Marleen Heutling

Schernsek

In einem einfachen Haus, in einer einfachen Küche, sollte ein einfacher Kuchen entstehen.

" Was ist das?" Fragt der Mann und schaut mit zusammengezogenen Augenbrauen darauf hinab.

" Ein Kuchen." Sagt die Frau trotzig und schrubbt weiter an ihren Fingernägeln.

" ... Du wolltest einen Kuchen backen?" Fragt er langsam und setzt nach einigen Sekunden ein lang gezogenes: " Warum ?"

" Na! Erst einmal, Korrektur: Ich HABE einen Kuchen gebacken." Sie kratzt mit ihrer Nagelfeile die Reste des Teig-Mehl-unerkenntliche Pampe Gemisches aus ihrem Daumen. " Zweitens hast du dich doch gestern beklagt, dass ich mit den Kindern nie was zu Hause unternehme UND dass unsere Küche nutzlos ist, da wir eh nie kochen."

" ... Ja,... aber warum gleich backen ?" Er sieht über die unzähligen Tüten, Schüsseln und Becher. Was sollte es überhaupt für ein Kuchen werden ?

" Na also, ich habe die Kinder gefragt, was sie heute gerne essen würden." Sie schaut unzufrieden auf ihre Finger. " Ich muss wieder zur Maniküre."

" Kuchen? Was für einen ?" Fragt er vorsichtig. Die Neugier war zu groß.

" Na, also sieht man das nicht?" Sie deutet auf ... den Kuchen.

" Ja, doch... ich will nur den Namen wissen." Er wendet seine Augen nicht zurück zum Objekt, sondern sieht weiterhin seine Frau an.

" Schwedischer Erdbeer Nusschreme Schokosoßen Eierpunsch Kuchen." Sagt sie stolz und trocknet endlich ihre Hände am Handtuch.

"... Ein ... schwedischer erd...was ?" Er blinzelt.

" Ein Schwedischer-Erdbeer-Nusschreme-Schokosoßen-Eierpunsch-Kuchen." Wiederholt sie fehlerfrei und schaut ihn heraus fordernd an.

" ... " Einige Momente sagt er nichts. Dann entscheidet er sich wohl, einige Sachen einfach geflissentlich zu ignorieren und fragt: " Wissen die Kinder, dass du diesen Kuchen selbst backst ?"

Sie seufzt und betrachtet nun ihre mit Mehl und anderem Zeug bespritzte Bluse. " Nein, ich wollte sie überraschen. Ich hoffe ja es schmeckt ihnen."

" Na überrascht werden sie alle mal sein..." Nuschelt er und linst kurz zu dem unförmlichen braunen Klumpen. " ... " Kurz ist er über die Gesundheit seiner Kinder besorgt. Na, sie werden schon nicht sterben.

" Ich gehe mich umziehen..." Sie kratzt an einem eingetrockneten Brocken Teig an ihrem Arm. " Na am besten gleich baden. Danach können wir ja essen." Sie lächelt und verschwindet aus der Küche und hinauf in das zweite Stockwerk.

Dies ist nicht das erste mal in seinem Leben, dass er sich fragt ob seine Frau blind ist. Mit den Klamotten und Schuhen die sie trägt, ist diese Frage überflüßig. Aber,...Geruchsblind ? Er hält sich die Nase und geht schnellen Schrittes zum Fenster und reißt es auf.

KRACH!

" Ahhhh." Seine Hand wechselt von seiner Nase auf die Stirn. " Die teure Vase aus... Schweden." Er grinst und schüttelt seinen Kopf. Ob das ein Zeichen war alles schwedische in diesem Raum zu vernichten. Er kniet und beginnt die Scherben aufzusammeln.

" SCHATZ ?" Er zuckt zusammen und ein Schmerz durchfährt seinen Finger. Na super. " WAR DAS MEIN SCHWEDISCHER KUCHEN ?"

Er betrachtet seinen blutenden Daumen matt und schreit zurück: " NEIN, DIE SCHWEDISCHE VASE."

Kurz ist Stille dann: " WAR DAS ETWA SARKASMUS ?" Schön wärs, denkt er und schüttelt noch einmal den Kopf.

" NEIN SCHATZ." Ein roter Tropfen fällt auf den Boden und eine Idee kommt in ihm auf. Er springt auf, hetzt zum Kuchen und hält seinen Daumen darüber. Drei Tropfen später rennt er hinauf und stürmt ins Bad.

