Wolf-Alexander Melhorn

Männertun - eine Erzählung


 


 

 

 

 

Der Alte...
Stramm wie immer,
als gemeldet wurde:
„Kompanie angetreten.“



Der Ton war ihm zu lasch.
Er dampfte wieder auf vor Mannestum
„Danke! – Rührt euch!“

Ein alter Hahn,
zu dem noch Hühner fliegen!




„Bin stolz auf Euch!“
Und wieder klemmten
Fahne und das Vaterland
zwischen seinen Zähnen.
Obwohl wir heute
wieder einen Teil von diesem Krieg verloren hatten!


 


 

Stolz?
Wenn nur noch 17 wiederkommen?

Weil sie es trotzdem taten?
Oder warum sonst?
Wo sie doch hatten überleben wollen
und keiner kommen solle,
sie zu holen?

Es gibt sie nämlich nicht,
die Feigheit vor dem Feind!
Krieg lebt schon immer mit dem Feind!
Und Kettenhunde
treiben uns für ihn zusammen!





Da stirbt dann mancher,
noch die Neugier im Gesicht
auf sein Abenteuer Leben
und Siege,
die vergänglich sind!


 

Denn vieles lässt ihn bald im Stich,
weckt ihn ein Trommelfeuer
oder Todesvögel bomben sich den Weg


 


 

Gewissheit wird,
ein jeder kommt zum Sterben,
doch keinem ist dabei bewusst,
dass er nun aufgerufen ist,
denn
sterben müssen immer nur die andern!


 


 

Und liegt so junges Leben,
- selten mehr als angelebt -
zerteilt auf dem Altar der Tränen,
Dann fehlt für wahr gewiss nicht einer,
der Gottgefälligkeit
von Menschenopfern rühmt.



 


 


Selbst jene,
die auf Urlaub gingen,
trugen im Gepäck
schon die Seelen ihrer Toten!
Begleitet von der Angst,
Unwirklichkeit zu finden,
in dem,
was vormals sich noch Gestern nannte.


 


Denn wieder waren sie nicht vorbereitet ,
auf das,
was sich an Wirklichkeit enthüllte!
Als nichts mehr war,
wie es zuvor!


Zu Hause fanden sich meist nur noch Fremde,
die früher einmal Nächste waren
und schwächlich schimmert dann die Wahrheit durch,
vom wahren Glanz der Orden.


 


 


 


 

Wer so was nicht beklagen musste,
kam vielleicht auch erholt zurück,

Doch rasch verblasst nun mal Erinnerung
und stachelt dann
als Dorn,
der,
schmerzhaft selbst gezogen werden muss
- damit die Angst noch weiterleben lässt!


 


Manch einem wird der Tod dann Lösung,
die wenigstens ein Bild bewahrt!











„Ihr habt dem Vaterland viel Ehre eingebracht!“

Obwohl ein Sterben niemals Ehre bringt,
wenn Leben noch kein Leben hatte!
Nur einer im Gehorsam stand.
Sich töten ließ,
weil es befohlen.


 

Oder war es ihre Art zu sterben,
die solche Ehre war dem Vaterland?
Zerfetzt,
gesprengt,
geschlitzt
und aufgebrochen...
Durch jene,
die gleichfalls für die Ehre starben
für dieses oder jenes Vaterland?
Bringt das dann Ehre ?
Heldenruhm?





Oder galt so Lob nun wirklich uns?
Weil wir nicht längst schon ausgeschieden wurden,
beim Zählappell der Leiber?
Andere dies Ziel verfehlt?
Für dieses Mal!
Wie jedes Mal!

Uns hatte es in Wahrheit doch nur wieder ausgewürfelt
- Mann für Mann! -
um uns am nächsten Sterben zu versuchen!
Wenn dann auch wir
im Feuer dieser Angst
uns für den Tod
gereinigt hatten.






