für Konsequenzen haben würde… Saxran war absolut nicht von dieser Welt, und seine Welt sollte ich bald kennenlernen. Sie war geprägt von Unterwerfung, Schmerz, Lust und jeder Menge Abenteuer.

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