" Schatz ich habe mich geschnitten !"

" Was ?!"

 

" Ach Gottchen." Sie betrachtet ihren Kuchen traurig. Er steht in der Mitte des Tisches und die ganze Familie sitzt um ihn herum. " Nun können wir ihn nicht essen."

" Es tut mir leid, Schatz."

" Ist schon in Ordnung,... war ja nicht Absicht." Er lächelt nur.

" Ehhh, Mama ?" mischt sich eine jüngere Stimme ein.

" Was ist meine Kleine ?"

" Ich bin 16 ! Und... ehm, dieser selbstgebackene... Kuchen?" Fragt sie unsicher und sieht hinüber zu ihrem Vater um die Richtigkeit dieser Ausage zu prüfen. Er zuckt mit den Schultern. Weiß er auch nicht.

" Den habe ich gebacken, ja." Die Mutter zweier Kinder schlägt sich stolz vor die Brust. " Mein erster!"

" PfffhhahahahahHAHAHA, der sieht ja aus wie ein Haufen Sc-" Die große Schwester hält dem kleinen Bruder schnell den Mund zu. Beide funkeln sich böse an.

" Was ?" Die Mutter blinzelt auf ihren hysterischen Sohn. " Was wolltest du sagen ?"

" Ehm er wollte sagen, dass es, ehm wie ein Haufen schönen Kuchen aussieht." Antwortet die Tochter und sieht ihren Bruder eindringend an. Dieser rollt mit den Augen und nickt. Die Hand löst sich von seinem Mund.

" Ja, genau das meinte ich." sagt er matt und lehnt sich mit verschränkten Armen zurück. Der Vater seufzt erleichtert, mit neun Jahren hat er wohl endlich gelernt den Mund zu halten.

" Du- du lügst! E-Euer Vater hat mir nämlich gerade erklärt wie man Sarkasmus erkennt." Sie fängt an zu schluchzen, legt Kopf und Arme auf die Tischplatte und blabbert vor sich hin. Beide Kinder sehen ihren Vater entsetzt und vorwurfsvoll an. Er hält die Hände besiegt in die Höhe. " Aber ich weiß ja, es ist wahr. Was ich da gebacken habe ist ein Stück Scheiße. Ich bin nutzlos in der Küche. Ich kann nicht mal einen Kuchen für meine eigenen Kinder backen. Was bin ich nur für eine Mutter?"

" Schatz, du musst doch nicht gut in der Küche sein, um eine gute Mutter zu sein." Er legt seinen Arm um sie: " Hör auf zu weinen, keiner denkt diese schrecklichen Sachen."

" Ach Mama, du musst doch auch nicht gut backen können." Sagt die Tochter, reicht über den Tisch und hält ihre Hand.

" Backen dauert sowieso zu lange, kauf doch einfach." Der Neunjährige verdreht schon wieder seine Augen.

" Ihr... IDIOTEN ! ALSO SEID IHR ALLE DER MEINUNG, ICH KANN NICHT BACKEN ?! Und soll es lieber lassen?" Sie ist aufgesprungen und schaut sie alle böse an. Sie beugt sich über den Tisch und schlägt die Hände links und rechts vom Kuchen. " Ihr seid doch so ... anstatt mir zu sagen ich könne es ja wieder versuchen !" Tränen fallen auf den Kuchen.

" Schat-"

Ein grelles Leuchten erfüllt den Raum. Die Frau weicht zurück und alle anderen verharren, als das Objekt zu glühen beginnt. Dann formt sich in einem Meter Durchmesser ein ebenfalls glühender Kreis mit einem Pentagramm und vielen anderen Symbolen in der Mitte. Über dem Kuchen formt sich langsam eine Schattengestalt, voller Anmut und Kraft erhebt sich die menschliche Schattengestalt.

" Es sind 540 Jahre vergangen seit ich das letzte Mal beschworen wurde. Meister des Blutes, gibt mir einen Namen." Die Stimme ist wie die Gestalt ohne ein deutbares Geschlecht, sie geht durch Mark und Bein.

" Was geht hier vor ?" Entfährt es dem Vater.

" Stimme des Vertragblutes vernommen. Ich werde die Frage beantworten, sie beschwörten mit Ihrem Blut des Vaters, Tränen der Wut einer Mutter und einem Artifakt der Hölle, mich- einen Teufel."

