Vorwort
Klonsheim im November - ein typisches
Winzerdörfchen irgendwo in der schönen Pfalz.. Hier kennt Jeder jeden. Man
hilft sich, wo und wie man kann. Man ist schließlich und irgendwie mit jedem
verwandt.
Eine Strasse führt von West nach Ost, eine zweite, von Nord
nach Süd. Diese kreuzt in Höhe des Marktplatzes den Weiler. Eingebettet in
Weinberge schläft Klonsheim ruhig vor sich hin.
Den "Klonswald", welcher
sich im Südosten an den Klonsberg schmiegt, ist fest in Klonsheimer Hand.
Das Jagdrecht übt Eckhard Brauner aus, größter Winzer im Ort. Neben dem Wald
gehören zu dieser Eigenjagd natürlich auch die Braunerschen Weinberge,
welche Fuchs und Hase, Reh und Fasan, Schutz, Heim und Atzung geben. Jeden
zweiten Samstag im November lädt Eckhard Freunde, Bekannte und Kunden zur
Treibjagd ein .. und dieser Tag ist heute....
Man trifft
sich
9,30 Uhr, der Hof des Braunerschen Guts füllt sich
allmählich mit in grün gekleideten Herren. Einige ebenso gekleidete Damen
sind ebenfalls darunter. Bei einigen hängt schlaff ein Rucksack am Rücken
herab, dagegen ragen die Läufe der geschulterten Flinten phallusgleich zum
Himmel. Einige Jagdhundeführer sind mit ihren Hunden, vom Teckel bis zum
Deutsch-Drahthaar, vertreten, welche ihre Passion freudig heraus bellen oder
heraus jaulen. In ihren orangeroten Warnwesten fällt die Treiberwehr
besonders ins Auge. Es wird schließlich scharf geschossen und man möchte
nicht unbedingt mit einem Wildschwein oder so verwechselt werden. Insgesamt
stehen gut und gerne an die 50-60 Personen im Hof. Zwischenzeitlich hat
Brauner sich in der Hofmitte aufgebaut. Einige Jagdhornbläser unterbrechen
mit dem Signal "Begrüßung", begleitet vom Gesang der Hunde, das angeregte
Gemurmel der Jagdgäste.
Brauner gibt die notwendigen Instruktionen zur
Sicherheit im Jagdbetrieb und teilt die Gesellschaft einzelnen Gruppen zu.
Geschossen werden dürfe "alles was der Jagdschein erlaubt"; man solle jedoch
Rehwild und eventuell vorkommende Rebhühner schonen. Für seinen Schuß wäre
stets der Schütze verantwortlich. Scherzhaft weist er noch darauf hin, das,
wer einen Treiber erschießt, dessen Witwe zu heiraten hätte. Für alles
weitere würde sein Jagdaufseher sorgen. Mittags gäbe es ein kleines
Feuerchen mit Erbsensuppe aus dem Kessel. Abends sei dann die Gesellschaft
herzlich zum Schüsseltreiben in den "Klonsheimer Krug" eingeladen.
Nun
gesellt sich der Abgeordnete Fritz Huber (MdL), sowie Kriminal-Oberkommissar
Klaus Zinsmann zu Brauner. Mit beiden pflegt Brauner eine innige und
vorteilhafte Freundschaft. So manche Abende im Weinkeller verpflegten nicht
nur diese beiden Gäste, nein, auch Eckhard Brauner mit äußerst nützlichen
Informationen. Darum nimmt Brauner beide unter seine Fittiche und die ganze
grüne Horde macht sich in den Klonswald auf.
Der Wettstreit
"Hopp, Hooooopp, Hoop - Has´ Has´, Has´!" - schallen die Rufe der
Treiber durch den Wald. Es ist bereits das zweite Treiben vor der
Mittagspause und nicht ein Schuß ist bisher gefallen. Einige Gäste lästern
bereits und sprechen von "alles leergefressen!" oder vom "absolut wildreinen
Revier". Einer meint sogar, das, wenn er nicht hätte pinkeln müssen, er
überhaupt keinen Schwanz gesehen hätte. Nicht verwunderlich, das quasi so
als Wegzehrung das Triumvirat "Brauner,Huber, Zinsmann" das eine oder andere
Schlückchen Treberschnaps "aus dem Rucksack" verschnabuliert hat.
