Olaf Lüken

Im Deutschen lügt man, wenn man höflich ist

Ist Goethe ein Lügner, wenn er höflich ist ? Die Überschrift erwähnt eben jene Stelle im Faust (II). In Auerbachs Keller heißt es: "Ein echter Deutscher mag keine Franzen leiden, doch ihre Weine trinkt er gern". Versprüht auch diese Behauptung Realitätssinn ? Quatsch. Was ist Höflichkeit ? Ist Höflichkeit vielleicht eine Frage der Etikette oder eine der richtigen Umgangsform ? Höflichkeit, denke ich, ist zuerst ein Verhalten, das von Rücksichtsnahme gegenüber anderen Menschen geprägt ist. Das Wort stammt von "Hof" und erinnert an den Königshof mit seinen höfischen Sitten.

Zahlreiche Leserinnen und Leser werden "Höflichkeit" an dieser Stelle mit "Etikette" assoziieren und sich an Freiherr Adolph (von) Knigge (1752-1796), Schriftsteller, Aufklärer erinnern, der vorübergehend auch Mitglied im Illuminatenorden war. Sein Werk: "Über den Umgang mit Menschen" ist alles andere als ein Standardwerk für die Etikette. Von steifer Etikette keine Spur. Alles reiner Etikettenschwindel. Sein Buch ist ein Plädoyer für die kleinen Dinge dieser Welt, die für viele Menschen wichtig sind. Dazu gehören auch freundliche und höfliche Menschen. Gibt es überhaupt die richtige Art "höflich" zu sein, um sie anschließend in ein Regelwerk einzubinden ?  Fragen Sie mal fünf Münchener danach, wie man eine Weißwurst richtig isst. Und dennoch: Höflichkeit hat in unseren Tagen  wieder einen Wert, weil sie eine Haltung ausdrückt, mit der sich viele Menschen identifizieren wollen.

Laut einer aktuellen Umfrage wünschen sich 90 Prozent der Befragten mehr Höflichkeit untereinander. Woran hapert es ? Kann es sein, dass sich schon allein das Wort "Höflichkeit" unterschiedlich interpretiert wird ? Kann es sein, dass viele Menschen glauben höflich zu sein, aber der andere erst einmal in Vorleistung treten soll ? Höflichkeit ist ein ethisches Wort und ein relativer Begriff. Was der eine "höflich" nennt, muss für einen anderen Menschen noch lange nicht höflich sein. Ich habe Anfang der 70er Jahre eine Banklehre in einer ostwestfälischen Volksbank gemacht. Höflichkeit war in jener Zeit eine Verhaltennorm, gewürzt mit einem Schuss Freundlichkeit und  kühler Distanz. Wo aber der distanzierte Mensch auftritt, ist das Attribut "soziale Kälte" nicht mehr fern. Ein aktuell anderer, aber hoher menschlicher Gütewert ist der mit "Authenzität" angefüllte Mensch. Gibt es den authentischen Menschen überhaupt  ?

 

Grundsätzlich neigen wir dazu alles zu bewerten. Wer oder was hindert uns, die Dinge positiv zu beurteilen ? Erinnern Sie sich noch an Pippi Langstrumpf und ihr Lebensmotto ? " Ich mache mir die Welt,  wie sie mir gefällt." Wenn ich der festen Überzeugung bin, dass die Welt böse und mein Gegenüber ein Feind ist, dann ist sie das auch. Eine Grundidee der Höflichkeit ist, dass ich bereit sein muss, in Vorleistung zu treten. Warum eigentlich ? Wenn in der Kommunikation etwas schiefläuft und ich der Ansicht bin, es richtig zu machen, muss der andere ja schuld sein. Paradox ist nur, dass der andere der gleichen Ansicht ist. Und schon befinden wir uns auf einer Verhaltensebene, die da heißt: " Ich bin ok, du bist nicht ok." Die Folge ? Beide werfen sich gegenseitig Unhöflichkeit vor. Und jeder verlangt von seinem Gegenüber, dass er derjenige sein soll, der den Konflikt zu lösen hat. Im Kern kommt es zu keiner Lösung. Beide trennen sich mit der festen Überzeugung, dass der andere einfach unhöflich ist. Wenn ich will,dass es höflich zugehen soll, dann muss ich der Erste sein. Auf eigene Fehler hinweisen, eigenes Handeln reflektieren und auch aufzulösen, über die anderen permanent nachzudenken. Ungelassenheit ist die Basis jeder Art Unhöflichkeit. Auch eine latente Dünnhäutigkeit muss ich vermeiden, was für mich durchaus nicht einfach ist. Der Mensch ist keine Maschine. Und ? Es gibt gute und schlechte Tage. Eine der Tugenden heißt: Unhöflichkeit aushalten und sich nicht runterziehen lassen. Was wir im Kopf haben, ist nicht in Beton gegossen worden auch unsere Meinungen und Haltungen nicht.

 

Soft skills haben als "soziale Kompetenz" längst Eingang in die aktuelle Unternehmenskultur gefunden. Der cholerische Chef, der seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allen anderen bloßstellt, ist schon seit Jahren ein Auslaufmodell. Hat das Unternehmen eine bestimmte Größe erreicht, belegt jede Führungskraft Kurse für eine erfolgreiche Unternehmensführung. Eine gute Unternehmenskultur ist grundlegend für ein stabiles und erfolgreiches Unternehmen. Trifft das Gegenteil zu, entstehen zahlreiche Schäden, und das Unternehmen verliert bares Geld.


(c) Olaf Lüken (2018)

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.04.2018. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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