 


 



Der Gegner hatte höllisch Druck gemacht.
Sein Angriff warf den ersten Zug in drei Minuten!
Der zweite stand dann länger.
Acht!

Mehr war nicht drin,
mit zwanzig Mann!
Und von denen
standen jetzt noch vier.







Der Alte aber,
der war da plötzlich durchgeknallt!

Griff das MG der beiden,
die eine Handgranate hingeschmettert hatte. ,
Reservegurt dazu
und ab dann durch den Graben.
Ganz ohne was zu sagen.
Als sei er von der Kette!
Wir dachten erst,
der spinnt sich jetzt sein Heldentum zusammen.
und zahlt so Scheiße dann mit unserm Leben.


 


Dafür wäre der im Kampf sogar gefallen.
Denn diesmal tat er es für sich!
Getrieben von der gleichen Angst,
die erst flieht,
wenn ihr der Tod zur Seite tritt.






 


Zwei folgten!

Dummheit?
Mut?
Gehorsam?
Pflicht?


Wir zogen trotzdem mit!
Verkrallten uns,
wo wir gerade lagen.
Sonst war es dieses Mal zuende!



 


 



Als endlich sicher war,
dass die verlieren würden,
trieb uns Verbitterung voran.

Die hatten unsern Tod gewollt!
'Gerechtigkeit' verlangte nun den ihren!
Kein heldenhaftes Töten also!
So wenig,
wie unser Sterben
ehrenvoll gewesen.


 

Wer so was überstand,
war nachher einfach Sieger!







Wir hatten danach Zeit gehabt.
Drei Stunden aus der Ewigkeit!



 


 


Und wieder kroch die Angst in uns;
zerstörte unser Denken;
trieb sich die Hoffnung in die Enge,
in der wir nur zu warten wagten!

Denn alle lagen neben uns!
Verwinkelt;
in den Dreck getreten;
mit Löchern,
voller Blut und Eingeweide.
Nur Uniformen zeigten noch den Unterschied,
denn Irrsinn achtet selbst auf Solches!







 


 


 



Wir hatten danach Zeit gehabt.
Drei lange Stunden Ewigkeit!


Zum Abschied nehmen.
Von denen links
und rechts
und unten.
Selbst von Gesichtern,
die wir gar nicht kannten.

Nur Kerle eben,
so wie wir,
und von dem gleichen Zwang getrieben!



Wir hatten dieses Mal gewonnen!
Doch nur ein wenig Zeit
zum gleichen Sterben.


 

Uns hatte niemand ausgewählt!
Wir sollten es bald wieder wagen müssen!


Wir hatten einfach Zeit gewonnen.
Drei Stunden aus der Ewigkeit!



 


 


 


 


Und unser Alter brachte da die Nummer,
die keiner ihm hier zugetraut.
Den Langen,
der sich hemmungslos zerweinte,
den nahm er in den Arm,
dem anderen verband er seine Wunde,
obwohl das Blut ihm selber tropfte.
Und einen trat er in den Arsch,
weil der sich nicht mehr ducken wollte.





Dann lösten die erst ab.
Und andere Gesichter,
so müde,
wie es unsre waren,
übernahmen schweigend unsre Toten.


 

Uns trug Erschöpfung mit sich fort.

 


 


 

Tee wurde ausgegeben
und lenkte von so manchem ab.


 

 

 

 

 

Ein Sani legte dann Verbände
- mit ruppiger Beachtungslosigkeit.
War Pflichterfüllung ihm doch längst genug.


 

 

Wir würden ohnehin noch draußen bleiben!
Verbellt von diesen Kettenhunden,
die wir hätten töten sollen
aus Dienst am Vaterland!




 

 

 



Der Alte hatte weiter nichts gesagt.
Auf ein Mal einfach abgebrochen!
Den Mund sich schief gezogen,
Die Augen gradeaus.


 

 


Das Arschloch traute sich
doch wirklich nicht zu flennen!


 

 

 

 


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unter
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