Gegen
Ende des letzten Treibens steht Brauner mit seinen beiden Kollegen, Fritz
und Klaus, am Waldesrand. Steil fällt vor ihnen der Weinberg ins Tal und,
geradezu in Augenhöhe, keine 100 Meter weit weg, weist der Klonsheimer
Kirchturm mahnend nach oben. Die Kirchturmspitze ziert ein ziemlich
zersauster und grünspanbezogener Wetterhahn.
Dieser Hahn zeigte den
dreien die Breitseite - "..Genau wie in der Schießbude", meint Zinsmann.
"..nur mit dem "treffen" ist nicht so !" lästert darauf Huber.
BAAHHMM ! zerreißt ein Schuß die Luft. Gleichzeitig wirbelt der
Wetterhahn rechtsherum auf seiner Achse und bleibt in der anderen
Blickrichtung stehen. "So - getroffen!" meinte in ruhigen Ton Eckhard
Brauner zu den beiden anderen; "Gut wenn man Brennecke dabei hat!" und will
sich gerade umdrehen. BAAHHMM! - diesmal lässt Fritz Huber den Hahn
in die andere Richtung rotieren und jubelt Klaus Zinsmann ein "So wird´s
gemacht !" zu. Dieser backt an, wirft Brauner noch einen listigen Blick zu,
und schießt: BAAHHMM !! - in hohen Bogen und in einer Wolke aus
Grünspan segelt der Blechvogel durch die Luft nach unten.
"Waidmannheil!" -Zinsmanns einzige Bemerkung..
Die
Reue
Sekunden werden zu Minuten - dann aber: "Hau, Hau - was
könnte uns der Spaß eigentlich kosten?", grübelt Fritz Huber. "5 Jahre Bau
und jede Menge Kohle - wenn der Richter gnädig ist!" antwortete kreidebleich
Klaus Zinsmann; "Grobe Fahrlässigkeit, Grober Unfug, Verstoss gegen das
Waffengesetz....Jagdschein und Waffen sind im jeden Fall weg,"
Alles
durfte passieren, nur nicht die "Erlegung" des Wetterhahns. "Meine Karriere
ist zum Teufel!" schluchzt Zinsmann; "Kriminal-Oberkommissar bin ich die
längste Zeit gewesen!"
"Ganz ruuhhiiig, ihr Spaken!", mischt Brauner
sich ein; "Vor Euch steht Eckhard Brauner - der Eckhard Brauner. Ich
telefonier mal eben mit meinen Jagdaufseher wegen des weiteren Jagdablaufs
und danach versuchen wir mal diese Wetterhahnaffäre in trockene Tücher zu
kriegen. Wir gehen jetzt zum Pastor, zücken unsere Portmonais und bezahlen
ihm das Blechtier. Was kann denn so ein dämlicher Vogel schon großartig
kosten ? Kommt Leute, Kopf hoch und auf zur Beichte...!"
Der
Schock
Diiinng, Daanng, Doonnng! - meldet sich die Haustürklingel
am Pfarrhaus und Pastor Oberberg öffnet die Tür. Vor ihm drei Gestalten mit
geschulterten Gewehren. In der Mitte Eckhard Brauner. Dieser hält ihm sofort
den Wetterhahn unter die Nase und fragt "Was kostet der?".
Sichtlich
perplex und mit offenen Mund nimmt Pastor Oberberg den Hahn an sich.
Schluckt ein, zwei, dreimal und meinte: "Weis nich´! - kommense ers´ ma´
rein." Pastor Oberberg kam als "Zugereister" vor zwanzig Jahren aus dem
Bergischen Land nach Klonsheim - und das hört man noch am Dialekt. "Jut, den
Vochel habt ihr Rabauken runtergeknallt und nu´ kommt die Reue, wa? Jut
auch, das dat schmuddelige Viech endlich runter is´. Ich hab mich nämlich
schon drum gekümmert und Angebote für´n neuen Vochel eingeholt. Der war ja
ne Schande füre janze Gemeinde"
"Heißt das, es kost nix ?" - fällt
Zinsmann ins Wort, doch Pastor Oberberg kontert sofort: "Ne, ne, ne - so nu´
widda auch nich´. Die Gemeinde hat nämlich das Jeld noch nicht zusammen und
der alter Hahn hätte bestimmt noch 3-5 Jahre seinen Dienst jemacht, und
Dich, mein Sohn Eckhard Brauner, dich hab ich noch nie bei mir inne Kerk
jesehn, nä.. so jeht's nich´, Leute, so jeht's wirklich nich´!"
