Manfred Gries

Kuschelweich

Beim Betreten der Wohnung nahm ich an diesem Nachmittag eine Veränderung wahr. “Ich find deine Stimme schön“ empfing mich gut gelaunt, während die Sonne unseren Hof in hellem Licht erstrahlen ließ. “Ich war auch fleißig heute“, lächelte sie mich an. Und nicht genug, ein Berg feuchter Wäsche erfüllte das Haus mit einer Art subtropischem Klima. Wäre ich ein brasilianischer Indianer gewesen, ich hätte mich angenehm empfangen gefühlt. So aber drängte sich mir die Frage auf: “Warum hast du all die Wäsche gewaschen? Die war doch eh sauber.“ Sie schmunzelte. “Aber die war mit Weichspüler gewaschen und der schädigt Haut.“

Etwas verwirrt ob dieser Begründung und der Art der Formulierung, versuchte ich mich in meinem Haus zu akklimatisieren. Was blieb mir auch anderes übrig? “Nun habe ich da aber ein Problem,“ fuhr sie fort. Dass sie vielleicht das Problem sein könnte, war mein erster Gedanke. Weit gefehlt, sie war nur die Ursache, nicht der Grund für das Ableben der Waschmaschine. “Die ist kaputt“ - klang es ein wenig stolz aus ihrem Munde, als wolle sie sagen - “ich habe die erlegt.“ Blattschuss. Meine Fragen konzentrierten sich nun auf nahe Vergangenheit. “Wie ist das passiert?“ “Ich musste sie erst einmal von den Weichspülerresten befreien, bevor die Wäsche wirklich sauber gewaschen werden konnte,“ war ihre Begründung. Etwas genauer analysiert ergab sich folgendes Geschehen: Sie hatte die Einfüllschächte der Miele Waschmaschine mit einem Gartenschlauch ausgespült, jegliche Reste des hautfeindlichen Präparates entfernt und dabei gleich die Elektronik mitgereinigt. Die kleinen Elektronen, erfreut von Leiterbahn zu Leiterbahn springend, hatten den Rest besorgt. Also eine Art Verschwörung, die sich vor nicht all zu langer Zeit in meinem Keller abgespielt hatte. Ich schaute mir das Ergebnis an und musste ihr Recht geben - nur ein sanftes Murren zeugte noch von der ursprünglichen Vitalität, die das 5 Jahre alte Gerät einst besaß. “Du musst eine neue kaufen, sonst kann ich nicht weiterwaschen.“ Den Inhalt meines Kleiderschrankes auf dem Boden verteilt vor Augen, wurde mir bewusst, wie gefährlich doch Weichspüler für Waschmaschinen sein können. Einen Gefahrenhinweis hatte ich aber nie auf der Verpackung entdecken können, wie auch - die Hersteller kannten ja “Ich find deine Stimme schön“ nicht.

Gemeinsam suchten wir einen Weg zu meinem Wagen - die Wäscheberge hinter uns lassend. In Anbetracht der Wäschenot, die so plötzlich über uns gekommen war, führte der Weg direkt zu einem Waschmaschinen Händler in unserer Kleinstadt. Hier übernahm die Waschmaschinenmörderin direkt die Verkaufsverhandlungen. “Wir suchen eine neue Waschmaschine, ein Gerät ohne Einfüllschacht für Weichspüler“ Etwas verwirrt schaute mich der mir bekannte Verkäufer an, als wolle er fragen: “Wo haben sie die denn frei gelassen?“ Geduldig führte er uns dennoch durch seinen kleinen Gerätepark. “Das Modell ´Weichspülerfeind´ ist im Moment nicht lieferbar. Aber ich mache Ihnen einen Vorschlag - kleben sie doch den Einfüllschacht einfach zu.“ Natürlich wollte “Ich find deine Stimme schön“ nun Rabatt, denn der Kauf einer nicht benötigten Zusatzfunktion senkt den Preis, so argumentierte sie. Etwas genervt antwortete der mir bekannte Verkäufer: “Daran habe ich schon gedacht und Ihnen einen besonderen Rabatt eingeräumt. Der genannte Preisnachlass beinhaltet das Klebeband, dass Sie zusätzlich kaufen müssen.“ Stolz schaute sie mich an, während ich bezahlte und die Maschine in meinem Wagen verstaute.

Das neue Gerät kämpfte sich durch die Wäsche, konnte aber innerhalb des von “Ich find deine Stimme schön“´s Urlaubs sein Werk leider nicht vollenden. Das Klebeband entfernt, wusch ich die übrig gebliebene Wäsche persönlich. Und so ist es heute noch. Folglich muss eine Veränderung in der Beziehung zwischen mir und “Ich find deine Stimme schön“ stattgefunden haben.



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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 21.07.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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