" Ein Artifakt der Hölle, was soll das sein ?" Fragt der Vater und ein Gedanke des Grauens erfüllt ihn.

" Es meint doch nicht etwa ?" Die Frau schaut mit Grauen auf ihren Kuchen.

" Das ist witzig und geil zu gleich." Kommentiert die Tochter. " Und unwirklich. Seit ich gehört habe, dass Mama gebacken hat, denke ich ja schon ich träume, aber dies."

" Das Artifakt muss ein Objekt sein, das von der Mutter für das Wohl der Kinder erschaffen wurde. Traditionel waren es Waffen und Gifte gegen die Feinde der Familie. Ich bitte noch einmal um einen Namen, um den Vertrag zu beenden."

" Was genau für ein Dämon bist du?" Fragt die Tochter und beugt sich vor, um besser sehen zu können.

" Stimme der verehrten Tochter des Hauses vernommen. Ich werde die Frage beantworten. Ich bin kein Dämon, dies sind niedere Wesen in unserer Welt, wie die Tiere hier auf Erden. Ich bin ein Wächter-Teufel. Ich schließe einen Vertrag mit einer Familie und schütze und diene nur dieser Familie."

" ... Das ist ja krass. Papa, behalten wir ihn." ruft die Tochter freudig.

" NEEEINNN ! ES IST ... WAAAAAHH!" Alle sehen verblüfft zum Sohn. Tränen rennen über sein Gesicht und Angst erfüllte Augen sehen zu dem Schatten hoch. " ES IST GRUSELIG!"

" Ach komm schon." Die Schwester tätschelt ihrem Bruder den Kopf. " Komm runter, er tut uns nichts, stimmt doch oder?"

" Ich verspüre Misstrauen und Angst vom ehrenwerten Sohn. Ich versichere, ich stelle keinerlei Gefahr für meine im Vertrag eingeschriebene Familie dar. Ich bitte noch ein Mal um einen Namen vom Blut des Vaters."

Alle sehen zum Vater. Dieser zuckt zusammen und fragt: " Was meint ihr ?"

" Ich finde wir sollten es behalten." Sagt die Tochter sofort.

" Ich ... weiß nicht." Schnieft der Bruder.

" Schatz, wir haben es mit unseren Tränen und unserem Blut beschworen." Nickt die Mutter.

" Und deinem gebackenen Artifakt der Hölle." Nuschelt die Tochter und verdreht die Augen, der Bruder kichert.

" Also gut dein Name... ist...Se..Scher...Schernsek ?" Der Vater blinzelt verwirrt und rollt seinen Namen im Gedanken umher.

" Akzeptiert. Der Vertrag ist nun endgültig geschlossen. Eine Frage, wenn sie erlauben: Was für eine Form soll ich annehmen, um Ihrem Haushalt zu dienen ?"

Wie aus der Pistole geschossen antwortet die Tochter: " Ein hübscher Butler mit schwarzem Haar und Anzug, in seinen jungen zwanzigern, kein Alter Sack."

" Nun sag mal!" Die Mutter sieht sie überrascht an. Die Männer sagen nichts.

" Akzeptiert."

Wind zieht plötzlich durch die große Wohnstube und das Leuchten verschwindet, der Schatten bewegt sich zum Boden. Keine Sekunde später steht dort ein, nun, wie erwartet junger hübscher Butler im Anzug. Die Augen sind glühend rot und seine Haut schneeweiß. Wie gewünscht von der Tochter sind die Haare Rabenschwarz. Der Teufel hebt seinen Arm und zupft an seinem Anzugärmel.

" Ich glaube Handschuhe würden ganz gut dazu passen." Murmelt er, seine Stimme nun sehr viel mehr wie ein Mensch. Er sieht hoch zu der Familie, die teuflischen Augen werden sanft und er lächelt freundlich. Im nächsten Moment verbeugt er sich und spricht: " Es freut mich sie kennen zu lernen. Bitte halten Sie sich nicht zurück, mir Aufgaben zu geben."

" Alta so Geil!" ruft die Tochter und schmeißt beide Arme hoch. " Schernsek, freut mich auch." Sie grinst.

" Papa ?" Der Bruder sieht, von seinem Versteck hinter dem Tisch, zu seinem Vater. " Wie kommst du denn auf diesen Namen."

Der Vater seufzt und murmelt: "Schwedischer Erdbeer Nusschreme Schokossoßen Eierpunsch Kuchen."

" Was ?"

" Nichts."

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.01.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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