"Kriegen
wir das den mit ein bischen Geld wieder hin?" fragt Zinsmann nervös, "Ich
bin bei der Polizei, wissen se´."
"Jeder kriecht ne zweite Chance. Auch
ihr Sünder...!" raunt Pastor Oberberg und kramt aus seinem Schreibtisch
einen Schwung loser Blätter; "Wo is´ nu´ das verdammelige Anjebot rum
...ahhh ......ne....daaaaa!"; und hält stolz einen Fetzen Papier hoch und
sagt in die Runde: "Sooooo - hiernach kost´ der Hahn 250 Euro......!" - "Das
zahl ich Ihnen sofort in bar!" schießt es aus Brauner heraus, "das ist mir
der Spaß wert, sag ich, das ist er wert!" - "......und 5.430 Euro für den
Hubschrauber und für den Kerl, der den Gockel wieder festmachen
tut.........!", setzt Pastor Oberberg nach. - - -Brauner sah noch eben, wie
sich Huber und Zinsmanns Augen verdrehten und beide leblos auf ihren Stühlen
zusammen sacken. Brauner meint darauf hin kleinlaut zum Pastor: "Ich melde
mich heute noch bei ihnen. Die Kuh kriegen wir vom Eis. Mein
Ehrenwort!"
Die Idee
"Kerl,. Kerl, Kerl - dafür muß
ne alte Frau lange für stricken!" meinte Zinsmann sichtlich aufgeregt. Man
hat zwischenzeitlich das Pfarrhaus verlassen und sich auf der Kirchhofmauer
bequem gemacht. "Eine reichlich teuere Jagdtrophäe", pflichtete Huber bei.
"Ich habe meinen Jagdaufseher angerufen, das wir heute Nachmittag kein
Treiben mehr mitmachen und erst heute abend .........",Eckhard Bauner
stutzt, "Moment mal ...... da kommt mir eine Idee!"; und schaut mit
verschmitztem Gesicht in die Runde.
So steckten die drei die Köpfe
zusammen. Man sieht hier und da ein zustimmendes Nicken und schließlich
Brauners Kommentar: "So machen wir´s !"
Insgeheim sind die drei überein
gekommen, zur Auflockerung des Schüsseltreibens im "Klonsheimer Krug" heute
Abend ein "Hexen" zu veranstalten. Das "Hexen" ist ein rheinländisches
Glücksspiel, welches auf dortigen Gesellschaftsjagden geradezu zelebriert
wird.
Man benötigt dazu zwei Sätze Pokerspielkarten, ohne Joker, und
natürlich "Preise". Normalerweise ist der erste Preis ein Stück Wild,
vornehmlich ein erlegter Feldhase - weshalb dieses Spiel im Rheinland gern
"Hasenhexen" genannt wird.
Im "Hasenhexen" wird zunächst ein Satz
Pokerkarten, vornehmlich mit Hilfe einer Assistentin, Karte für Karte
verdeckt den Preisen zugeordnet. Den Rest dieses Talons sind "Nieten".
Der zweite Kartensatz wird, Karte für Karte, versteigert. Es läuft
hierbei genauso ab wie bei jeder anderen Versteigerung auch. Der
Höchstbietende erhält den Zuschlag und hat den gebotenen Betrag sofort zu
entrichten.
Zur Auflockerung und zum Zwecke der "Preistreiberei" kann
der Auktionator die "Silencium-Klausel" wirksam werden lassen. Hierzu läßt
der Auktionator während der Versteigerung irgendwann und in welchen
Zusammenhang auch immer das Wort "Silencium" fallen. Ab diesen Zeitpunkt muß
absolutes Stillschweigen herrschen. Diejenigen Personen, welche das
Schweigen brechen, haben automatisch das Letztgebot um 5 Euro
überboten.
Der Clou
"Ich hole ein paar Weinflaschen
aus meinen Keller!" raunt Brauner. "Ich fahre mal eben zur
Bereitschaftspolizei. Die haben am Mittwoch "Goodwill-Tour" in der
Wiesbadener Innenstadt und kistenweise Werbematerial rumstehen.",
entschuldigt sich Zinsmann und saust schon los. "Ich habe noch ein paar
original verpackte Elektrogeräte im Keller - die kriegt man halt, wenn man
sich wie ich um die Wirtschaft kümmert......sagt aber nicht, woher die
sind", verabschiedet sich Huber.
