Eva-Maria Herrmann

Lästermäuler

Ob das Wort „lästern“ wohl abgeleitet wurde von Laster? Die Frage stellt sich nur, ob das nun bedeutet, dass man über die Laster anderer lästert oder ob lästern an sich ein Laster ist?Wahrscheinlich gilt beides im gleichen Maße.

Und kennen wir nicht alle irgendein Prachtexemplar von Lästermaul, so wie die „nette“ Nachbarin von neben an, die den ganzen Tag nichts besseres zu tun hat, als über jeden der nicht gerade anwesend ist herzuziehen und Ihnen bei jeder unpassenden Gelegenheit über den Weg zu laufen und sie zu belästigen. (Davon könnte lästern eventuell auch abgeleitet worden sein...)

„Haben Sie die Frau Sowieso in letzter Zeit mal gesehen? Hat wieder ein paar Kilo zugenommen, die Ärmste. Na ja, bei dem Mann! Wie der einen schon immer anschaut. Jedem Weiberrock linst der hinterher. Kein Wunder das die Kinder so aufsässig sind, wenn’s bei den Eltern schon so zugeht. Ich meine, er ist ja kaum zu Hause, da muss die Familie ja zu kurz kommen.
Letztens habe ich ihn auf dem Hausflur mit Frau Dingsda aus dem Zweiten gesehen. Beide ganz angeregt in ein Gespräch vertieft. Na! Wenn da nicht mal was läuft. Ich kann Ihnen sagen, DIE ist kein Kind von Traurigkeit. Da steht ja schon bald jede Woche ein anderer Verehrer vor ihrer Tür. Die geben sich schon die Klinke in die Hand. Dabei ist sie ja schon bald vierzig, da sollte man doch mal ans Heiraten denken. ICH glaube ja, der Herr Wasweißich aus dem 4.Stock, der hat schon lange ein Auge auf sie geworfen. Na ja, ICH möchte ihn ja nicht geschenkt! Wenn man schon sieht wie der rumläuft, zerknitterte Hemden und letztens hatte er sogar einen Riesenfleck auf der Jacke. Aber ab einem gewissen Alter, da darf man als Frau halt nicht mehr so wählerisch sein... etc. etc. etc.“

Da steht so ein Giftzwerg vor ihnen und verspritzt sein ganzes Wochenpensum an Gemeinheiten. Dabei wiegt sie selbst an die hundert Kilo, der Mann den sie abbekommen hat ist nur zu bedauern und Kinder hat sie Gottseidank nie in die Welt gesetzt. Gerade jetzt läuft sie mit einem Hauskittel durch die Gegend, auf dem sich mitten auf der Brust ein großer Marmeladefleck befindet.
Nun sind Sie aber weder an dem Familienleben von Frau Sowieso interessiert, noch am Liebesleben von Frau Dingsda oder dem Aussehen von Herrn Wasweißich.
Was werden Sie also tun?
Erschrockenen auf die Uhr blicken und sagen: „Um Himmelswillen, so spät schon? Es war nett mit Ihnen geplaudert zu haben, aber ich habe noch einen dringenden Termin.“
Bestimmt der einfachste Weg.
Sie können auch direkt werden: „Tut mir leid, aber ich habe nicht vor, mich mit Ihnen über die Angewohnheiten meiner Nachbarn zu unterhalten, das ist ganz allein deren Privatsache.“
Auch eine Möglichkeit, aber es ist meistens sehr anstrengend Lästermäuler zum Feind zu haben.
Am besten Sie wählen die hinterlistige Variante: „Jaja, so ist das mit den überflüssigen Pfunden, davon können wir ja alle ein Liedchen singen, nicht wahr?“ Sie lächeln und zwinkern ihr zu, mit einem Blick auf ihre Fülle. „Wie geht’s denn übrigens Ihrem Gatten? Den habe ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr zu Gesicht bekommen.“ Und ohne die Antwort abzuwarten zeigen Sie auf Ihre Brust. „Sie haben da übrigens einen Fleck auf Ihrer Schürze.“
Wenn sie nicht völlig bescheuert ist, wird sie jetzt wohl, unter dem Vorwand den Fleck zu beseitigen, den Treppenabsatz freimachen und sie können endlich ihren Weg fortsetzen.
Was wiederum Ihrer „netten“ Nachbarin die Gelegenheit gibt, mit Frau Sowieso, die gerade ums Hauseck biegt, über SIE zu lästern.

Jeder kennt sie - keiner liebt sie.
Und sollte jemand sich selbst erkennen - es ist nie zu spät sich zu ändern!
Eva-Maria Herrmann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.08.2003. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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