Andreas Bartels

Kurrun3

Man hatte Kurrun in einen runden Käfig gesteckt. Sie wußte was jetzt kam. Sie hatte das grausame Spiel oft genug beobachtet. Sie hoffte nur, daß ihr Plan auch funktionierte. “... du bist der Hexerei angeklagt...“ sie hörte nicht zu. Sie mußte nur den richtigen Moment erwischen. “... durch eine Probe werden wir feststellen, ob du unschuldig bist...“ Sie wünschte sich nur, daß es endlich vorbei wäre, und man sie endlich in Ruhe ließ. Dann wurde der Käfig ins Wasser gelassen. Sehr langsam. Es war aber auch ein Blödsinn; eine Hexe, so wie sie sie sich vorstellten, könnte sich problemlos aus einer solchen Situation befreien; wenn es sie den gäbe. Mit aller Mühe bekämpfte sie ihre Panik; sie wollte nicht sterben; sie mußte sich auf den richtigen Moment konzentrieren... und als ihr Kopf im Wasser verschwand, zerbiß sie das kleine Ei, daß sie die ganze Zeit im Mund gehabt hatte. Sofort verlor sie das Bewußtsein.

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“Sie ist tot!“ sagte der Priester. “Das verstehe ich nicht! Wir haben sie doch nur eine ganz kurze Weile eingetaucht!“ sagte der Henkersknecht und schüttelte den Kopf. “Nun, dann laßt sie uns begraben und hoffen, das ihre arme fehlgeleitete Seele Ruhe und Frieden findet.“ Sagte der Priester und stand auf.

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Als Kurrun erwachte, war es dunkel und stickig um sie herum. Es hatte geklappt! Jetzt konnte sie nur hoffen, daß... mit aller Kraft, die die aufkommende Panik ihr verlieh, stemmte sie sich gegen den Sargdeckel. Dieser gab ohne Probleme nach. Sie kämpfte sich durch die hereinbrechende Erde und hatte wieder den bestirnten Himmel über sich. Sie hustete und mußte sich übergeben, aber das konnte ihre Freude darüber, daß ihr Plan aufgegangen war, nicht trüben. Nicht auszudenken, wenn sie sie richtig tief oder in einen richtigen Sarg beerdigt hätten. Auch die Dosis hatte genau gestimmt, nicht auszudenken was passiert wäre, wenn sie zu früh aufgewacht wäre... und zu spät... dann wäre sie wohl nicht mehr aufgewacht. Mühsam erhob sie sich. Dann hörte sie einen Schrei: “Die Hexe!“ da war ein Paar; beide starrten sie an. “Ihr solltet euch schämen, auf dem Friedhof...“ sagte Kurrun. Die Beiden rannten davon wobei sie mehrmals hinfielen. Kurrun mußte lachen. Dann viel ihr wieder ein, wo sie war. “Verzeiht meine Schwestern...“ murmelte sie. Mit Hilfe eines alten Baumes konnte sie diesen ungastlichen Ort verlassen. Sie ging zu ihrem Haus am Dorfrand, das leider nicht mehr da war. Natürlich. Damit hatte sie gerechnet, und ein paar ihrer wichtigsten Bücher und Aufzeichnungen im Wald versteckt. Sie stocherte in der Asche herum, aber da war nichts mehr zu retten. “So viel Dummheit...“ murmelte sie. Zu ihrem großen Entsetzen mußte sie feststellen, daß man ihre Katze aufgehängt hatte. “Oh, ihr Hunde...“ murmelte sie. Vorsichtig nahm sie sie ab. “Nein, Hunde sind nicht so grausam...“ mit Tränen in den Augen drückte sie den kleinen Körper an sich. “Es tut mir so leid...“

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Aber es war keine Zeit, zu trauern; die Sonne ging schon auf. Und so lief sie in den Wald, um ein hoffentlich ruhigeres Leben zu beginnen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.07.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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