Abends ist Brauner als erster im
"Klonsheimer Krug" und klärt seinen Jagdaufseher über das Vorhaben auf. Im
übrigen habe er den Pastor und die heimische Presse eingeladen. "Einen
Hasen für das Hasenhexen ham wir!" meint der Jagdaufseher schmunzelnd;
"..der kam mir im letzten Treiben und vertrug 3 ½ er Schrot nicht so ganz!"
Zinsmann und Huber treffen ebenfalls kurzfristig ein und sie beginnen
"Gabentische" besonderer Güte aufzubauern. Staubsauger, Edele Tröpfchen,
Polizeikellen-Flaschenöffner, Schund und Krempel, Edles und Nutzloses,
landet auf den Tischen.
Nach dem "Essenfassen" und den ersten
alkoholhaltigen Kaltgetränken begrüßt Brauner als Jagdherr die Gesellschaft.
Den Pastor und die anwesende Presse sogar mit Handschlag.
Im
Blitzlichtgewitter der Pressefotografen gibt er bekannt, das der Klonsheimer
Wetterhahn ein Schandfleck für die Gemeinde Klonsheim sei und es schon
längst an der Zeit wäre, diesen zu ersetzen. Was läge denn näher, als das
die Klonsheimer Jägerschaft dieses Vorhaben sponsern würde. Nicht nur das
Ansehen der Jäger in der Öffentlichkeit würde durch diese selbstlose Tat
einen erheblichen Auftrieb erfahren, nein, sicherlich wäre im Himmel für
alle Anwesenden ein Plätzchen reserviert.
Weiter erklärt er das
"Hasenhexen" und hält einen nicht ganz zerschossenen Hasen an den
Hinterläufen hoch. Die Frau des Bürgermeisters erklärt sich bereit, ihm als
Assistentin zur Seite zu stehen.
Sofort springen Huber und Zinsmann auf
und steckten demonstrativ jeweils 200,00 Euro in einen Hut - als kleine
Vorabspende, lassen sie verlauten - und stellen diesen für die "Einnahmen"
zur Verfügung. Da sich niemand lumpen lassen will, geht keine Karte unter
50,00 Euro raus. Das "Herz-Ass" brachte, nach Ausnutzung der
"Silencium-Klausel, sogar 450,00 Euro. Keiner maulte, keiner empörte sich.
Selbst wenn der eine oder andere für 100 Euro einen Korkenzieher bekam oder
sogar eine Niete. Die Ausgaben waren schließlich für einen guten Zweck und
man will ja im nächsten Jahr wiederkommen dürfen.
Pressestimmen
Anderntags las man im "Klonsheimer
Tageblatt" einen ganzseitigen, reich bebilderten Artikel. Überschrift:
"Klonzheimer Jägerschaft - Wetterhahn statt blaue Bohnen *
Benefiz-veranstaltung der Jäger erbrachte 6.000,00 Euro für neuen
Wetterhahn".
Die Fotos zeigten Fritz Huber (MdL) mit dem Klonsheimer
Bürgermeister, Eckhard Brauner und Pastor Oberberg bei der Scheckübergabe
mit Handschlag und Klaus Zinsmann, Arm in Arm mit Streifenpolizisten, welche
aufgrund einer nachbarlichen Beschwerde wegen ruhestörenden Lärm vorbei
gekommen waren.
Der alte Wetterhahn jedoch, ziert eingerahmt und
aufgehängt, Brauners Privatgemach. Als ewige Warnung, das alles auch ganz
anders hätte ausgehen können.........
Vorheriger TitelNächster TitelIch weiß ehrlich gesagt nicht, was ich hier kommentieren sollte. Sag ich, das die Geschichte wahr ist, werden sie mir nicht glauben; sag ich, sie ist erfunden, unterstellen sie mir eine blühende Phantasie. Aber so ist das nun einmal mit dem "Jägerlatein" - in welchen immer ein bischen Wahrheit steckt.Karl Albert Turk, Anmerkung zur Geschichte
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Karl Albert Turk).
Der Beitrag wurde von Karl Albert Turk auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.07.2003.
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